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Der erste Monat war wie im Fluge vergangen.
Jimin hatte sich, seiner Meinung nach, sehr gut eingelebt. Und auch Jungkook fand, dass der junge Mann zu seiner kleinen Familie passte. Chanhyun war fast gar nicht mehr von seinem neuen besten Freund zu trennen und auch Danbi schien dem Mann immer mehr zu vertrauen. Der Geschäftsmann war einfach froh, jemanden für seine Kinder gefunden zu haben.
Jemanden, dem er vertraute.
Jimin hatte bis spät in den Nachmittag Schule. Die ersten Prüfungen für sein Zertifikat standen an und er hatte sich fleißig auf alles vorbereitet. Er hoffte, dass er als einer der besten abschneiden würde. Und Jungkook drückte ihm die Daumen.
Gerade war er im Fitnesscenter, welches er des öfteren nach der Arbeit besuchte. Er wollte einen Ausgleich für die Zeit haben, an der er nur am Schreibtisch hockte. Und sein Körper schien es ihm zu danken, da er seit kurzem wieder mehr Kraft für anstrengende Dinge hatte. Jimin war ihm dabei eine große Hilfe. Denn er konnte seine Kinder ohne Angst bei ihm lassen und für ein paar Minuten alleine sein.
"Hey Jungkook."
Nassgeschwitzt rastete der Mann die Gewichte in die Maschine ein, die er gerade verwendete. Und danach nahm er seine Kopfhörer ab, ehe er zu Namjoon schaute. Dieser schien wohl gerade erst angekommen zu sein. Denn sein Tshirt war noch lange nicht so nass wie sein eigenes, welches er seit Stunden durchschwitzte.
"Seokjin hat mir erzählt, dass Jimin auf der Suche nach einer Abwechslung zur Schule ist." "Wirklich? Das hat er mir nicht erzählt." "Weil er Ansgt hat, dass du ihn dann nicht mehr mögen könntest. Er soll ja primär auf die Kids aufpassen." "Er darf doch trotzdem Zeit für sich nehmen!", protestierte Jungkook sofort, während er seine Wasserflasche griff.
"Das musst du mir nicht erklären. Er hat mit Jin letzten Abend darüber geredet. Er ist Tänzer, wusstest du das?" "Nein, ich weiß nur, dass er Intensivpfleger ist. Ihm vertraue ich vieles an." "Meinst du, er würde zu Hoseok passen?"
Fragend schaute die Security von Seokjin zu seinem engen Freund. "Ich meine, Hoseok ist ein sehr guter Tänzer. Neben seinem Job als Jins Make-Up-Assistant. Würde Jimin sich da wohl gut einfinden?"
"Du kannst es ihm ja mal vorschlagen."
"Warum machst du das nicht?"
"Er hat nicht mit mir darüber gesprochen, sondern mit euch."
"Mit Seokjin."
"Seokjin ist dein Ehemann. Ihr wisst alles voneinander. Auch Gespräche mit anderen Personen."
Ertappt schaute Namjoon schnell weg.
"Er vertraut mir halt und ich ihm."
"Du wurdest als sein Bodyguard eingestellt und hast fast in deiner ersten Schicht sein Inneres berührt."
"Sag das nicht so." Schmollend verschränkte Namjoon seine Arme vor der Brust, wodurch Jungkook seine fast schon gigantischen Muskeln ausmachen konnte.
"Ich formuliere es so: du hast fast sofort eine Sexbeziehung mit dem Mann geführt, weil ihr euch perfekt ergänzt. Ich habe mit Jimin nicht viel gemeinsam und ich möchte ihm auch nicht auf die Pelle rücken."
"Trotzdem könnt ihr euch normal unterhalten. Ihr müsst nicht sofort rummachen."
"Ich bin nicht schwul."
"Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass ihr Tag und Nacht aufeinander hängt. The sexual tension is real." "Ich habe keinen Sex mit Jimin." "Das habe ich auch nicht gesagt."
"Behalte deine schwulen Gedanken für dich, Namjoon."
Jungkook wollte seine Kopfhörer wieder aufsetzen, als Namjoon sich neben ihn hockte.
"Du kannst mit Jimin ruhig offen über alles reden. Er ist nicht blöd. Er kann nur nicht alle koreanischen Wörter. Du kannst ihn ja mal auf seine Hobbys ansprechen." "Mache ich schon irgendwann. Ich muss mein Set noch beenden, bevor ich alle abholen muss. Danach muss ich arbeiten. Wenn du mich entschuldigst."
Rücksichtslos setzte sich Jungkook die Kopfhörer auf, ehe er sich wieder richtig an der Maschine positionierte.
Und Namjoon schaute nur besorgt zu seinem Freund. Er hatte Angst, dass er in Jimin nur ein Kindermädchen sah, anstatt den jungen und aufgeweckten Mann, der er war. Denn Jungkook schien wieder in sein altes Muster zu fallen. Das Muster, welches für seine Scheidung gesorgt hatte.

Ein wenig verärgert saß Jimin mit Chanhyun auf einer Bank. Mittlerweile hatten sie beide seit einer halben Stunde frei. Jimin war, wie abgemacht, zu Chanhyuns Kindergarten gegangen, ehe er dort den Jungen abgeholt hatte. Und nun warteten sie auf Jungkook, der sie vor einer Viertelstunde hätte abholen sollen. Jimin wollte einfach nur nach Hause und ins Bett. Die Prüfung war lange nicht so gut gelaufen wie erhofft und er war mental einfach fertig.
Und Chanhyun schien neben ihm schien anzufangen zu frieren.
"Channie, komm her."
Seufzend zog Jimin den Jungen näher an sich. "Wir fahren mit dem Bus." Er hatte keine Geduld mehr. Er wusste, welche Bahn er nehmen musste. Genau so wie den Schlüsselcode für die Haustür. Sie kämen Zuhause rein.
"Appa wollte uns abholen", murmelte Chanhyun müde, ehe er sich über die Augen rieb. Sanft zog Jimin seine Mütze weiter über den Kopf, ehe er Chanhyuns Handschuhe auspackte.
Denn es fing an zu schneien.
"Appa hat bestimmt Arbeit. Und wir können fahren mit Bus oder Bahn. Es ist kalt, wir müssen nach Hause." "Okay." Nickend zog Chanhyun die Handschuhe an, ehe er Jimins Hand ergriff. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie zusammen mit dem Bus fahren würden.
Es wäre nur das erste Mal, dass sie vergessen wurden.
Jimin versuchte sich einzureden, dass er bei Seokjin und Namjoon aufgehalten worden war. Jeden Tag war Danbi bei ihnen und vielleicht war etwas vorgefallen, das geklärt werden musste. Jungkook hatte bestimmt viel zu tun.
"Jimin, ist das unser Bus?"
Fragend zeigte Chanhyun auf einen einfahrenden Bus, weshalb sie langsamer wurden. "Nein, wir fahren mit der blauen Linie. Die ist grün." "Okay. Wann kommt blau?" "Nach rot. Erst gelb, dann grün, dann rot und dann blau. Und so immer wieder." Chanhyun nickte sofort. Aber Jimin war sich sicher, dass der Junge nichts verstanden hatte.
"Mir ist kalt."
"Sollen wir lieber Bahn fahren? Dann müssen wir ein bisschen mehr laufen." Jimin nahm den Jungen sofort wieder an die Hand. "Ich möchte nach Hause", flüsterte Chanhyun einfach. Er schien genau so müde wie Jimin zu sein. "Dann fahren wir Bahn. Die kommt immer jede fünf Minuten. Da ist egal, was wir nehmen." "Meine Beine sind müde Jimin. Ich will nicht mehr!" Jammernd setzte sich Chanhyun auf den Boden, weshalb Jimin sich sofort vor ihn hockte.
"Soll ich dich tragen?"
"Ja."
Vorsicht nahm der Mann das Kind auf seinen Arm, ehe er weiterlief.
Es war schon längst dunkel geworden. Im Winter wurde es hier sehr früh dunkel, fand Jimin. In Fresno wurde es immer erst später dunkel, dazu kannte er die Kälte nicht wirklich. Er fror ungemein. Aber Chanhyuns Wärme half ihm, denn sofort wurde seine Brust warm.
Er lief nicht lange, da lockerte sich der bis gerade enge Griff von Chanhyun um seinen Hals. Anscheinend war der Junge eingeschlafen. Jimin würde am liebsten ebenfalls einfach schlafen. Aber erst müsste er zu Seokjin und Namjoon, damit er zu Jungkook und Danbi konnte.
Die U-Bahn fuhr gerade am Bahnhof ein, als Jimin mit dem schlafenden Kind auf dem Arm den Bahnsteig betrat. Sofort stieg er ein, ehe er sich hinsetzte.
Chanhyun wurde von allem nicht wirklich wach. Er schien völlig weggetreten, weshalb Jimin ihm sanft die Haare aus der Stirn strich. Er wusste, wie anstrengend die Tage für Chanhyun waren. Er wurde gerade perfekt für den Umstieg von Kindergarten auf Schule vorbereitet, weshalb die Tage momentan immer ziemlich viel Input auf den Jungen waren.
Die Fahrt dauerte zum Glück nicht allzu lang, weshalb Jimin nach einigen Minuten mehr als nur durchgefroren vor der Haustür der Kims stand. Und sofort drückte er die Klingel. Er hatte es geschafft.
"Hallo Jimin."
Lächelnd hatte Namjoon ihm die Tür geöffnet, weshalb der junge Mann sofort die deutlich wärmere Wohnung betrat. "Wieso bist du hier?"
Fragend hielt Jimin inne.
War er etwa falsch hier?
"Jungkook-Hyung hat uns nicht abgeholt, also ich denke, hier gibt es Probleme", begann er deshalb. "Und deshalb sind Chanhyun und ich mit Bahn hier hin. Weil wegen Danbi. Jungkook ist nicht hier?"
"Jungkook ist nicht hier", bestätigte Namjoon ihm, weshalb Jimin tief durchatmete. Er wollte am liebsten den Mann verfluchen, aber Namjoon würde ihn in beiden Sprachen verstehen.
"Danbi ist aber noch hier. Ich dachte gerade, dass du sie auch abholen würdest."
"Er hat uns vergessen", murmelte Jimin leise, ehe er entschuldigend zu Namjoon schaute. "Ich will nicht stören." "Soll ich euch eben nach Hause fahren?" "Die Kids brauchen Essen. Es ist gleich Zeit zu Essen und ich nichts gekauft." "Ich mache euch etwas, keine Sorge. Wait a second, Christian."
Namjoon schloss die Haustür, ehe er dem Amerikaner das Kind abnahm. Und wie vermutet schlief Chanhyun tief und fest.
"Jinah, Jimin ist hier!"
Während Jimin sich aus seinen Sachen pellte, kam das hochgewachsene Model in den Flur.
"Hallo Jimin! Wie war dein Test?"
"Terrible! I was sooo schlecht!" "Du hast fürchterlich gut gelernt. Was ist schiefgelaufen?" "Alles. Habe alle Worte vergessen. Konnte kaum in mündliche Prüfung reden." "Möchtest du einen Kakao?"
"Sehr gerne, danke."
Im Wohnzimmer angekommen konnte Jimin sofort Danbi ausmachen, die glücklich an einem Bild zu malen schien. Und als sie Jimin sah, lief sie sofort aufgeregt zu ihm. Sie schien ihn ebenfalls zu rufen, aber da sie ihren Schnuller im Mund hatte, konnte Jimin sie nicht wirklich verstehen. Und sobald sie in seinen Armen war, fing sie wie jeden Tag zu weinen an.
"Danbi hat heute andauernd deinen Namen gesagt", grinste Seokjin, als er mit zwei Tassen zurück kam. "Anscheinend hat sie dich vermisst." "Ich war die letzten Tage immer lernend." "Aber du hast die erste große Prüfung hinter dir", antwortete Seokjin sofort, weshalb Jimin nickte.
"Hast du Jungkook angerufen?"
"Zu Beginn. Aber er nicht geantwortet." "Namjoon versucht alles zu klären. Mach dir keinen Kopf, du hast perfekt gehandelt." "Ich habe nur Sorgen. This is the first time this happened and I'm really scared of his reaction. I should've informed him beforehand." "Jimin, er wird dir nicht böse sein. Du hast ihn nicht vorweg informieren können, wie auch. Du wusstest nicht, was dich erwartet. Aber du hast Chanhyun gut umsorgt." "For real?" "Ja, wirklich. Jungkook ist sehr speziell. Er ist einfach ein Workaholic. Bestimmt hat er nur die Zeit vergessen." "Warum ist er Workaholic?"
Seufzend setzte sich Seokjin hin, ehe er auf das Sofa neben sich klopfte. Und Jimin setzte sich sofort neben ihn.
"Jungkook hatte keine leichte Kindheit. Seine Eltern hatten keine Zeit und kein Geld für ihn. Deshalb versucht er, seinen Kindern mehr zu bieten. Er versteht aber nicht, dass Geld nicht alles auf der Welt ist. Und das wird ihm irgendwann zu Kopf steigen. Hat er dir über seine Exfrau erzählt?"
"Exfrau?"
"His now ex-wife."
"Nein."
"Sie hat die Scheidung eingereicht. Sie hatte gerade Danbi zur Welt gebracht, und Jungkook war immer arbeiten. Sie war überfordert mit zwei kleinen Kindern."
"Aber Frage: wenn sie so geliebt hat die Kids, warum ist sie ohne gegangen?!"
"Während der Schwangerschaft und kurz davor hat sie mit einem anderen Mann geschlafen. Danbi ist aber Jungkooks leibliche Tochter. Wie man auch sieht, sie sieht aus wie ihr Vater. Aber sie hat sich bei dem neuen Mann besser aufgehoben gefühlt und sich dementsprechend getrennt. Sie hatte so viel Stress alleine mit den Kindern, weshalb sie entschieden hat, den Stress und damit einhergehend die Kids zurückzulassen. So reimen wir uns alles zusammen, ihre wirklichen Gründe kennen wir nicht. Das ist auch schon fast drei Jahre her."
"Chanhyun? Er vermisst Mom, oder?"
"Nein, nicht mehr. Er hat sie wahrscheinlich vergessen. Er war gerade erst drei geworden, als das passiert ist. Direkt danach war Jungkook immer alleine präsent. Er vermisst seine Mom nicht, er kennt sie nicht mehr. Und Danbi hat sie nie gekannt."
"Oh. Danke fürs Erzählen, Seokjin-Hyung."
"Jungkook hätte dir das nie erzählt. Und ich bin der Meinung, dass du das Recht hast, ein wenig über deine Familie hier zu wissen." "You're so kind, Seokjin. I really mean that." "Vielen Dank für das Kompliment. Ich höre so etwas nicht oft."
"Aber du bist total... ähm... Wort?"
"Kind? Liebenswürdig, freundlich."
"Du bist total liebenswürdig."
"Danke."
Kurz schwiegen die beiden. Danbi hatte sich in Jimins Armen gänzlich beruhigt. Sie spielte gerade mit Jimins Kette, die er sich vor kurzem gekauft hatte. Er hatte eine wirkliche Vorliebe zu Schmuck entwickelt. Und er hatte entschieden, dass er seine Haare verändern lassen wollte. Deshalb sah er momentan aus wie ein gerupftes Huhn. Zumindest fand er das, da sein Undercut gerade herauswuchs.
Aber er wollte sich ein wenig verändern. Vielleicht konnte er sich hier so entfalten, wie er es sich immer erträumt hatte.
"Du siehst müde aus, Jimin. Möchtest du kurz Zeit für dich alleine?"
"Nein, Danbi ist bei mir. Wo ist Chanhyun?"
"Der ist in seinem Bett", antwortete Namjoon, während er den Raum betrat. "Ich habe ihn einfach weiter schlafen lassen. Es ist ja zum Glück Wochenende, da stört es nicht so ganz, wenn er einen etwas zerrüttelten Schlafrhythmus hat. Hoffe ich zumindest." "Danke", hauchte Jimin sofort.
Und Namjoon war Seokjin einen besorgten Blick zu, den der Ältere sofort erwiederte.
Namjoon hatte ihm erzählt, wie Jimin langsam zu einem Kindermädchen wurde. Er fing an, sich zu vernachlässigen. Und das störte die beiden. Klar, Jimin war genau für die Kinder hier, aber er musste momentan alles alleine machen. Und das nur, weil Jungkook wieder mehr Freiheiten hatte.
"Gib Danbi mir. Ich koche mit ihr", lächelte Seokjin deshalb sofort. "Ich mag es, wenn sie mir hilft. Namjoon wollte eh mit dir sprechen." "Worüber?"
"Ich habe dir einen Platz in einer Tanzschule ergattern können", lächelte der muskulöse Mann, weshalb Jimins Augen zu leuchten begannen. Genau das hatte er sich insgeheim gewünscht. Vielleicht würde er dort Anschluss finden.

Au Pair ^JiKook^Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt