37| Fuck, fuck, fuck!

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„Fuck, was ist dir denn passiert?" Matt nahm die Hände aus den Hosentaschen und musterte mich von oben bis unten. Dann fiel sein Blick wieder auf die gedellte Heckklappe des Twingos.

„Ich wurde dem Rat vorgeschleppt." Gähnend lehnte ich mich an das Auto und sackte zu Boden. Mittlerweile war es schon halb sechs und stockduster. Das graue Licht der Tiefgarage half meinen Augenringen bestimmt auch nicht.

„DER RAT?" Matt schaute mich an, als hätte er gerade eine Leiche im See gefunden. Ganz so weit davon entfernt war die Situation nicht mal mehr. Tief durchatmend lehnte ich den Kopf gegen die weiße Autotür und schaute meinen besorgten Bruder durch meine Wimpern hinweg an.

„Scheiße, Matt..." Schwerwiegend legte ich mir ein Handgelenk auf den Kopf und hielt den angewinkelten Arm locker in der Luft. „Ich komm aus der Nummer nicht mehr raus."

Matt fluchte, griff mir unter die Achseln und zog mich wieder auf die Füße. „Wir haben uns schon den ganzen Abend gefragt wo du bist. Wir dachten, du würdest bei Emmy übernachten." Ein Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen, verschwand jedoch genau so schnell auch wieder. „Briley war schon kurz davor bei Emmy anzurufen, weil du einfach nicht rangegangen bist. Wurdest du von Signore Agosti vorgeladen? So als Teil seiner Sicherheitsrolle?"

Schnaubend schüttelte ich den Kopf und trat gegen den rechten Hinterreifen. „Nein, ich wurde einfach von zwei Jägerinnen entführt. Wusstest du, dass Allessandro- der Arsch- einfach Ratsmitglied ist?" Müde holte ich mein Handy hervor. Elf verpasste Anrufe.

„Sag was?" Matt blinzelte ein paar Mal und lehnte sich dabei leicht nach vorne. „Seit wann denn das? Jerry hat nichts davon erzählt, dass Wahlen waren."

„Ja, nh? Angeblich hat er den Sitz schon seit Sommer."

„Klingt ja richtig demokratisch." Matt bewegte seine Augenbrauen in Schieflage.

Grummelnd nickte ich, schloss das Auto ab und schlurfte Richtung Treppenhaus. Nach zwei Metern im Löffelschritt erbarmte Matt sich, packte mich an den Schultern und teleportierte uns nach oben.

„Fuck, ich kotz gleich." Verzweifelt krallte ich mich an Matt fest und hielt mir eine Hand vors Gesicht. Der Geschmack von Galle breitete sich in meinem Mund aus und machte alles nur noch schlimmer. Erst gebissen, dann halb erstickt und jetzt noch kurz vor spucken. Das nannte ich mal einen Glückstag.

Kevin kam angedackelt und schaute mich aus glitzernden Augen heraus an. Im Sitz stupste er mir mit der Schnauze gegen das Schienbein und ein verkratzter, schwarzer Eimer schob sich in mein Gesichtsfeld. „Nachdem du gestern noch so lange mit Emmy in deinem Zimmer warst, bin ich ja davon ausgegangen, dass du heute deine beste Laune seit Studienbeginn hättest. Junge, du siehst aus als hätte dir jemand in die Magengrube getreten."

„Hah!" Auflachend nahm ich den Eimer und richtete mich tief durchatmend auf. Der Geschmack war noch nicht weg, aber das Gefühl der Übelkeit verflog langsam. „Ich wurde nur fast umgebracht." Luft ausstießend ließ ich meinen Blick durch den Raum wandern. Irgendwie fühlte sich das Wohnzimmer komisch an...

Briley saß mit einem Buch auf dem Sessel, Jerry hatte sich auf der Couch in seine Lieblingsdecke eingelümmelt, Toby und Matt standen neben mir wie besorgte Bodyguards und das weiße Kallaxregal reflektierte das dimme Licht der Stehlampe grell.

Eigentlich war alles so, wie gestern Abend auch. Wenn man mal davon absah, dass meine Brüder das Wohnzimmer gestern Abend ausnahmsweise mal gemieden hatten. Aber irgendetwas war anders. Etwas war fasch.

Tobys Augen leuchteten rot auf und seine Mine wurde dunkler. Ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen zeigte ich ihm einen Daumen nach oben. „Wer?" Er ballte die Hände zu Fäusten, sodass die Spitzen seines Fledermausrings gefährlich hervorstachen, und legte aggressiv eine Hand auf eine Schulter, um sich die langsam heilende Bisswunde genauer anzuschauen. „Wer, wo, wann, wie?"

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt