Kapitel 24

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~ Elyanor ~ 

Die Musik verklang und ich trat einen Schritt von Lucian zurück, um mich nach dem Tanz vor ihm zu verbeugen, wie er es auch tat.

„Noch einen?", hakte er nach. Doch ich schüttelte bedauerlich den Kopf.

„Nein, tut mir leid. Ich muss heute noch mit jemandem sprechen." Vorhin hatte ich Rachel und Aiden entdeckt, die Calder auf den Friedensgipfel eingeladen hatte. „Aber vielleicht ergibt sich ja später noch einmal eine Gelegenheit", fügte ich hinzu.

„Das würde mich freuen." Lucian schenkte mir noch ein letztes Lächeln und verschwand dann von der Tanzfläche.

Ich wandte mich ebenfalls ab und suchte nach meinen Vertretern in Ikrison. Ich erspähte sie am Rande der Tanzfläche, wo sie bis eben noch getanzt hatten und fing sie auf dem Weg zum Buffett ab.

„Rachel! Aiden! Nach euch habe ich schon gesucht."

Rachel drehte sich um, als sie mich hörte und lächelte freundlich. „Elyanor. Wie schön dich zu sehen." Sie sah sich nach Aiden um, der gerade noch neben ihr gestanden hatte, sich aber anscheinend die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte, sich etwas vom Buffett zu schnappen. Mit einem vollen Teller kam er kurz darauf zu uns.

„Elyanor! Gut dass wir uns sehen." Genüsslich biss er von einem belegten Brötchen ab. „Wollen wir uns für das Gespräch vielleicht ein wenig zurückziehen?", fragte er dann und bot Rachel mit einem schelmischen Grinsen ebenfalls seinen Teller an. Diese rollte gespielt mit den Augen und nahm sich dann aber doch eine Kleinigkeit.

„Gerne."

Die beiden setzten sich daraufhin in Bewegung und ich folgte ihnen. Amelia und Calder würden hier alles im Blick behalten, dessen war ich mir sicher. 

Wir gingen durch die offene Flügeltür in den Flur hinaus und Aiden betrat anschließend das nächstbeste Zimmer, das frei war. Ich schlüpfte als letzte in den Raum und schloss die Tür hinter mich.

Wie alle anderen Räumlichkeiten war dieses Zimmer mit royalblauer Tapete und goldenen Stuckverzierungen geschmückt. Am Fenster stand ein Tisch mit vier Stühlen auf dem dunklen Teppichboden, an den sich nun Rachel und Aiden setzten.

Ich nahm ebenfalls Platz und beobachtete belustigt, wie Aiden den Teller zwischen sich und seine Frau schob, damit sie sich die Häppchen vom Buffett teilen konnten.

„Wie ist denn die Situation in Ikrison?", begann ich und kam damit gleich zum Thema.

Aiden aß auf und wandte sich dann an mich. „Ich weiß nicht, wie lange wir die Situation noch unter Kontrolle haben. Wir wissen, dass wir nichts ausrichten können, bis sich Ikrison endgültig von Arvandor abgespalten hat. Diesen Schritt müssen wir gehen, da führt kein Weg daran vorbei."

„Ein Bürgerkrieg wäre im Falle eines Scheiterns der Autonomie unvermeidlich", fügte dann auch Rachel hinzu.

„Dann müssen wir die Sache also durchziehen." Ich hatte mehr zu mir selbst gesprochen, doch die beiden pflichteten mir mit einem Nicken bei.

„Was wären denn deine nächsten Schritte?", hakte Rachel nach und sah mich aufmerksam an.

„Ich habe schon vieles unternommen. Nach einer juristischen Grundlage gesucht, die Ikrison auf legalem Weg zur Autonomie verhelfen kann, ich habe zum Parlament gesprochen, damit die Unabhängigkeit zumindest von dieser Seite angenommen wird, aber sie stellen sich quer, bevor internationale Unterstützung zugesichert wird. Deshalb habe ich gehofft, dass ich morgen beim Friedensgipfel etwas erreichen kann."

Ich seufzte und stützte meinen Kopf in die Hände. „Wenn ich morgen die Zustimmung der anderen Länder bekomme, kann ich die Sache wahrscheinlich auch in meinem Parlament durchbringen. Aber ich glaube kaum, dass alle Länder Ikrisons Unabhängigkeit vorbehaltslos akzeptieren."

Selection - ElyanorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt