41| Betrogen und Belogen

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„Ich habe dir vertraut!" Keuchend stolperte zurück. Ich fühlte mich betrogen. Betrogen, hintergangen und mit einem stumpfen Messer verstümmelt. „Wie kannst du mit Lex zusammenarbeiten?!" Der Druck in meinem Körper wurde größer und ein dumpfes Gefühl der Wut nahm mich ein, wie eine lodernde Flamme, die alles in ihrem Weg versenken würde. „Wie kannst du hinter einem Mörder stehen?!"

Emmy atmete rasselnd durch und wich gebeugt einen Schritt zurück. „Mickey, ich-"

„WARUM?!" Meine Nackenhaare stellten sich auf und eine gespenstig kalte Gänsehaut zog sich über meine Arme. Panisch schaute ich zwischen der Verräterin und ihrem Drogendealer hin und her. Schnell atmend spannte ich meinen Kiefer an und ballte die Hände zu Fäusten. Kampflos würde ich mich nicht von Lex aus dem Land der Lebenden ziehen lassen.

„Du verstehst nicht Mickey. Ohne Lex' Animari bin ich am Arsch!" Emmy senkte ihre Hände und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. „Nicht alle haben es so gut, wie deine Familie."

„Meine Familie? Hah! Ha ha!" Meine Familie?! Mit ihren ganzen Streitigkeiten und Uneinigkeiten? Das verstoßene schwarze Schaf? Mit meinem Großvater, der mich noch vor wenigen Stunden unter die Erde befördern wollte?

Ich begann zu lachen. Langsam kam ich mir vor, als hätte die gesamte Schattenwelt ihren Verstand verloren. Hysterisch gackernd fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht und raufte mir die Haare. „Und deswegen willst du mich umbringen? Hm, Mariella?" Ihr Name war wie heiße Glut auf meiner Zunge, die das Feuer der Wut nur noch weiter anfachte.

„Nein, ich will einfach nur leben!" Sie ballte die Hände zu Fäusten; ihr Gesicht vor Reue geplagt. Mittlerweile wusste ich nicht mehr, wem ich welche Fassade noch abkaufen konnte.

Doch bevor ich mich entscheiden konnte, klinkte sich Lex in unser hitziges Hin und Her ein: „Ihr langweilt mich." Seufzend stand er aus seinem Sessel auf und ging um den Tisch herum auf mich zu.

Alarmiert ging ich in Verteidigungsposition. „Kann halt nicht jeder so anstrengend sein, wie du!" Am liebsten hätte ich ihm erneut auf die Lederschuhe gespuckt. Doch so sehr wollte ich ihn dann doch nicht provozieren. Ganz so schnell wollte ich meine Überlebenschancen dann doch nicht senken. Auch wenn sie so gefühlt schon irgendwo auf dem verschmierten Boden herum lagen. Negativchancen wollte ich dann doch nicht erkunden.

Lex streckte nur schmunzelnd seine Hand nach mir aus. „Irgendwelche letzten Worte?"

„Erweist du all deinen Opfern diese Ehre?" Sarkastisch äffte ich seine Miene nach. „Dafür, dass du das so langweilig findest, siehst du aber ganz schön amüsiert aus!"

Ich setzte zur Flucht an. Leider kam ich keine zwei Meter weit. Noch bevor ich mich umdrehen konnte, materialisierte Mark sich hinter mir, packte meine Arme und trat mir von hinten in die Kniekehle, sodass ich gezwungen war auf die Knie zu fallen und zu Lex aufzuschauen. Selbst im Tod musste ich noch sein Ego füttern.

„Nur den ganz Besonderen." Lex zuckte mit den Augenbrauen und sah auf mich hinab. Ein Ziehen machte sich in meiner Magengegend breit. Fuck!

Die Welt um mich herum wurde schwummrig. Die Farbtöne zerflossen wie kreidige Wasserfarben und schienen vor mir zu fliehen. „Nein!" Mit zusammengepressten Zähnen versuchte ich krampfhaft an den Farben der Welt festzuhalten. Zwischen den Welten gefangen floh ich vor dem klaffenden Weiß in meinem Rücken.

Lex war mächtig und egal, wie sehr ich mich seinem Sog in die Chromare widersetzte, Zentimeter für Zentimeter, Stück für Stück, Moment für Moment verlor ich den Halt zur Realität. Schweißperlen verfingen sich in meinen Haaren und liefen in kalten Rinnsalen über meine Stirn.

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt