6. Gesehen

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Als Harry die Große Halle betrat, war seine Laune bereits auf dem Tiefpunkt. Es war ein demütigendes Gefühl, von Malfoys Nähe abhängig zu sein. Dank dieses Idioten hatte er nicht geschafft, sich die Zähne zu putzen. Entfernte sich Malfoy zu weit von ihm, wurde ihm schwindelig und die Schmerzen nahmen ein grauenvolles Maß an, das er nicht durchhalten konnte. Er wusste nicht, warum die Distanz, die er zu dem Slytherin brauchte, anscheinend stündlich geringer wurde, doch es machte ihm deutlich, dass ein selbstbestimmtes Leben schon in wenigen Tagen unmöglich sein würde.

Schwer seufzend ließ er sich neben seinen Freunden am Gryffindortisch nieder. Er hatte keinen Appetit.
"Harry, alles klar? Tut mir leid wegen Gestern, man. Ich wollte nicht, dass du Probleme kriegst" begrüßte Ron ihm mit reuevollem Blick, und Harry ahnte, dass Hermine ihn sich zur Brust genommen hatte.
"Schon gut" murmelte er. Er wusste, dass Ron nicht das Problem war, aber es nagte trotzdem an ihm, dass sein bester Freund ihn und Hermine in solch eine furchtbare Situation gebracht hatte.
"Wir müssen Malfoy irgendwie aufhalten! Wie er mit dir umgeht, ist nicht richtig!" ereiferte er sich und sofort hatte Harry die Befürchtung, er würde alles nur schlimmer machen. Er schüttelte entschieden den Kopf.
"Nehmt es mir nicht übel Leute, aber ich muss allein einen Weg finden, mit Malfoy fertig zu werden. Ich denke es ist das Beste, wenn ihr euch bis dahin... zurückhaltet." Das letzte Wort betonte er besonders eindringlich.
Hermine nickte stumm und ihr mitfühlender Blick machte die Situation nicht leichter. Er fühlte sich unwohl und wollte am liebsten fliehen, doch ein Blick zum Slytherintisch verriet ihm, dass Malfoy noch lange nicht mit seinem Frühstück fertig war.

Harrys Bein wippte ungeduldig auf und ab, während die Minuten sich quälend langsam hinzogen. Er beteiligte sich nicht an den Gesprächen am Tisch. Plötzlich sehnte sich alles in ihm nach einer trostspendenden Umarmung. Er sehnte sich nach Ginny. Da sie einen Jahrgang unter ihm war, hatte sie schon eine Stunde früher Unterricht. Ihm wurde schmerzlich bewusst, dass es bald unmöglich sein würde, etwas Zweisamkeit mit ihr zu verbringen, es sei denn, er wollte Malfoy als Anstandsdame mitnehmen.

"Mine, kannst du Ginny ausrichten, dass ich sie heute Abend gern im Raum der Wünsche treffen möchte?" flüsterte er ihr zu und als sie nickte, machte seinen Herz einen freudigen kleinen Hüpfer. Die Aussicht auf ein Treffen mit ihr, machte seinen Tag schlagartig besser.

„" ~ * ~ "„

In Zaubertränke war Harry trotz Malfoys Anwesenheit direkt neben sich viel zu abgelenkt von seinen Gedanken.

Er wusste, es war albern, aber tief in ihm erwachte die Hoffnung, dass er und Ginny endlich bereit für den nächsten Schritt waren. Er sehnte sich so sehr danach, es endlich mit ihr zu machen. Es überhaupt zu machen. Wahrscheinlich war er mit seinen achtzehn Jahren einer der wenigen Jungen in Hogwarts, die noch komplett unerfahren beim Thema Sex waren. Kein Wunder, bedachte man all sein Training für den Kampf gegen Voldemort. Es war schon Ironie des Schicksals, dass er damals dachte, nach Kriegsende hätte er alle Zeit der Welt für diese Erfahrungen. Nun wusste er es besser. Die Zeit lief ihm gnadenlos davon und schien ihn zu verhöhnen. Er biss sich unbewusst auf die Unterlippe. Wenn sie heute dafür bereit war, würde er nicht nein sagen...

"Du schneidest die Wurzel zu grob!" schnarrte eine tiefe Stimme viel zu nah an seinem Ohr und Harry erschrak so sehr, dass er sich beim Zerkleinern der Zutaten in den Finger schnitt.
"Verflucht, Malfoy!" er hisste auf und fand das Gesicht des Blonden viel zu nah vor seinem, die stechenden Augen leicht zu Schlitzen verengt. Schnell rückte er ein Stück von dem Slytherin weg, der aussah, als wolle er ihn am liebsten wieder in die Bewusstlosigkeit schicken. Die ungewollte Nähe löste ein seltsam flaues Gefühl in seiner Magengrube aus.
"Konzentrier dich gefälligst! Ich habe keine Lust, den Trank ein drittes Mal zu wiederholen" schnarrte Malfoy sichtlich angefressen und wandte sich dann wieder dem Kessel zu, um ihn exakt im gewünschten Tempo umzurühren.

I was made for lovin youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt