~ Elyanor ~
„Du meinst Lucians Verhör?", hakte Amelia nach, als hätte sie letzte Nacht noch duzend weitere Verhöre geführt. Ich nickte, während ich spürte, wie sich langsam ein Kloß in meinem Hals formte.
„Naja. Das ist weitaus spannender. Seine Gründe konnte ich noch nicht so ganz durchschauen, doch es scheint, als ob er mit irgendetwas erpresst wird, damit er bei der Verschwörung mitmacht."
Ich runzelte die Stirn und dachte nach. Vielleicht war es also gar nicht seine Schuld? Dashiell hätte wohl auch alles für seine Schwester getan. Amelia schwieg und sah mich mit einem Blick an, als wüsste sie, was ich dachte.
„Denk nicht einmal daran, ihn wieder in dein Herz zu lassen, Elyanor. Das wäre mehr als dumm. Du kennst seine Gründe nicht und Fakt ist, dass er dich verarscht hat. Er hat dich ausgenutzt. Lucian hätte auch einfach zu dir kommen und gemeinsam mit dir eine Lösung finden können, wenn er dir vertraut hätte."
Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Sie mochte recht haben. Aber es war sicher schwer, jemandem zu erzählen, dass man erpresst wurde. Immerhin konnte so alles herauskommen – man wurde schließlich nicht ohne Grund erpresst.
„Ich werde ihn heute noch einmal in die Mangel nehmen, aber ich wollte dir schonmal meinen ersten Zwischenbericht geben."
Ich nickte. „Danke, Amelia."
„Wie geht es denn jetzt eigentlich mit deiner Selection weiter?", hakte sie dann nach.
„Erinnere mich bloß nicht daran." Seufzend vergrub ich das Gesicht in den Händen. „Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Immerhin gibt es nur noch Dashiell. Ich werde heute mal mit ihm reden."
Amelia schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln. „Das ist echt eine doofe Situation. Wenn ich dir helfen kann, gib Bescheid. Aber gewisse Entscheidungen musst du für dich treffen."
„Ich weiß. Es ist nur..." Ich seufzte wieder. „Ich weiß nicht, ob ich mit Dashiell schon so weit bin, verstehst du? Ich mag ihn. Sogar sehr."
„Was ist dann das Problem?" Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen.
„Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich den Rest meines Lebens mit ihm verbringen möchte. Und außerdem weiß ich nicht, ob Dashiell so weit ist, die Verantwortung zu übernehmen. Er würde immerhin nächster König von Arvandor werden und in gewisse Regierungsentscheidungen eingebunden sein. Diese Last kann nicht jeder tragen."
„Ich verstehe." Amelia dachte nach. „Aber ich glaube das weißt du nur, wenn du ihn fragst. Unterschätze ihn nicht. Dashiell ist kein Dummkopf."
„Klar, das weiß ich."
„Sehr gut. Ich werde mich dann mal wieder an meine Arbeit machen", sagte sie. „Bist später!"
„Bis später", murmelte ich und beobachtete, wie Amelia beim hinausgehen die Tür hinter sich schloss. Eine Weile starrte ich gedankenverloren darauf, bevor ich mich aufsetzte, eine Mappe aus meiner Schreibtischschublade holte und sie aufschlug.
* * *Irgendwann spürte ich meine pochenden Kopfschmerzen zurückkehren und warf meinen Stift, mit dem ich gerade meine Rede überarbeitete, auf den Schreibtisch. Meine Gedanken schweiften seit Amelias Besuch außerdem ständig ab. Was Lucian wohl gerade machte?
Erschöpft rieb ich mir die Nasenwurzel und erhob mich, um meinen versteiften Rücken zu dehnen. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich sah hinab auf meinen Schreibtisch und entschied mich für eine Pause. Vielleicht würde ich mal nachsehen, was Amelia gerade so trieb.
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Selection - Elyanor
FantasyEndlich ist es soweit. Die Selection der jungen Königin Elyanor von Arvandor steht bevor. Zweiunddreißig junge Männer sind in den Palast gekommen und kämpfen um ihr Herz. Aber nicht alles verläuft nach Plan und als Königin hat Elyanor noch ganz ande...