~Epilog~

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Es war sehr windig, der Regen peitschte gegen die muskulöse Gestalt, die vor einem der vielen Tore stand. Es war nicht untypisch für einen Herbsttag, so unangenehm zu sein, aber Jungkook hatte sich ein wenig Sonnenschein gewünscht. Er hatte erst letztens Geburtstag gehabt, da hatte er seinen Verlobten das letzte Mal gesehen. Denn Jimin hatte seinen Urlaub immer so geplant gehabt, dass er all ihre Geburtstage immer mitbekommen hatte. Jungkook freute sich.
Sein Jimin würde nun für immer zu ihm zurückkommen. Die quälenden achtzehn Monate waren vorbei, er würde nun nie wieder von ihnen getrennt sein. Sie hatten es geschafft.
Jimin hatte Jungkook darum gebeten, alleine abgeholt zu werden. Er hatte des Öfteren seinen Hass gegen diesen Dienst ausgesprochen, er wollte nur so schnell es ging fort. Deshalb würde er nur Jungkook hier begrüßen wollen, den Rest wollte er nachher in normalen Klamotten begrüßen. So hatten sie es an Jungkooks Geburtstag besprochen.
Jungkook hatte nicht einmal einen Regenschirm aufspannen können. Der Wind drückte an ihm, er hatte es mittlerweile aufgegeben, seine Kapuze andauernd wieder aufzusetzen. Er würde seine nassen Klamotten einfach im Auto ausziehen und die Heizung aufdrehen. Das sollte für die Stunde Fahrt ausreichen.
Endlich kamen die ersten nun fertigen Soldaten in Richtung der Tore gelaufen. Jungkooks Herz fing sofort schneller zu klopfen an, er war plötzlich fürchterlich nervös. Für seinen Jimin würde er das wohl immer bleiben.
Er konnte durch den Regen nicht viel erkennen, sie sahen alle durch ihre Uniform gleich aus. Alle hatten diesen fiesen Kurzhaarschnitt, dazu die breit trainierte Statur und die gleiche Gangart. Jeder von ihnen konnte Jimin sein.
Jungkook schaute erneut auf sein Handy. Vielleicht hatte ihm Jimin geschrieben. Vielleicht war er doch an einem anderen Tor und er hatte sich vertan. Auch das hätte gut sein können.
Denn Jimin wäre zu einhundert Prozent einer derjenigen, die ganz schnell die Basis verlassen würden.
Und Jungkook behielt recht.
Denn plötzlich sah er seinen Jimin.
Jimin lief ein wenig schneller als die anderen, sein Rucksack hing willkürlich über die Schulter geworfen und auch seine eine Schleife am Stiefel war offen. Es schien ihm aber ziemlich egal. Denn als er das Gelände offiziell für immer verließ, riss er sich die Kopfbedeckung ab und rannte in Jungkooks Richtung. Bevor dieser es überhaupt realisieren konnte, riss er ihn förmlich von den Füßen.
"Ich will weg hier." Jimin drückte seinen Verlobten eng an sich. "Lass uns schnell nach Hause."
Jungkook nickte. Er hätte gleich genügend Zeit mit Jimin.
Jimin würde nie mehr fort gehen.
Schnell liefen sie nebeneinander her in die Richtung der Parkplätze. Sie hielten weder ihre Hände, noch würden sie irgendeine Form der Intimität hier tauschen. Denn dafür war es zu riskant. In dieses Risiko würde Jungkook den jungen Mann niemals bringen.
Achtlos landete der Rucksack im Kofferraum, ehe Jimin sich auf den Beifahrersitz setzte. Jungkook sprang förmlich genau so schnell auf die Fahrerseite, ehe er den Motor für die Heizung startete.
"Willkommen zurück, Jimin."
Lächelnd hielt er ihm die Schatulle mit seinem Verlobungsring entgegen, den Jimin sich sofort grinsend zurück an den Finger steckte.
Auch, wenn sein Körper sich viel verändert hatte, dieses Lächeln würde für immer gleich bleiben.
"Warum hast du ein Pflaster über deiner Augenbraue?!"
Besorgt fuhr Jungkook ihm mit dem Finger über das Gesicht. Vor wenigen Tagen, an seinem dreiunddreizigsten Geburtstag, war dieses Pflaster noch nicht da gewesen. Es war neu.
"Ich habe mich beim Training verletzt und musste genäht werden." Jimin seufzte. "Mir tut alles weh. Ich habe unser Bett vermisst." "Die Schlafmatten sind nicht wirklich human, oder?"
Jimin lachte laut.
