05| Die Party

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„Aber ich muss noch voll viel nacharbeiten!"

Quietschend kam das Auto zum Stehen. Ruckartig zog Jerry die mechanische Handbremse an und schaltete den Motor ab.
Leicht übel lehnte ich meinen Kopf an die Fensterscheibe und atmete einmal tief durch. So schwungvoll wie Jerry durch die Kurven fuhr, war es manchmal mehr als knapp davor, die Straßenschilder oder Laternen gleich mitzunehmen.

„Du willst dich doch nur vor der Party drücken." Augenrollend verschränkte Toby die Augen, „Und mach dich mal nicht so breit, ey!" Die Fledermaus wand sich auf dem Mittelsitz und haute mir ihre Ellenbogen in die Seiten.

„Ich zeig dir gleich, wie breit ich mich hier machen kann!" Zickig schlug ich meinen Kopf gegen die Kopfstütze und machte schon Anstalten meine Beine auf Tobys Schoß zu legen, als Briley die Autotür öffnete und ich das Gleichgewicht verlor.

„Komm schon, Mickey. Wir wissen alle, dass du für diese Woche fertig mit dem Nacharbeiten bist und wir alle mal ne Pause brauchen."

„Na schön, aber wehe ihr lasst mich hier alleine..." Seufzend hievte ich mich aus dem Auto und streckte mich. Mit meinen eins dreiundachtzig war nicht gerade viel Platz auf der Rückbank des Fiestas, vor allem nicht, wenn wir zu fünft im Auto saßen.

„Natürlich nicht, schließlich bist du unser designated driver!" Energisch knallte Jerry die Fahrertür zu und warf mir den Autoschlüssel zu.

„Mit wem hast du das denn abgesprochen?" Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch und rollte mit den Augen. Zumindest versuchte ich es. Meine eine Augenbraue konnte ich zwar in eine leichte Schieflage versetzen, aber das war es dann auch schon wieder.

„Mit dir!" Wie ein Welpe, der einem Ball nachlief, sprang Jerry über die kleine Hecke auf den fein sauber gepflasterten Fußweg zur edlen Eingangstür der Stadtvilla.
„Häh, wann d-„

„Jetzt!", wurde ich von der Flohschleuder unterbrochen.

„Na warte, du!" Dem würde ich die angelegten Ohren langziehen, diesem tollwütigen Vierbeiner! Doch das Schicksal meinte es schlecht mit mir. Oder vielleicht einfach nur gut mit meinem Bruder...

Grade wollte ich Jerry hinterher hechten, als ich auf den glatten Fliesen im Vorgarten ausrutschte und mich fast auf die Nase legte, hätte Matt mich nicht mit einem leisen Puff aufgefangen.

„Uff!"

„Schau vielleicht lieber wo du reintrittst, statt Jerry zu häuten." Uh, das wäre auch ne Idee. Oh Jerry, wenn ich dich in die Finger bekomme...

Amüsiert zeigte Matt auf meine geliebten Schuhe.
Mit großen Augen starrte ich auf das weiße Gummi meiner Schuhsohle.

„Boah, iiiihh!" Angeekelt die Nase rümpfend hob ich vorsichtig meinen tropfenden Schuh ein wenig an. „Bahaa!" Jammernd zog ich die mit Kotze bedeckte Schuhsohle über das feuchte Novembergras.

„Das ist ein Zeichen! Ein Zeichen, dass ich besser wieder nach Hause sollte!" Luft ausstoßend drehte ich mich wieder Matt zu. Ich fühlte mich absolut fehl am Platz. Lachend ging eine Gruppe an Studierenden an uns vorbei. BWL Justus warf mir dabei einen verwirrten und leicht abwertenden Blick zu, während mir Jerrys Germanistik Kommilitonin kurz kichernd zuwinkte und damit den Schleim von meinen Vans verschwinden ließ.

„Das ist das Zeichen dafür, dass du Jerry erst später killen solltest, und jetzt komm!" Murrend ließ ich mich von dem Älteren von uns beiden mitziehen.

„Ausweis, bitte." Blinzelnd starrte ich die Sonnenbrille des Securitybeamten an. Es war 21 Uhr. An einem Novemberabend.

„Äh..." Betont schwungvoll drehte ich meinen Kopf zu den vier Begabten neben mir um.

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt