29| Bunt leuchtender Countdown

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Ich hatte gehofft, meinen nächsten Besuch bei Lex noch weiter heraus zögern zu können. Doch nachdem ich im Hauptquartier schon alle magischen Gegenstände verfeuert hatte, und das nicht unbedingt bei allen erfolgreich, brauchte ich neues Übungsmaterial. Irgendwie hatte ich es zwischen all den bunten Kugeln auf Nadias Tisch auch geschafft aus dem nichts zwei Weiße hervorzuholen.

Und das, obwohl ich Nadias Seele nicht einmal berührt hatte. Ich wusste nicht genau wie, aber weißer Nebel schien anders zu sein, als die bunten Schwaden. Ob dies nun war, weil weiß keine Fähigkeit repräsentierte, oder weil die Chromare an sich weiß war; ich hatte nicht die geringste Ahnung. Nadia hatte irgendwas von Lebensenergie gesprochen. Wo genau diese herkam, schien jedoch auch sie nicht zu wissen.

Also fand ich mich nun im Bunte Tor wieder. Genau genommen neben Mark, der anscheinend heute Dienst hatte. Glücklich pfeifend begleitete mein Kommilitone mich durch den kurzen Gang zwischen Hintertür und Lex Büro. „Ich hab' dir doch gesagt, neue Fähigkeiten sind nicht zu viel versprochen."

„Mhm." Stumm fragte ich mich, ob Mark überhaupt wusste, was diese Kugeln tatsächlich waren. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unschlüssiger wurde ich, ob ich mir tatsächlich im Klaren darüber war, was Lex' Kugel darstellten. Seelen, klar. Aber irgendwie waren die bunten Murmeln des Seelenfängers deutlich kleiner, als die Kugel von Dabas Seele und doch größer als die Magie übernatürlicher Objekte. Entweder klaute er keine kompletten Seelen, oder teilte diese irgendwie.

Aber was wusste ich schon. Ich wusste doch selbst nicht Mal, ob ich Daban seine gesamte Seele oder nur den Teil, der an seine Fähigkeiten gebunden war, geklaut hatte. Schließlich wäre er sonst ziemlich lange tot gewesen.

„Und was hast du momentan?", fragte ich Mark als wir an der für einen Nachtclub übertrieben edlen Bürotür ankamen.

„So 'nen Sirenen-Set." Er lächelte traurig. „Eigentlich genau so, wie ich es früher immer haben wollte. Wie Olli- Egal, viel Spaß bei Lex." Damit stieß Mark die Doppeltüre auf und ließ mich alleine.

Alleine mit Lex. Dem Typen, mit dem ich von allem Personen auf diesen Planeten am wenigsten in einem Raum alleine sein wollte. Alleine mit dem Seelenfänger, dem ich mittlerweile bestimmt ein Dorn im Auge war.

„Mickey! Mein Lieblingskunde!" Mit ausgebreiteten Armen hieß er mich in seinem bunt leuchtenden Labor willkommen. Lex sah edel gekleidet aus, wie eh und je. In seinem weißen Hemd, schwarzer Anzugshose und enger, violetter Weste sah er einfach nur aus, wie booktoks größter Fantasietraum. Wie die größte man-slut, die in dieser Innenstadt existierte. Und das tat er mit so viel Stolz und Arroganz, dass selbst Toby sich auf einer Party nicht an ihn ranmachen würde. Irgendwo hatte auch mein Bruder seine Grenzen und Standards, wen er in einen leidenschaftlichen Biss verwickeln würde.

„Hi." Ich räusperte mich, zögerte jedoch zu lange mit meinem nächsten Satz, sodass ich mich von einem Moment auf den nächsten in der Chromare wiederfand. Perplex blinzelnd schaute ich mich um. Dann setzte die Panik ein.

Mit rasselndem Atem starrte ich Lex aus großen Augen heraus an. Kaum ein Raum in der Seelenwelt war je so bunt gewesen, wie Lex Büro. Die weißen Wände waren bis zur Decke mit bunt leuchtenden Kugeln gefüllt, die selbst in der Chromare in ihrer runden Form sichtbar waren. Und in Mitten von all dem stand Lex. In Fleisch und Blut, umgeben von einer violetten Aura. Keine Wolke, kein Nebel. Einfach Lex und ein lilaner Schimmer. Ob er mich wohl auch so sah?

„Du dachtest doch wohl nicht, dass ich nicht mitbekommen würde, wann du endlich dein Bewusstsein erlangst." Lex's Grinsen von war einer steinernen Mine verdrängt worden. „Wie lebensmüde musst du eigentlich sein, dich so in mein Büro zu trauen?" In seiner Ruhe schwang etwas Verrücktes mit. Als würde sein Verstand an dünnen Fäden hängen. Fäden, die sich viel zu leicht von seiner Seele trennen lassen würden.

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt