44| Vom Anfang und Ende

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„Komm schon Mickey, heute ist mein Geburtstag!" Schmollend schaute Jerry mir mit seinen besten Welpenaugen entgegen.

Glucksend musterte ich das mit Zitronenzuckerguss dekorierte Plätzchen. Der Weihnachtsmann hatte auch schon bessere Tage gesehen. Seiner gebackenen Zipfelmütze fehlte der Zipfel und die knallende Lebensmittelfarbe der Zuckerperlen hatte bunt in den Zuckerguss geblutet. „Jerry, das ist so mit das dümmste Argument, das du bringen kannst."

„Dude, wir sind Fünflinge. Es gibt kein dümmeres Argument!" Toby lehnte die Arme verschränkt am Kamin und schüttelte grinsend den Kopf.

„Hey, Mickey hat erst in sechs Stunden Geburtstag!" Jerry formte seine Finger zu einem L und schlug Toby dieses fast ins Gesicht.

„Jungs! Benehmt euch!" Mums Stimme hallte durchs Haus. Kurz darauf erschien sie im Türrahmen zwischen Küche und Wohnzimmer und zeigte tadelnd mit dem Finger zwischen uns hin und her. „Sonst geben wir euch später das Feuerwerk nicht raus."

Jerry verschränkte daraufhin nur schmollend die Arme, was Toby mit einem Augendrehen kommentierte: „Sag das dem Köter. Das Vieh hat mal wieder zu viel Zucker gefressen."

„Thobias, sei nett."

„Selber Vieh, du Flugratte!"

„Hey! Du kannst doch nicht ohne Leckerli!

„Hah, sagt ja der Richtige! Hast du heute schon deinen selbstgemachten Ketchup geschlürft?"

„Jerry!"

„Toby!"

Die beiden lieferten sich ein Blickduell, was Mum nur mit einem Kopfschütteln kommentierte. Amüsiert biss ich nur den Rest der verkorksten Zipfelmütze ab. Ich verstand, wieso Jerry mich wie ein Zuckersüchtiges Kind angegafft hatte. Mums Plätzchen waren einfach unschlagbar. Der perfekte Mix zwischen Brownie und Keks!

Toby und Jerry begangen zu Grinsen, als Jerry auf einmal lossprang und versuchte Toby in den Schwitzkasten zu nehmen. Der Vampir verwandelte sich jedoch nur glucksend in eine Fledermaus, flatterte fiepend um Jerrys Kopf herum und wich den wedelnden Armen des Mittleren aus. Die beiden hatten echt eine einzigartige Art und Weise ihre Liebe zueinander auszudrücken.

„Jungs, bitte." Dad quetschte sich an einem Stapel Kartons vorbei und tauschte einen Blick mit Mum. „Thobias..." Dad hob seufzend die Augenbrauen. „Komm wir bauen zusammen die Biergarnitur auf."

Von jetzt auf gleich verschwand die kleine Fledermaus und Toby flitzte eifrig an Dad vorbei in den Eingangsflur. Irgendetwas knallte Laut im Keller, dann flog die Tür ins Schloss und Weihnachtsmusik breitete sich wieder im gesamten Haus aus.

Im Wohnzimmer sah es aus, als hätte jemand Weihnachtsdeko gekotzt. Eine Girlande an Lichterketten zog sich quer durch das Haus und schlang sich in chaotischen Spiralen um die Stehlampe hinter der Couch und unsere provisorisch aufgebaute Minibar. Im Lichte funkelnde Sternchen und Weihnachtskugeln baumelten von der Decke und in der Ecke stand ein von oben bis unten eingedeckter Weihnachtsbaum, dessen Spitze schon fast an der Decke entlang schabte.

Schmunzelnd wollte ich gerade gegen eine Weihnachtskugel an der langsam vertrocknenden Fichte tippen, als sich zwei große Kulleraugen in Slow Motion in mein Gesichtsfeld schoben. „Du bist ein Depp." Grinsend den Kopf schüttelnd hielt ich Jerry den angebissenen Keks vor die Nase. Jerry grinste nur, als hätte er noch nie was Besseres geschenkt bekommen und riss mir förmlich das Plätzchen aus der Hand.

Das Teil war schneller gegessen, als ich gucken konnte. „Danke, Mickey!" Jerry mampfte wie ein Honigkuchenpferd.

„Bitte, bitte..." Schmunzelnd wuschelte ich ihm durch die Haare, was er in Angesicht dessen, dass ich ihm gerade das letzte Plätzchen, wenn auch angefressen, überlassen hatte, nur grummelnd über sich ergehen ließ, und begann Matt dabei zu helfen, die restlichen Dekoartikel wieder in den Keller zu bringen. Zumindest war das mein Plan gewesen.

Das Geheimnis des SeelenfängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt