Jimin wusste nicht, wann und vor allem wie er Jungkook mitteilen wollte, dass er den Pflichtdienst antreten musste.
Deshalb lag er einfach schweigend neben seinem Partner und schaute ihm in das ausgeruhte Gesicht.
Er sah so viel gesünder aus, als die letzten Wochen. Anscheinend hatte er wieder zugenommen, seine Hautfarbe war wieder dunkler und was Jimin am schönsten fand, war, dass der Mann wieder all seine Piercings trug. Den an seiner Lippe hatte er gestern Nacht wieder reingemacht, nachdem er ein wenig intime Zweisamkeit mit Jimin im Badezimmer genossen hatte, während die Kinder am schlafen gewesen waren.
Jimin fand ihn so ziemlich heiß.
Müde schlug Jungkook die Augen auf, ehe er direkt grinste.
"Hey."
"Hey."
Jimin klang im Vergleich zu Jungkook kraftlos. Er wusste, dass er es ihm sagen musste. Denn wenn alles gut lief, fing er im Februar seinen Dienst an. Er wollte es nicht allzu lange herauszögern, aber vorher ein wenig Zeit mit seiner Familie verbringen.
Jungkook wusste nichts davon.
"Ist alles in Ordnung?"
Jungkook strich Jimin über die Wange.
Er war schon immer fürchterlich schlecht darin gewesen, Dinge zu verheimlichen oder zu überspielen.
Denn ihm lief sofort eine Träne aus dem Auge, die Jungkook mit seinem Finger auffing.
"Hast du schlecht geschlafen?"
Der Familienvater schien mehr als nur besorgt. Dadurch, dass die Vorhänge vor den Fenstern hingen, fiel kaum ein Sonnenstrahl in ihr Zimmer. Deshalb knipste er seine Nachttischlampe an, ehe er sich wieder passend vor seinen Partner drehte.
"Irgendwie bist du nicht du selbst, Schatz."
Jimin nickte.
Er wusste es doch selber.
Lügen würde nichts bringen, das wusste er. Deshalb atmete er einmal tief durch.
"Ich muss ins Militär."
Jungkook schwieg.
Jimin traute sich nicht, ihm in die Augen zu schauen.
Er schämte sich.
Er schämte sich fürchterlich, Jungkook davon nichts erzählt zu haben. Denn sie waren doch ein Paar. Sie erzählten sich alles.
Und als Jimin vorsichtig seine Augen öffnete und Blickkontakt mit Jungkook herstellte, lächelte dieser sanft.
"Das habe ich mir schon fast gedacht, mein Schatz. Taehyung hatte mich deshalb angerufen. Weil er sich Sorgen um dich gemacht hatte." Jungkook zog Jimin gegen seine nackte Brust.
"Du musst deshalb nicht weinen."
Jungkook strich ihm sanft über die Wange.
"Wann möchtest du denn los?"
"Gar nicht." Jimins Stimme zitterte. Er fühlte sich schlecht. Denn er war hier, um Jungkook zu besuchen. Er sollte im Mittelpunkt stehen. Und jetzt sprach er nur von sich und seinen Problemen, angefangen mit dem blöden Pflichtdienst, für welchen er seine Familie für ganze achtzehn Monate verlassen musste.
"Möchtest du zusammen mit Taehyung los?"
"Nächsten Monat?! Dann sehe ich euch kaum!" Jimin riss die Augen auf. Und Jungkook nickte verstehend. "Aber du wärst sehr schnell wieder bei uns. Du hättest Tae die ganze Zeit bei dir. Du kannst uns täglich schreiben. Wir bleiben in Kontakt. Und wenn du wieder kommst, warten wir auf dich. Ich werde jeden Tag auf deine Nachrichten warten. Ich liebe dich Jimin. Das wird sich in diesen achtzehn Monaten auch nie ändern. Außer, dass meine Liebe zu dir wächst."
Jimin schien nachzudenken. Und danach nickte er.
"Okay."
"Ab Dezember. Das bringt uns einen Monat nur mit dir." "Zwei Wochen. Du bist bis Mitte November hier."
Jungkook schüttelte seinen Kopf. "Ich darf in einer Woche gehen. Weil meine Therapien so hervorragend anschlagen, mein Schatz. Namjoon wollte mich abholen, es sollte eine Überraschung werden."
Jimin lächelte schüchtern.
"Okay."
Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Denn er fühlte sich gerade sehr zerrüttelt. Er fühlte sich äußerst schlecht.
"Du brauchst Zeit, ich verstehe."
Der Familienvater umarmte seinen Partner fest. Und dieser schloss sofort seine Augen. Er liebte diesen engen Körperkontakt. Denn er liebte seinen festen Freund.
"Wir schlafen noch ein wenig länger. Die Kids sind auch noch ruhig. Und dann- genießen wir unseren Tag im Schwimmbad, wie geplant."
"Im Militär werde ich mich verändern, oder?"
"Ja. Aber das tun wir alle. Wir verändern uns mit der Zeit. Das ist auch wichtig. Und wenn du wieder kommst, bist du- egal ob verändert oder nicht- immer noch unser Jimin."
Jimin nickte verstehend. Es klang nur alles so fürchterlich gruselig. Achtzehn Monate würde er darauf trainiert werden, im Kriegsfall Menschen zu töten. Aber er hatte schon mit Taehyung gesprochen. Er hatte gemeint, dass Jimin sich an seiner Stelle am besten für den Außendienst melden konnte. Dann würde er wie ein Polizist auf Streife gehen, zwischendurch den Verkehr regeln und durch die Straßen ziehen. Das fand er für sich ebenfalls am sinnvollsten. Taehyung wollte zur Spezialeinheit. Das wollte Jimin auf gar keinen Fall. Aber trotz ihrer unterschiedlichen Wege würden sie jeden Abend zusammen im gleichen Gebäude zu Bett gehen. Das hatten sie eigentlich schon alles besprochen.
Es hatte nur noch alles mit Jungkook besprochen werden müssen.
"Jimin?"
"Ja?"
"Ich liebe dich. Deine Entscheidung ist richtig. Und wenn du Urlaub hast, stehen wir um Mitternacht an deinem Stützpunkt und warten auf dich. Damit wir ganz viel Zeit gemeinsam genießen können. Wie klingt das?"
"Gut."
Jungkook schmunzelte. "Du bist ja noch total müde!" Neckend zwickte er seinem Partner in den Hintern. "Mh mh." "Grummelig! Das bist du!" Jungkook liebte es, Jimin zu necken.
Und dieser drückte sich einfach weiter an Jungkook.
"Halt mich fest."
Sofort kam der ältere Mann dieser Aufforderung nach.
So schnell ließ er seinen Jimin nicht los. "Ich schaue gleich nach- den Kids. Brauchst du denn noch etwas?"
Jimin schüttelte zaghaft den Kopf. Er wollte am liebsten bei Jungkook bleiben, ihn festhalten und küssen, ihn intensiv und intim berühren, ihn einfach bei sich haben. Aber er wusste, dass das nicht möglich war.
Sie hatten Kinder.
Zwei liebevolle, aufgeweckte Kinder.
Chanhyun, der mittlerweile einen besten Freund hatte. Der Ballett liebte, der gerne lange Haare trug und sich Ohrringe wünschte.
Danbi, die seit ihrer Zeit ihm Kindergarten immer redefreudiger wurde. Die ihren Bruder als ihr größtes Idol ansah, die gerne teilte und Zeit mit anderen Menschen verbrachte.
Ihre Kinder, die nur so liebevoll aufwachsen können, da Jungkook ihnen die Freiheit gab, die sie zum Wachsen brauchten.
Ihre Kinder, die nur so frei aufwachsen können, weil Jimin sie bei allen Dingen unterstützte.
Weil sie beide den jeweils anderen gebraucht haben.
Jimin hatte Jungkook gebraucht, um zu verstehen, wer er überhaupt war und wo er in dieser Welt stand.
Und Jungkook hatte Jimin gebraucht, um wieder zu sich zu finden.
Anders könnte der junge Mann ihre Familie nicht anders erklären. Denn genau so waren sie.
Von einem Kuss auf die Wange wurde er aus seinen Gedanken gezogen. Jungkook hatte sich eng an ihn gelegt gehabt und hielt ihn fest in seinen Armen, seine Lippen formten den nächsten Kuss, der erneut auf seine Wange folgte.
"Du denkst zu viel nach, mein Schatz. Freu- dich doch lieber, dass du jetzt hier bist."
"Jungkook?"
Sanft löste der Familienvater sich ein wenig. "Ja?"
"Du wolltest doch damals nach meiner Familie schauen. Nach meinen leiblichen Eltern, richtig?"
Jungkook hielt kurz inne. Und danach nickte er.
"Ja, aber wie- ich dir damals erzählt habe, war das ganze eine Sackgasse. Ich habe nicht wirklich-"
"Ich habe sie gefunden."
Überrascht schaute der Mann zu seinem festen Freund.
"Du hast sie gefunden?!"
"Ja."
Jimin lächelte.
"Du bist meine Familie. Chanhyun und Danbi sind meine Familie."
Jimin atmete tief durch. Und dadurch konnte sein Gegenüber erkennen, dass sein Partner nun einfach sprechen musste. Ohne Unterbrechungen. Ohne Reaktionen. Einfach reden, um das Wirrwarr aus seinem Kopf in Worte fassen zu können.
"Ich habe mich so oft gefragt, wer ich bin und wo ich herkomme. Ich hatte keine leichte Kindheit und habe meine Adoption nie als Segen gesehen. Meine Eltern, Mom und Dad, haben mich immer geliebt. Sie lieben mich nicht anders als meine Schwestern, obwohl sie leibliche Kinder sind. Klar, ich teile nicht all ihre Ansichten und mag nicht all ihre Äußerungen, aber ich liebe sie, weil sie meine Eltern sind. Es gab bestimmt einen Grund, warum ich zur Adoption gegeben wurde- und ich habe nicht das Recht, diesen Grund einzufordern, obwohl es mich wirklich interessiert. Meine Geburtsmutter hatte bestimmt ihre Ansicht auf mich und diese Welt. Und sie nach all diesen Jahren erneut damit zu konfrontieren, wäre ihr gegenüber nicht fair. Sie wollte ein Leben ohne mich. Sie bekommt ein Leben ohne mich. Und dafür bin ich an meine Eltern geraten. Und danach an dich und deine Kinder, die mir meinen Platz in dieser Welt erst richtig gezeigt haben. Es war richtig, wie alles passiert ist. Und auch, wenn ich große Angst vor meinem Militärdienst habe, ist dieser Weg wahrscheinlich der richtige für uns alle. Da bin ich mir sichtbar. Denn wir lieben uns. Und ich glaube, dass Liebe wichtiger ist als irgendeine Geburtsurkunde oder ein Geburtsort, der mir verwehrt bleibt. Denn bei dir brauche ich kein Dokument, um ich zu sein. Bei dir bin ich einfach Jimin. Und dafür bin ich dir so dankbar Jungkook. So, so dankbar."
Jimin atmete erneut tief durch. Er hatte die ganze Zeit nur auf Jungkooks nackte Brust schauen können, er hatte sich nicht getraut, irgendeine Emotion aus seinem Gesicht zu lesen. Denn dann hätte er wahrscheinlich nicht seine Worte so formulieren können, wie er es getan hatte.
Deshalb war er umso überraschter, den Mann plötzlich schniefen zu hören.
Und als er in sein Gesicht schaute, konnte er erkennen, dass sein Partner weinte.
Das hatte er nicht gewollt.
"Oh, 'm sorry."
"Du bist das Beste, was uns passieren konnte, Jimin. Ich habe dich lieb." Jungkook zog den Mann eng an ihn. "Ich liebe dich so sehr."
Still hielten sie sich fest.
Jimin wusste nicht, wie lange sie sie dort aneinander gekuschelt im Bett gelegen hatten. Irgendwann hatte Jimin im Halbschlaf gelegen, Jungkook hatte wie angekündigt nach den Kindern geschaut. Und danach war er wieder ins Bett gekrabbelt, um weiter mit Jimin zu kuscheln.
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Au Pair ^JiKook^
ФанфикшнJeon Jungkook ist Geschäftsmann in einem erfolgreichen Unternehmen. Er würde sich selber als Workaholic bezeichnen, wenn ihn jemand nach einer kurzen Vorstellung fragen würde. Jedoch vernachlässigt er dadurch seine zwei Kinder, wie all seine Freunde...