"Absolut nicht. Ich bin froh, da für immer weg zu sein! Fahr endlich los, ich muss die Kids sehen!"
Jungkook schmunzelte, kam dem Wunsch von seinem Partner aber sehr schnell nach. Denn auch er wollte einfach nur weg von hier.
Jimin schwieg fast die gesamte Fahrt über. Jungkook verstand es. Als er vor mehr als zehn Jahren aus seinem Wehrdienst getreten war, hatte er Wochen gebraucht, um wieder in der richtigen Welt klarzukommen. Er hatte sein eigenes Bett zu weich gefunden, ausschlafen machte ihm Angst und er hatte tagelang vor seinem Kleiderschrank gestanden, weil er nicht wusste, was er anziehen sollte.
Wahrscheinlich war es für Jimin ebenso schlimm.
"Ich freue mich auf Zuhause."
Sie waren fast wieder angekommen, als Jimin zum ersten Mal etwas gesagt hatte. Anscheinend war er in seinen eigenen Gedanken versunken gewesen.
"Ja? Weil du uns so vermisst hast?"
"Ich muss mies aufs Klo und habe dieses Scheißen in den Gruppentoiletten gehasst."
Jimin grinste.
"Aber natürlich habe ich euch auch vermisst."
Jungkook begann laut zu lachen, während er in ihre Garage fuhr. "Dann halte ich dich hier nur kurz auf. Ich muss dich nämlich dringend küssen." Die beiden stiegen aus dem Auto, Jimin rannte förmlich zu seinem Verlobten. Und danach zog er ihn fest an sich, ehe er ihn innig küsste.
Er hatte diese Lippen vermisst.
Ein wenig außer Atem löste sich Jungkook. "Ich nehme deinen Rucksack, Schatz. Lass uns gemeinsam reingehen, ja?" Jungkook strich Jimin über die Wange. Bis er ihm wieder ordentlich eine Strähne hinter sein Ohr schieben konnte, würde es Wochen, wenn nicht sogar Monate lang dauern. Denn er hatte nach wie vor diesen hässlichen Kurzhaarschnitt, den Jimin selber hasste. Jungkook hasste ihn ebenfalls, es stand Jimin absolut nicht.
Genau so wenig wie diese hässliche Uniform, die viel zu schwer an dem Mann wirkte.
"Ja, wir können reingehen." Jimin löste sich langsam von Jungkook. Und danach lächelte er. "Meinst du, die Kids werden dieses Outfit mögen? Sonst haben sie mich nie so gesehen." Jimin war es wirklich wichtig gewesen, normal vor den Kindern auszusehen. Da war die Uniform immer ein Tabuthema gewesen, er hatte den Kindern ebenfalls nie von seinen traumatischen Erfahrungen erzählt. Denn die Zeit war absolut fürchterlich gewesen.
Nach der Grundausbildung hatten Taehyung und er andere Stützpunkte besuchen müssen. Taehyung war zu einem Elitesoldaten ausgebildet worden, während Jimin nur die täglichen Trainingseinheiten absolvieren musste. Deshalb war er zwar breit und muskulös geworden, lange aber nicht so wie sein Freund.
Beim Training hatten sich oft Freunde von ihm verletzt, er selber hatte sich einmal den Ellenbogen verdreht gehabt, sodass dieser unter Narkose wieder in die richtige Form gezogen werden musste. Es hatte wochenlang fürchterlich geschmerzt, Jimin war sich sicher, dass er viel zu wenig Ruhe bekommen hatte. Denn sein Arm schmerzte zwischendurch immer noch. Und letztens hatte er von einem Kameraden ein Holzmesser durch sein Gesicht gezogen bekommen, durch die Kraft hatte er eine tiefe Wunder auf der Stirn knapp über der Augenbraue erlitten gehabt. Zusätzlich zu der Gehirnerschütterung, die er immer noch hatte. Denn dieser Vorfall war nicht einmal zwei Tage her, ihm taten alle Knochen weh. Er wollte am liebsten jeden einzelnen Tag dieser Folter vergessen.
Jungkook nahm vorsichtig seine Hand in seine eigene.
"Sie lieben dich, Jimin. Sie dürfen dich so sehen, es ist ja nur von kurzer Dauer. Und es ist endlich vorbei."
Jimin nickte. Und danach lief er mit Jungkook an der Hand in ihr gemeinsames Haus, in dem er direkt von dem Geruch von frischem Essen empfangen wurde.
"Wo sind die Kids?"
Aufgeregt schaute Jimin um die Ecke, seine schweren Stiefel fanden sofort den Weg in die Ecke. Er war froh, den warmen Boden der Fußbodenheizung zu spüren, denn er hatte stark gefroren.
"Ruf sie doch."
Jungkook zuckte mit den Schultern, während er sich ebenfalls die Schuhe auszog. Auch er müsste dringend duschen, er war durch den Regen mehr als nur durchnässt.
"Chanhyun? Danbi? Daddy ist wieder da!"
Es kam keine Reaktion von irgendwem. Deshalb schaute Jimin sofort genervt zu seinem Verlobten. "Du weißt, dass ich aufs Klo muss. Hör auf mit dem Blödsinn."
Jungkook zuckte nur mit seinen Schultern. "Vielleicht sind sie ja im Wohnzimmer? Ich weiß es nicht."
"Du bist ein Arsch." Jimin zog sich seine Jacke aus, ehe er einen Schritt auf Jungkook zulief. "Ich hoffe, dass es gleich etwas Gutes zu Essen gibt. Ich bin am verhungern." "Hör auf, zu nörgeln. Und beweg dich ins Wohnzimmer."
Jungkook verdrehte offensichtlich die Augen. Und Jimin schubste ihn deshalb. "Was soll das?"
"Hör auf zu nörgeln, Jungkook." Jimin verdrehte ebenfalls offensichtlich die Augen, ehe er in ihr Wohnzimmer lief.
Und im Eingang von diesem blieb er wie festgefroren stehen.
"Willkommen zurück!"
"Welcome back!"
Jimin konnte seinen Augen nicht trauen.
Vor ihm standen seine Freunde, so wie auch seine gesamte Familie. Sogar seine Eltern und Geschwister waren hier. Und sofort fing er laut zu weinen an.
Jimins Vater war der Erste, der sich aus der großen Gruppe löste. Sanft zog er seinen Sohn an seine Brust, um ihn ein wenig zu beruhigen. Seine Mutter folgte direkt, ebenso seine beiden Schwestern. Sogar die Männer dieser waren dabei, sie standen lächelnd im Hintergrund. Jimin kannte sie zwar nicht allzu gut, aber sie waren immer sehr freundlich zu ihm gewesen.
"Warum seid ihr hier?" Jimin wischte sich laut schniefend eine Träne aus dem Gesicht. "Weil wir dich vermisst haben, Christian", antwortete sein Vater direkt, ehe sich diese riesige Umarmung löste. Und sofort rannte Chanhyun zu Jimin, Danbi schien ihm kaum folgen zu können.
"Daddy! Ich habe dich so vermisst." Chanhyun schien ebenfalls zu weinen, weshalb Jimin sich sofort auf den Boden setzte. Und seine beiden Kinder schmissen sich sofort in ihre Arme, ehe sie so eng umschlungen verblieben. Und dazu kam laut bellend der nun riesige Bam, der Jimin einmal quer über das Gesicht leckte. Genervt schob dieser ihn ein Stück zur Seite, ehe er ihn kurz kraulte. Und danach wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Kindern zu.
"Ihr seid so groß geworden." Jimin versuchte, seine Emotionen zu regeln. Aber es fiel ihm mehr als nur schwer. Er hatte die Kids immer zwischendurch gesehen, aber sie endlich für immer zu haben, war etwas völlig anderes. Immerhin waren sie so schnell gewachsen. Chanhyun würde neun werden, Danbi stolze sechs. Und bald würden beide in der Schule sein.
"Daddy, schau mal!"
Chanhyun drückte sein Gesicht eng vor Jimins, ehe er seinen Kopf drehte.
Und Jimin zog laut die Luft ein.
"Du hast Ohrringe?! Seit wann denn das?!"
Stolz präsentierte Chanhyun sich. "Appa war letzte Woche mit mir Ohrringe machen. Weil ich ja mit fast neun Jahren ein sehr großer Junge bin. Sind die nicht hübsch?" "Wunderhübsch, Channie. Sie sind wunderhübsch." Jungkook hockte sich ebenfalls zu seinen Kindern auf den Boden.
"Eigentlich sollte er die erst zum Geburtstag bekommen. Aber Inho hatte plötzlich welche und dann musste er nachziehen. Danbi möchte keine, ich habe sie gefragt."
Danbi nickte schnell. "Hab gesehen wie Channie die bekommen hat. Daddy, die nehmen Nadeln dafür! Ich hasse Nadeln!" Jimin schmunzelte. "Dann kannst du ja ganz viele schöne Haarspangen tragen!"
Danbis Haare waren sehr lang geworden. Und Chanhyun hatte seine abgeschnitten, die beiden wirkten plötzlich so erwachsen. Obwohl sie nach wie vor seine Babys sein würden. Das würden sie immer bleiben.
Nachdem Jimin ein wenig mehr mit den Kindern gesprochen hatte, stand er auf. Er konnte sehen, dass Yoongi mit seiner Frau da war, neben ihm schien Hoseok ganz aufgeregt zu warten. Und auch er hatte seine Partnerin mitgenommen. Jimin hatte sie in seinen freien Tagen kennengelernt. Denn er hatte des Öfteren etwas mit Hoseok unternommen gehabt, da war Songsun immer dabei gewesen. Die beiden gaben ein tolles Paar ab.
Hoseok hatte Jimin schnell in seine Arme gezogen. Er hatte Jimin ganz aufgeregt erzählt, dass er diesen fürchterlich vermisst hatte, ehe er ihm erzählt hatte, dass er Vater werden würde. Jimin wäre nach dieser Nachricht fast umgefallen. Er hatte seinem Freund sofort erzählt, dass dieser ja viel zu jung wäre, um Vater zu werden. Bis Hoseok ihn fragend angeschaut hatte. "Du bist selber Vater?" Und danach hatte es wieder bei Jimin 'Klick' gemacht.
Manchmal fühlte es sich so fremd an, dass er bald einen Ehemann haben würde. Die Kinder waren schon offiziell seit anderthalb Jahren seine eigenen, sogar ein wenig länger. Aber für Jimin hatte es sich nie wirklich so angefühlt.
Dafür hatte er damals immer viel zu viel Stress gehabt.
Jetzt würde er so viel Zeit wie nur denkbar für seine Familie haben, er könnte endlich wie ein echter Vater fungieren und Jungkook einen würdigen Partner abgeben.
Auch, wenn dieser mit Jimin schon immer wunschlos glücklich gewesen war. Jimin war genau das, was er damals gebraucht hatte. Das hatte er Jimin schon oft genug gesagt, er würde nie aufhören, genau das zu sagen.
Und nachdem sein Jimin sich von Yoongi gelöst hatte, hatte er Zeit, sich bei allen zu bedanken. Das tat er zuerst auf Englisch, danach auf Koreanisch. Und danach hatte er alle zum Essen eingeladen, das reichlich gekocht auf aufgebauten Tischen im Wohnzimmer stand.
Seokjin hatte keine Mühen gescheut. Er hatte für alle gekocht, damit Jungkook sich auf die Abholung von Jimin konzentrieren konnte. Er würde gegen Nachmittag mit Namjoon und Hyeongjun dazukommen, gerade waren sie mit Taehyung Zuhause und feierten seine Entlassung aus dem Pflichtdienst. Taehyung hatte Jimin versprochen, ebenfalls mitzukommen. Denn die achtzehn Monate hatten die beiden fest zusammen geschweißt.
Glücklich saß Jimin neben Jungkook und aß fleißig, während der ältere der beiden Männer glücklich zuschaute. Jimin war zuvor endlich zur Toilette gewesen, weshalb Jungkook ihm einen Briefumschlag unter die Serviette geschmuggelt hatte.
Und als Jimin nach seinem Glas griff, hielt er verwirrt inne.
"Jungkook, was ist das?"
Verwirrt nahm er den Umschlag in seine Hände, weshalb Jungkook sofort breit grinste. "Es wird dir gefallen, mein Schatz. Es ist alles dafür vorbereitet. Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut."
Noch verwirrter als gerade noch öffnete Jimin den Umschlag.
Und hervor zog er eine Einladung.
Eine Einladung für seine eigene Hochzeit.
"Was?"
"Ich habe uns dieses Datum im Mai herausgesucht, mein Schatz. Es steht alles, die Location, die Vermählung, alle Einladungen sind raus und dein Termin für deinen eigenen Anzug steht für übernächste Woche. Wir werden heiraten."
Überrascht schaute Jimin zu Jungkook. "Kein Scherz?"
Jungkook lachte. "Absolut kein Scherz. Das hattest du dir gewünscht. Sie es als Beweis meiner Liebe an, ja?"
Jimin nickte. Und danach zog er Jungkook eng an sich, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. "Ich liebe dich."
"And I love you too, Jimin." Jungkook erwiderte den Kuss nur allzu gerne. Denn er wusste, dass das ein Versprechen war. Das Versprechen, dass sie immer ein Paar sein würden. Denn ab heute hatten sie dafür alle Zeit der Welt.

Au Pair ^JiKook^Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt