~ Elyanor ~
Ich blinzelte der Morgensonne entgegen, die durch einen Spalt im Vorhang des Zimmers schien und gähnte. Ehe ich mir meiner Umgebung bewusst wurde, schlugen die Ereignisse des letzten Tages wie eine Bombe in meinem Bewusstsein ein.
Ich erinnerte mich daran, wie ich euphorisch das Krankenzimmer betreten hatte, um Amelia die guten Nachrichten zu überbringen, wie sie mich angesehen und ich herausgefunden hatte, dass Lucien ein Spion war. Bei dem Gedanken spürte ich ein bedrückendes Gefühl an meinem Herzen.
Ich sah mich um. Auf dem Tisch neben dem Fenster standen meine Schuhe ordentlich nebeneinander und ein Haufen Haarnadeln lag daneben. Irgendjemand musste wohl den Flur aufgeräumt und vermutet haben, dass die Sachen mir gehörten.
Plötzlich wurde mir bewusst, in wessen Bett ich eigentlich lag und drehte mich um, sodass ich mich ungeschickt in der Bettdecke verhedderte und mit einem dumpfen Geräusch rückwärts aus dem Bett fiel.
„Autsch!"
Dashiell brummte, richtete sich auf und rieb sich schlaftrunken die Augen, während er über den Bettrand sah und nach der Quelle des Geräusches suchte. Er grinste verschlafen, als er mich dabei beobachtete, wie ich versuchte, mich möglichst schnell aus der Bettdecke zu winden.
„Ich wusste gar nicht, dass du Morgensport betreibst, Prinzessin", kommentierte er.
„Noch so eine blöde Bemerkung und ich werfe dich aus dem Bett."
Endlich hatte ich es geschafft, mich aus der Bettdecke zu befreien und erhob mich. Blinzelnd sah ich an mir hinab. Ich wollte mir den Anblick gar nicht ausmalen, den Dashiell wohl gerade vor sich hatte.
Ich war barfuß, trug noch mein royalblaues Festgewand mit den Goldstickereien vom Vortag und meine Haare hatten ebenfalls seit dem gestrigen Morgen keine Bürste gesehen. Ich rieb mir über die Augen, die sicherlich gerötet und vom Weinen auch ein wenig geschwollen waren.
„Ich brauche erstmal Frühstück", murmelte ich und warf die Decke auf das Bett.
„Eine sehr gute Idee." Dashiell schob die Decke an das Fußende und schwang seine Füße über die Bettkante, was ich ein wenig argwöhnisch betrachtete.
„Dir scheint es ja schon wieder blendend zu gehen."
Dashiell sah über die Schulter zu mir, während er sich die Pantoffeln überzog die neben dem Nachttisch standen. „Natürlich. Ich wäre gestern entlassen worden."
„Aber...?" hakte ich nach.
„Ich habe das Gefühl die Betten sind hier weicher und die brauchten den Raum doch sowieso nicht. Außerdem haben sie angeboten, dass ich noch ein paar Tage zur Beobachtung bleiben kann. Das konnte ich ihnen doch nicht abschlagen."
Ich schnaubte und nahm meine Schuhe vom Tisch, um sie mir anzuziehen, damit ich wenigstens halbwegs akzeptabel für eine Königin aussah. Außerdem lief ich so nicht Gefahr, jeden Moment über meinen mehr als bodenlangen Rock zu stolpern.
„Wie geht es eigentlich weiter", fragte Dashiell plötzlich in einem ernsteren Ton. „Es sind doch nur noch Warren und ich übrig. Kannst du so überhaupt deine Selection zu Ende bringen?"
Ich hasste ihn ein wenig dafür, dass er das gerade jetzt zur Sprache brachte. Es zerstörte den Moment und ließ eine Blase platzen, in der ich zuvor mit ihm gesteckt hatte – abgeschirmt von der Außenwelt. So schien es jedenfalls.
Achselzuckend sammelte ich meine Haarnadeln auf. „Ich muss jetzt erst einmal abwarten, was Amelia bei ihrer Befragung erfährt. Die von Frederick steht ja auch noch aus."
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Selection - Elyanor
FantasyEndlich ist es soweit. Die Selection der jungen Königin Elyanor von Arvandor steht bevor. Zweiunddreißig junge Männer sind in den Palast gekommen und kämpfen um ihr Herz. Aber nicht alles verläuft nach Plan und als Königin hat Elyanor noch ganz ande...