34| Ketchupwände und Kaffeekränzchen

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Auf Tobys Bitte hin machte ich noch einen kurzen Abstecher zu Asia Park. Was tat ich nicht alles für seine Ketchupsucht... Fröstelnd quetschte ich mich durch die schließende Ladentür. Die Kundin, die eben noch an mir vorbeigeschossen war, stach mit ihrer edlen Designerhandtasche und in ihrem ekelhaften Echtfellmantel deutlich aus ihrer Umgebung heraus. Die Sonnenbrille abnehmend strakste sie auf einen Mercedes mit verdunkelten Scheiben zu.

Irgendwie war der Gedanke, in den gleichen Läden wie solche Leute einzukaufen, so fremd für mich, dass ich kurz verwirrt stehen blieb. Aber wenn es ums Blut ging fand sich fast jeder irgendwann bei Jihes Eltern wieder.

„Oooooh, hallo Mickey!" Jihes Mutter kam zwischen den Konservenregalen her. „Wie geht es dir? Bist du für Toby hier?" Sie zeigte zur Kasse. Anders als ihre reiche Kundin eben, war der Fledermausring an ihrer rechten Hand das Einzige, was sie als adelig verriet. In ihrer einfachen, weißen Bluse und Jeans würde sie deutlich einfacher in einer Menschenmenge untergehen. Vielleicht war das auch genau das, was Vampire wollten. Then again, Toby war in seinem cyberpunk Stil nicht gerade unauffällig.

„Hallo, Frau Park." Nickend folgte ich ihr. „Bei uns läuft alles super. Bisschen Planungsstress vielleicht"

„Ah, nächste Woche ist euer Geburtstag, richtig? Jihe hat uns davon erzählt. Passt bitte auf, dass meine kleine Fledermaus nicht zu viel trinkt. Sie verträgt nicht so viel."

„Eomma!" Es polterte, dann kam Jihe aus dem Lager hinter der Verkaufstheke. „Ich kann auf mich selber aufpassen. Ich war schon auf Geburtstagsfeiern!" Genervt verdrehte sie die Augen und blickte mich dann entschuldigend an.

Ein leises Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. „Ach, das wird schon. So viel wollten wir eh nicht trinken, sonst wird das mit dem Feuerwerk zu gefährlich." Grinsend zuckte ich mit den Schultern.

„Feuerwerk? Omo... Passt auf. Habt ihr Notfallblutkonserven im Haus, wenn was passiert?" Frau Park schaute mich besorgt an. Doch bevor ich antworten konnte, fuhr sie schon zu Jihe herum und packte sie an den Schultern. „Wenn was passiert, halt dich an Toby! Toby wird sowas wissen."

Perplex blinzelnd schaute ich zwischen Jihe und ihrer Mutter hin und her. „Ähm, das wissen wir all-"

Doch ich wurde von Jihe überstimmt: „Eomma! Ich bin mit Matt zusammen, nicht mit Toby!"

„Aia, aber Toby wird wissen, welche Lautstärke du aushältst. Jihe, ich mach mir doch nur Sorgen um dich." Frau Park streichelte die Schulter ihrer Tochter.

Jihe löste sich seufzend aus dem Griff ihrer Mutter und raufte sich die Haare. „Eomma, ihr müsst euch keine Sorgen machen." Frau Park setzte erneut an, doch Jihe drehte sich zu mir um: „Was brauchst du?"

„Äh... Das, was Toby immer nimmt? Null oder so." Ich beobachtete Jihe dabei, wie sie am Computer herumtippte und schonmal eine Kühlbox unter der Theke hervorholte.

„Solltest du das nach bald neunzehn Jahren nicht langsam wissen?", witzelte sie und schoss mir einen tadelnden Blick durch die Augenbrauen hinweg, bevor sie wieder auf den Bildschirm schaute.

„Toby würde doch seine Beißerchen auf 'ner Party in jede und jeden versenken, der anbietet. Mein Bruder ist in nichts so allakzeptierend, wie bei Blut." Ich nahm die Hände aus der Jackentasche. Langsam wurde mir warm und ich entschied mich kurzerhand die gefühlte Daunendecke auszuziehen. „Sag mal, was ist eigentlich aus den Ermittlungen zu dem Einbruch letztens geworden? Hat sich da irgendwas raus ergeben?"

Jihe tauschte einen Blick mit ihrer Mutter. Diese seufzte: „Zeig es ihm ruhig."

Das Lager war das reinste Chaos. Das Massaker war vielleicht schon zwei Wochen her, und doch sah es genau so aus, wie ich es mir anhand von Jihes Erzählungen am Tag des Einbruchs vorgestellt hatte. Wie es damals wirklich ausgesehen hatte, wollte ich mir bei dem Anblick, der sich mir bot, gar nicht vorstellen.

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt