Kapitel 23

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~ Der Spion ~ 

Die Gäste lachten und tanzten, doch ich stand abseits und beobachtete sie nur. Abgesehen von den anderen Kandidaten kannte ich sogar ein paar. Natürlich war da die Königsfamilie von Thalassia, wo die Regentschaft gerade auf die nächste Generation übergegangen war. 

Dann natürlich noch Elyanor, die ohne ihren Bruder angereist war, den ich jedoch auch schon im Palast eher selten zu Gesicht bekommen hatte. Dabei war er es, den ich im Visier haben sollte.

Mein Blick glitt von Elyanor, die mit Dashiell tanzte, weiter zur Königsfamilie von Krynn. Deren Kronprinz Raphael war allgemein bekannt als Frauenheld und soweit ich wusste, genossen seine beiden Schwestern das royale Leben ebenfalls in vollen Zügen und dachten gar nicht daran, ihren Eltern Arbeit abzunehmen. 

Jedoch war Krynn auch das Land, das sich im Moment am wenigsten Sorgen machen musste. Es war wohlhabend und profitierte von ihren Handelsschiffen und den Gewürzen, die sie damit in alle Welt verschifften.

Das Königspaar sprach gerade mit den Anführern seines Nachbarlandes Creyca, die ebenfalls noch sehr jung waren. Allerdings lief in ihrem Land gerade nicht alles rund, wie ich mir hatte sagen lassen.

„Dieser Junge, Dashiell, hat sehr akkurate Zeichnungen einer Art Untergrundsystem. Ich glaube, dass sie zum Palast von Arvandor gehören."

Ich drehte mich um und sah mich dem Botschafter des Königs von Eswa gegenüber, der wohl gleichzeitig auch so etwas wie mein Arbeitgeber war.

„Ich verstehe nicht, woher der immer seine Informationen herbekommt. Wahrscheinlich direkt von der Königin. Du solltest dich auch mal ein wenig anstrengen, sie zu umgarnen. Bisher scheint das ja nicht so gut zu klappen."

Ich seufzte. „Die Königin trifft ihre Wahl, wenn sie bereit dazu ist, darauf habe ich keinen Einfluss."

„Du bist immerhin einer ihrer Kandidaten, also benimm dich auch so." Er schien nicht weiter über dieses Thema diskutieren zu wollen.

„Ich will, dass du mir so schnell wie möglich diese Pläne besorgst. Der Junge hat sie irgendwo abgezeichnet, wollte sie mir aber nicht geben. Nicht einmal gegen eine ordentliche Bezahlung."

Er schnaubte, als wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, dass es Menschen gab, die sich nicht bestechen ließen.

„Am besten folgst du ihm, wenn du wieder in Arvandor bist. Es sah nicht so aus, als wären die Pläne vollständig. Ich weiß zwar nicht, wofür er sie braucht, doch ein Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück, was in unserem Fall bedeutet: Er führt uns zu den Orginalen."

„Mit uns meinst du wohl mich", stellte ich fest.

„Dafür bezahle ich dich schließlich auch. Und ich kann mich ja wohl kaum so unbemerkt im Palast bewegen wie du."

Sein Blick wanderte hinüber zu Elyanor, die soeben aus dem Saal gestürmt war und fiel dann auf Dashiell, der wie bedröppelt am Rand stand und ihr nachsah. Dann legte er den Kopf schief, als würde er jemandem zuhören, obwohl ich niemanden sah, war ich mir fast sicher, dass es diese Amelia war. 

Meine Vermutung bestätigte sich, als sie sich aus ihren Schatten löste und neben Dashiell erschien, hinter Amelia ihr Mann Calder, der einst zu den Prinzen von Thalassia gehört hatte. 

Plötzlich setzte sich Dashiell ebenfalls in Bewegung und lief Elyanor hinterher. Ich sah mich schnell um und stellte sicher, dass mich niemand beobachtete, sodass ich den beiden unauffällig folgen konnte. 

Dashiell ging den Flur entlang bis zu der Tür, die auf die Terrasse hinausführte. Hinter der letzten Biegung blieb ich schließlich stehen und spähte um die Ecke.

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