30. Verheimlicht

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Als Harry am nächsten Morgen erwachte, musste er sich erst einmal kneifen. Er fühlte sich unglaublich gut. So gut, wie seit Beginn des Fluches nicht mehr. Als wirke die intensive Nähe zu Draco letzte Nacht wie ein heilsames Pflaster, das seine Wunde verschloss und den Schmerz versiegelte. Es war unglaublich befreiend.
Er lag noch eine Weile im Bett, die Schmerzfreiheit mit allen Sinnen genießend, bevor er realisierte, was in Merlins Namen er da eigentlich getan hatte.
Er hatte seine Unschuld an Draco Malfoy verloren!
Sein Herz hämmerte wie wild in seiner Brust, als die Bilder der vergangenen Nacht erneut auf ihn einströmten.

Verflucht - das, was keine große Sache hatte sein sollen, war völlig aus dem Ruder gelaufen. Seine Gefühle für Draco hatten sich noch verstärkt und hinzu kam, dass er jetzt, da er von der verbotenen Frucht gekostet hatte, keinen Deut besser war, als Malfoys Groupies. Er wollte ihn wieder spüren, noch einmal dieses intensive Gefühl der Verbundenheit haben. Noch einmal fliegen.
Allein bei dem Gedanken daran, Draco wieder gegenüberzustehen, schlug sein Magen ungesunde Purzelbäume.

Als er den Gemeinschaftsraum betrat, lief er fast in den Größeren hinein.
Draco wirkte wie immer sehr reserviert und kühl. Doch Harry bemerkte zu seiner Verwunderung, dass der Blonde es nicht fertigbrachte, ihm in die Augen zu sehen. Seine Haltung wirkte steif und noch aufgesetzter als sonst. Die Hände waren merklich verkrampft.

„Morgen, Draco" grüßte Harry betont freundlich und so neutral er konnte.
Mehr als ein geknurrtes „Potter..." verließ nicht Dracos Mund. Dann verschand er ohne ein weiteres Wort eilig zum Frühstück.
Dieses Verhalten verwirrte Harry dann doch. Draco wirkte seltsam verunsichert.

Für Hermine wäre diese Tatsache ein gefundenes Fressen für wilde Spekulationen gewesen. Sicherlich hätte sie ihm helfen können und im Nu herausgefunden, was mit Draco nicht stimmte.
Doch sie durfte niemals erfahren, dass er mit Draco geschlafen hatte.
Keiner durfte das. Ganz einfach aus dem Grund, weil es niemand verstehen würde. Wahrscheinlich würde man ihn direkt ins St. Mungos einliefern lassen, wenn es jemals herauskam.
Schlagartig wurde ihm klar, dass nach Außen hin unbedingt alles wirken musste wie immer. Keiner durfte ihnen ansehen, was sie miteinander getrieben hatten, oder es würde fürchterliche Konsequenzen geben. Nicht nur für ihn, auch für Malfoy. Dem würde man doch direkt unterstellen, dass er ihn irgendwie dazu gezwungen hatte.

Nein. Es musste ein Geheimnis bleiben. Er musste weiterhin so tun, als hasse er Draco.
Ein verzweifeltes, ironisches Kichern kämpfte sich aus seiner Kehle. Nun würde also auch er eine Maske tragen und seine wahren Gefühle verheimlichen müssen, genau wie der Eisprinz.


Nachdem das neue Halbjahr begonnen hatte, endete Harrys Einzelunterricht bei Slughorn, und er musste erneut mit Snape Vorlieb nehmen. Wie zu erwarten, lief der Start denkbar schlecht, denn Dracos Nähe machte es ihm unmöglich, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn Snapes Anweisungen zu folgen. Der Slyhterin hatte zum Brauen seine Kravatte gelockert und die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes geöffnet, so dass seine ebenmäßige Haut verlockend darunter hervorschimmerte. Sein hellblonder Pony fiel ihm immer wieder tief in die Stirn. Irgendwie wollte er heute partout nicht perfekt sitzen. Auch der Rest von Dracos Erscheinung war nicht so perfekt wie sonst. Etwas, das nicht auffiel, wenn man Draco Malfoy nicht gut kannte. Doch Harry kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu merken, dass der Größere mehr durch den Wind war, als er zeigen wollte.

„Bist du fertig damit, mir Löcher in den Bauch zu starren?" das Schnarren direkt neben ihm riss Harry aus seiner Trance. Ertappt blickte er direkt in Dracos Augen, die ihn genervt anfunkelten.
Sofort hatte er wieder Bilder im Kopf, wie sie verführerisch, flüssigem Silber gleich, im Licht der Nachtitischlampe geschimmert hatten. Gepeinigt schloss er kurz die Augen, um das Bild loszuwerden.

I was made for lovin youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt