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Taehyung war fleißig in Chanhyuns neuem Zimmer zu gange, er tat sei zwei Tagen nichts anderes, als ein perfektes Hochbett zu einer perfekten Kommode zu zaubern. Und während Jimin die Maler gerade in den nächsten Raum einwies, war Jungkook mit Chanhyun und Danbi in ihrer alten Wohnung.
Denn Chanhyun hatte heute zum ersten Mal seinen Freund Inho Zuhause. Obwohl die Wohnung momentan wie ein Trümmerhaufen wirkte, weil überall Kartons auf nun leeren Schränken und Kommoden standen, aber sie hatten den Tag nicht absagen wollen.
Denn es war das erste Mal, dass Chanhyun so über einen Freund geredet hatte.
Inhos Eltern waren beide ebenfalls gekommen, um sich ein wenig mit Jungkook unterhalten zu können. Währenddessen waren die beiden Jungen in Chanhyuns Zimmer verschwunden, ihre Eltern saßen gerade im Wohnzimmer.
Jungkook hatte ihnen gerade etwas zu Trinken gebracht, die Jungs spielten erst seit wenigen Minuten im Kinderzimmer.
Nervös strich sich Inhos Mutter eine Haarsträhne hinter die Ohren. Ihr Mann saß die ganze Zeit eng neben ihr und hielt sanft ihre Hand, er sah ebenso nervös aus. Vielleicht war Jungkook auch nervös, er konnte es nicht sagen.
Inhos Mutter griff dankend zu der Tasse Kaffee, ehe sie einen Schluck aus dieser nahm. In dem Moment setzte ihr Mann zu sprechen an.
"Inho hatte noch nie einen Freund."
Jungkook schaute zu dem Mann. Er schien ein wenig älter als Jungkook zu sein, er war bestimmt nahe der Vierzig so wie auch Seokjin.
"Chan-hyun hat-te auch große- Schwierigkeiten auf- seiner alten- Schule. Er- wurde wegen sei-nes Diabetes ge-mobbt."
"Chanhyun hat Diabetes?" Fragend schaute die Frau zu Jungkook. Und dieser nickte deshalb.
"Ji-min ist letztes- Jahr im Ok-tober als Au Pair- zu uns gekommen. Er- hat viel- Zeit mit den- Kindern verbracht, wäh-rend ich ge-arbeitet habe. Und- er ist- gelernter- Pflege-fachmann auf der Inten-siv. Er- hat in A-merika mit- Kindern ge-arbeitet. Er- hat so-fort gemerkt, dass- Chanhyun et-was fehlt. Das- war schon- ein Schock für- mich. A-ber wir meis-tern das schon ganz- gut." Jungkook nestelte ein wenig an seinem Pullover. Das hatte er irgendwie von Jimin übernommen.
"Dann ist Chanhyun ja noch in der Eingewöhnung mit seiner besonderen Krankheit." Die Frau lächelte kurz.
"Inho ist mit seinen Behinderungen geboren worden. Er ist gehörlos und fast blind. Es macht es ihm sehr schwer, Freunde zu finden. Chanhyun war der erste, der über seine Behinderungen weg geschaut hat. Als Inho mir plötzlich von einem Freund erzählt hat, dachte ich, ich träume!" Die Frau schien ganz begeistert.
Jungkook hatte vergessen, wie sie hieß.
Jimin kannte ihren Namen.
Warum kannte er den Namen nicht?!
"Aber wie ich sehe, ist Chanhyun dank Ihnen sehr tolerant groß geworden."
Jungkook nickte lächelnd.
"Ho-mosexua-lität ist- ja auch nicht- abwertend."
Die Augen seiner Gegenüber wurden mit einem Mal riesig.
Und Jungkook schlug sich innerlich gegen die Stirn.
"Das- war auf- meine- Be-hinderung be-zogen, oder?"
Schüchternd nickte die namenslose Frau. Oder hieß sie Jihye? Jungkook hatte keine Ahnung. Das Gespräch verlief gerade eh alles andere als gut.
"Ich- bin nicht behin-dert zur Welt ge-kommen." Jungkook versuchte alles, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, indem er von seiner peinlichen Antwort ablenkte. Und zum Glück sprang Inhos Vater darauf an.
"Ich möchte nicht zu unhöflich wirken, aber haben Sie eine Muskelerkrankung?"
"Nein, ich- hatte ei-nen Schlagan-fall. Vor- wenigen Mona-ten. Da- war ein Ge-fäß verstopft und- ich hatte ei-ne Hirn-blutung. Ich bin mor-gens um-gefallen. Mein- Part-ner hat mich ge-funden. Chan-hyun musste alles- mit ansehen. Er- ist deshalb- stark trau-matisiert. Wir- helfen ihm- so gut- es geht. Deshalb- der Schul-wechsel und un-ser sponta-ner Umzug."
"Chanhyun scheint sehr stark zu sein", kam es sofort von der Frau. Sie sprachen nicht negativ über Jungkooks Ausrutscher. Vielleicht waren sie ein wenig toleranter als andere Menschen. Er hoffte es zumindest. Sonst hatte er Chanhyuns einzige Freundschaft zerstört. Und das wollte er nicht.
"Und er hat anscheinend zwei liebende Väter, die das beste für ihn wollen."
Jungkook atmete seine angehaltende Luft aus. Er wusste gar nicht, dass er sie so angehalten hatte. Aber mit ihr fiel ihm eine unwissende Last von den Schultern.
"Appa!"
Laut weinend kam Danbi in den Raum gerannt. Und Jungkook streckte ihr sofort die Arme aus, in die das Mädchen kletterte. "Baby ist weg!" Weinend drückte sie sich in die Brust, weshalb Jungkook ihr sofort die Tränen von der Wange strich. Sie hatte bis gerade geschlafen, und anscheinend suchte sie jetzt ihre Puppe. Jungkook wusste, dass sie in irgendeiner Kiste in ihrem neuen Haus lag. Denn die ersten Kisten der Kinder waren schon in den neuen Kinderzimmern, da sie offiziell ab Oktober aus dieser Wohnung verschwunden wären. Da würde ihr Mietvertrag auslaufen, sie hatten nur noch fünf Tage, um alles umzuräumen.
"Daddy- hat Baby- in dei-nem neuen Zim-mer, Danbi. Sie- schläft dort- in dei-nem neuen Bett, bis- du auch dort- schläfst. Soll- ich Dad-dy an-rufen? Soll- er sie- dir brin-gen?"
Schniefend nickte Danbi. Und Jungkook nahm sofort sein Telefon, um bei seinem Partner anzurufen. Jimin nahm zum Glück sofort an, sodass Jungkook ihm das Problem erklären konnte. Jimin hatte ihm zugesichert, sofort mit der Puppe zu kommen. Denn sonst würde Danbi wahrscheinlich nicht weiter schlafen können. In der letzten Zeit war sie oft unruhig, sie schlief nicht mehr allzu gut. Denn seitdem sie ihr neues Zimmer in ihrem Haus gesehen hatte, war sie mehr als nur aufgeregt. Sie verstand leider noch nicht, dass sie noch ein wenig warten musste.
"Tut- mir leid, dass- ich spon-tan tele-fonieren musste." Jungkook strich Danbi durch die Haare. Sie schien sich erst jetzt ein wenig zu beruhigen, da sie wusste, dass Jimin gleich mit ihrer Puppe kommen würde.
Inhos Mutter lächelte sanft.
"Das ist doch nicht schlimm."
"Wie alt ist die kleine Maus denn?" Inhos Vater schaute zu Danbi, die mit Jungkooks Shirt spielte. "Danbi- ist drei-einhalb Jah-re alt. Sie- ist seit einem- hal-ben Jahr im- Kindergarten- und seit-dem ein wenig aufge-weckter. Schüchtern- ist sie im-mer noch, das- hat sie wahr-scheinlich von- ihrer Mut-ter geerbt."
Inhos Vater schien etwas darauf antworten zu wollen. Aber bevor er etwas sagen konnte, schüttelte er kurz den Kopf. Deshalb nahm Jungkook das Gespräch wieder in seine Hand.
"Ihre- Mutter und- ich stehen auf- keinem gu-ten Fuß. Wir- sind froh, dass- sie uns- nicht se-hen darf. Sie- war kein- net-ter Mensch."
"Und trotzdem reden Sie nett über sie", lächelte Inhos Mutter. Jungkook ärgerte es zutiefst, ihren Namen nicht zu kennen.
"Sie- hat mir- mei-ne wunder-schönen Kin-der geschenkt. Dafür- mag ich sie. A-ber nicht für- ihr fremd-gehen und das- Zurück-fordern mei-ner Kinder. Sie- wollte uns- an-zeigen, weil- wir ihr- die Kin-der ver-wehrt ge-wesen wä-ren. Sie- hat den- Kontakt ab-ge-brochen. Als- Danbi drei Mo-nate alt war, bin- ich von- der Ar-beit zurück und- sie war weg. Die Kin-der waren Stunden al-leine."
Vor Schreck schlug die Frau sich die Hände vor den Mund.
"Die Kinder hätten sterben können!"
"Ich- war froh, dass- ihnen nichts- passiert- war. Chan-hyun war erst drei- und hat- versucht, sich- zu kümmern. Dan-bi hat lan-ge geweint und- er hat mehr-fach um Hil-fe gerufen. A-ber meine Ex-frau hatte die- Tele-fonnummer ge-wechselt und- sie war- nicht mehr- er-reichbar. Sie- ist ein- fürch-terlicher- Mensch."
"Was haben Sie denn in ihr gesehen? Sie scheint mir eine schlimme Frau zu sein." Inhos Vater gab seiner Frau seine zweite Hand.
Und Jungkook schaute bedrückt zu Danbi. Sie schien wieder einzuschlafen. Jimin würde sie nachher sicher ins Bett bringen, wenn er kommen sollte. Denn das traute sich Jungkook in diesem Zustand noch nicht richtig zu. All das würde er in der Reha lernen, die nächsten Monat für fünf Wochen anstand.
"Ho-mosexua-lität wird in- Korea ver-achtet. Deshalb- habe ich- die ers-te Frau geheiratet, die- mit mir- eine Bezie-hung ein-gegangen ist. Das war- meine Ex." Jungkook schmunzelte. Das war damals nicht die klügste Idee, die er gehabt hatte.
"Dann ist es doch umso schöner, dass Sie jetzt mit einem Mann glücklich sind." Inhos Mutter schaute sanft zu ihm.
"Mhm. Ji-min ist groß-artig. Der- perfekte Mann. Die- Kids lie-ben ihn." Jungkook legte Danbi vorsichtig anders in seine Arme. So konnte sie keinen steifen Nacken bekommen.
"Ihre Kinder scheinen es sehr gut zu haben. Wir hätten unseren Inho auch gerne mehr ermöglichen können. Angefangen mit einem Geschwisterkind. Aber Inho war unser Glück." Inhos Mutter atmete tief durch. "Inho ist zu sehr beeinträchtigt, als dass wir ihm ein Geschwisterchen schenken wollten. Wir könnten keinen zwei Kindern gerecht werden, wenn Inho so viel Aufmerksamkeit braucht."
Jungkook war beeindruckt.
Inhos Eltern schienen sehr nette Menschen zu sein.
Und als Jungkook erneut zum reden ansetzen wollte, wurde die Wohnungstür geöffnet.
Anscheinend war Jimin mit der gewünschten Puppe angekommen.
Und Jungkook behielt recht, da Jimin kurz darauf leise das Wohnzimmer betrat. Er hatte noch einige Farbkleckse in seinen Haaren und auf seinem Shirt kleben, anscheinend waren sie noch am Streichen gewesen. Und er hielt in seinen Armen Danbis gewünschte Puppe.
"Hallo", lächelte Jimin, während er sich vor dem Elternpaar von Inho verbeugte. "Ich bin Park Jimin, Jungkooks Au Pair." Das Paar hatte zum Schutz von Chanhyun beschlossen, ihre Beziehung nicht Preis zu geben, um ein erneutes Mobbing vermeiden zu können.
Aber Inhos Eltern wussten bescheid und waren nicht vollends dagegen abgeneigt.
"Ah, Jimin. Wir haben nur Gutes über Sie gehört." Inhos Mutter zwinkerte. Und Jimin schaute verunsichert zu Jungkook.
"Sie- wissen, dass- du mehr- als nur- unser- Au Pair- bist, Jimin."
Jimin nickte verstehend. "Dann nehme ich unsere Danbi mit ins Schlafzimmer. Sie scheint sehr müde zu sein." "Mhm. Wie- weit seid ihr- im Haus?" "Wir sind fast fertig mit Streichen und Tapezieren. Taehyung hat die Möbel in Chanhyuns Zimmer schon alle aufgebaut. Danbis Zimmer sieht auch toll aus. Wir sind gut im Zeitplan. Mein Dad kommt übermorgen in Icheon an. Er möchte helfen und ich konnte es ihm nicht ausreden." Jimin grinste, während er ihre gemeinsame Tochter in den Arm nahm.
"Beim nächsten Mal rede ich sehr gerne mit euch allen." Jimin verließ leise den Raum, weshalb Jungkook sich wieder voll auf das Gespräch mit Inhos Eltern konzentrieren konnte.
"Jimin scheint wirklich äußerst nett zu sein", lächelte Inhos Vater. "Vielleicht sollten wir uns auch einen Au Pair besorgen, wenn wir so gute Hilfe bekommen können." "Wir können darüber reden", lächelte Inhos Mutter, weshalb Jungkook sich entspannt zurücklehnte. Inhos Eltern schienen genau die Eltern zu sein, mit denen Jungkook gut klarkommen würde. Und genau so, wie er angekommen war, schien auch Chanhyun angekommen zu sein. Die nächste Zeit würde anstrengend werden. Aber Jungkook schaute nur auf die positiven Seiten, die die Zeit alles mit sich bringen würde.

Au Pair ^JiKook^Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt