Im Flur war absolutes Chaos ausgebrochen. Es war wirklich ein Zeichen für Lex' Kontrolle über sein Team und das Bunte Tor, dass davon auf der Tanzfläche nichts zu sehen, geschweige denn zu hören war. Sonst wäre im Vorhof schon Panik ausgebrochen bevor ich überhaupt in der Lage gewesen wäre in die Chromare überzutreten.
Im Flur tummelten sich reglose meist weiße Seelen, um welche bunte Magie waberte, auf dem Boden und beleuchteten die grellen Wände in allen Farben des Regebogens.
Juliette hatte hier echt aufgeräumt. Der gesamte Flur war von einer türkisenen Aura umgeben und die meisten von Lex' Handlangern schienen in ihrem tiefsten Träumen zu schlummern. Vielleicht sollte ich es mir demnächst doch zweimal überlegen, ob ich mich wirklich mit Juliette anlegen wollte.
Einzelne Wolken waberten über leuchtenden Blutlachen, aber diese stellten eher die Ausnahme dar. Wer resistent gegen Schlafmagie war, musste also leiden. Wie ironisch. Wer den ersten Angriff überstanden hatte, war umso stärker dafür bestraft worden.
Ich schluckte. Ich hatte gar kein gutes Gefühl bei so ziemlich allem, was heute passiert war. Das hier war nur die Spitze des Eisbergs. Flink quetschte ich mich an den Seelen vorbei und schlich auf Lex' Büro zu.
Die Stille in der Seelenwelt jagte mir einen Schauder über den Rücken. Ich konnte fern ab das Stimmendurcheinander des Innenhofs vernehmen, aber die Koloristen, die sich vor der breiten Bürotür an die Wand drückten und auf das Zeichen warteten, schwebten nur stumm auf und ab.
Es war ein buntes Gemisch an Seelen. Juliettes Dreifarbigkeit stand im starken Kontrast zu Nadias Weiß und Dabans dunkles Orange ließ das Gold der mir noch immer unbekannten Fee umso stärker funkeln. Wenn ich so genauer darüber nachdachte, war es schon schade, dass Nadia mit ihren Ideen anscheinend nur junge Menschen begeistern konnte. Nicht dass ich unbedingt freiwillig indirektes Mitglied der Arc Coloris war, aber die Idee, dass die aktuelle Gesellschaftsstruktur des Adels nicht unbedingt die fairste war, könnte meiner Meinung nach in der Schattenwelt gerne weiter verbreitet sein.
Die hohe Holztür zu Lex' Büro stand sperrangelweit offen und gab die Sicht auf das bunt leuchtende Büro frei. Ich hatte nie so genau darüber nachgedacht, aber er ergab Sinn, dass Lex die Tür in der Chromare von ihrem echten Gegenstück getrennt hatte. So hatte er die Kontrolle über alles, was in seinem Pub passierte und wusste schon, wer ihn in seinem Büro aufsuchte, bevor der Besuch überhaupt Hallo sagen konnte.
Lex war so ein Kontrollfreak. Und genau das machte ihn so schwierig zu bestehlen...
Tief durchatmend machte ich mich bereit und schlich so leise wie möglich in das runde Büro. Emmys waldgrüne Wolke schwebte vor dem dunklen Bürotisch. Sie musste ihn echt gut abgelenkt haben, dass Lex trotz dessen, dass sein ganzer Flur mit bewusstlosen Seelen übersäht war, desinteressiert in seinem edlen Sessel saß.
Mir gefiel das Ganze nicht. Es war zu einfach. Lex hatte mich schon so oft in die Seelenwelt gezogen oder diese parallel zu unseren Gesprächen überwacht, dass ich ein mulmiges Gefühl bekam. Ich hatte mich auf eine Herausforderung vorbereitet, dass Lex mir an die Kehle wollte, oder uns gar im Innenhof schon abfangen würde. Aber das?
Doch mir blieb nichts anderes übrig, als weiterhin dem Plan zu folgen. Lex musste wirklich an Emmys Geld interessiert sein. Bei ihrem Familienstatus dürfte der Seelenfänger sich einen ganz guten Batzen erhoffen. Und genau das würde ihm zum Verhängnis werden.
Mit leichten Füßen schritt ich durch das Büro und strich im Vorbeigehen durch Emmys grüne Wolke. Ihre wabernde Seele im Auge behaltend platzierte ich mich griffbereit hinter Lex und seinen überdimensionierten Sessel.
Wo Lex vielleicht nicht größenwahnsinnig war, glich er das Ganze mit seiner Habgier aus. Ehrlich jetzt, wofür brauchte ein Mensch so einen riesigen Sessel? Da würden Matt und ich zweimal reinpassen und es wäre noch Platz für die anderen drei. Lex hielt sich aber auch für was Besonderes. Es musste ihn echt auf die Palme bringen, dass wir die gleichen Fähigkeiten teilten. Solange ich ihm auf der Nase herumtanzte, konnte er schwierig sein eigenes Königsbild authentisch durchspielen.
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Das Geheimnis des Seelenfängers
Paranormal"Nein, ich will nicht!" Jerreds Gequengel drang aus dem Wohnzimmer an meine Ohren. Murrend drehte ich mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht in meinem wunderschönen Kissen. "Komm schon, weck jetzt bitte Mickey, sonst kommen wir noch zu spät." M...