Evan wollte mich zur Rede stellen und zog mich in die Gasse hinter dem Haus.
"Bleib mir gefälligst fern! Ich will mit den Leuten aus der Bar nichts zu tun haben. Und du ... du bringst nur Ärger!" Das verletzte mich irgendwie. Ich sagte dazu nichts.
"Wozu bist du hier, wenn du eh nicht mit mir reden willst? Ich glaube Glücksspiele sind nicht dein Ding, oder hast du auf andere Spielerein gehofft? Dann bist du hier falsch." Flaumte er mich an.
"Die Footballjacke." Schoss es aus mir raus.
"Was?" Er war sichtlich verdutzt.
"Ist das dein Name auf dieser?" Er wusste wohl nicht wie ich so plötzlich darauf komme und konnte erst nicht antworten. Tat es nach kurzen Schweigen aber doch, nachdem er sich wieder gefasst hatte.
"Äh, Layker ...? Ja. Warum?"
Evan Layker. Dann hatte Benjamin recht."Bist du Quarterback gewesen?"
"Ja verdammt. Aber warum fragst du? Das ist ein paar Jährchen her und geht dich eigentlich ..."
"Du spielst mit mir, nicht wahr?" Ich glaube noch mehr verwirren konnte ich ihn nicht mehr. Ich lief dann einfach davon. Er war so durch den Wind, dass er kaum reagieren konnte und verdutzt zurück blieb.
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Am Abend sprach ich Benjamin darauf an. Ich musste die ganze Zeit daran denken.
"Du hattest recht." Und auch bei ihm aus dem nichts. Und ich bemerkte, dass ich wohl erklären müsste was ich meinte.
"Evan ..." Ich erzählte ihm, was passierte. Er musste dann einfach nur lachen.
"Echt jetzt? Du ... unglaublich! Das war nur eine Wage Einschätzung. Dass ich recht habe, hatte ich bezweifelt, auch wenn natürlich alles möglich ist und wohl gut eingeschätzt war." Er rieb sich über den Nacken und wollte die ruhige Minute nutzen.
"Lass es auf sich beruhen. So lange nichts von Evan kommt, solltest du es nicht herausfordern. Halt dich an Derrick. Und du musst dich auch nie rechtfertigen. Ich sehe es gerade in deinen Augen. Du hast einfach nicht überlegt. Neugier kann stark sein. Und du hast vielleicht aus dem Impuls herraus gehandelt, was ich dir nie zugetraut hätte, aber versuch vorsichtig zu sein. Bevor du an den falschen gerätst. Es war nur eine Einschätzung meinerseits und hätte schiefgehen können." Ich konnte nicht mehr antworten, da ein Kunde etwas trinken wollte. Die Bar füllte sich immer mehr zum Abend hin. Und auch ich musste mich ziemlich reinhängen, damit Benjamin nicht alleine alles machen musste.
"Soll ich euch etwas helfen?" Derrick hatte ich Stunden nicht gesehen. Er hatte oben viel zu tun. Es gab wohl einen Aufstand und ein Kunde war so besoffen, der kam nicht mehr aus dem Zimmer, geschweige Bett. Ich habe es nebenbei mitbekommen, als die Mädels kurz bei Benjamin waren und sich aufgeregt haben.
"Bei der jetzigen Welle wäre Hilfe super!" Und das ließ sich Derrick nicht zweimal sagen. Ich beobachtete ihn, wie er selbstbewusst durch die Menge lief und Bestellungen aufnahm. Ich fühlte mich wie in einem Film. Seine Haltung. Sein Lächeln. Seine ganze Mimik wirkten so unwirklich. Wie er sich durchs Haar fuhr. Oder sein Hemd zurecht rückte. Für mich lief alles in Zeitlupe ab, bis ich aus meiner Traumwelt gerissen wurde.
"Nicht Träumen Ebby! Du kannst ihn später begutachten. Jetzt musst du mit anpacken." Oh Gott! Hat Benjamin das wirklich bemerkt? Ich lief auch gleich in die Menge und half Derrick bei den Bestellungen. Es war kein wunder das so viel los war. Es war Freitag. Man wollte sich den Stress der Woche von der Seele trinken.
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Nach bald drei Stunden lichtete sich die Bar wieder. Ich durfte Pause machen. Ich ging wieder vor die Tür und schaute kurz rüber zur Spielhalle. Auch diese war immer geöffnet. Vierundzwanzig Stunden. Ob er auch noch da war? Ich blickte dann in den Himmel. Immer mehr Sterne leuchteten auf. Der Mond wurde von ein paar Wolken verschleiert. Der Wind zog seine Bahnen und gröllende Menschen kamen aus jeglichen Türen der Straße. Das Nachtleben begann. Eine Zeit, die mir nicht behagte. Ich fand den Job schon schlimm. Man regte sich ein paar mal über mich auf. Unfreundlich, Kalt, kaum anwesend, fragen werden nicht wirklich beantwortet. Ich war schlecht in diesem Job. Die Jungs mussten mir paar mal helfen. Was dachte sich Derrick nur dabei? Ich sollte lieber irgendwo hinten stehen. Da wo mich niemand sieht. Wo ich niemanden zur Last fallen würde.
Derrick kam plötzlich auch vor die Tür und legte mir eine Jacke um.
"Du musst den Job nicht machen. Ich bin im Grunde dein Boss und kann dich auch woanders einteilen. Du wurdest da drin echt oft in die Mangel genommen. Wie konntest du das alles über dich ergehen lassen?" Indem man sowas gewohnt ist und es irgendwie nur noch an einen Abprahlt. Klar machte mich das auch manchmal traurig, aber ich hatte gelernt damit zu leben.
"Erfahrungen machen einen Kalt." War eine für ihn unbefriedigende Antwort.
"Kalt ... ist das die Welt nicht schon genug? Aber irgendwie versteh ich dich, auch wenn mich das irgendwie stört. Ich möchte nicht dass du weiter solche Erfahrungen machen musst." Was soll ich tun? Mich mein restliches Leben verkriechen? Was im Grunde keine schlechte Idee wäre. Wir saßen dann aufeinmal beide da und starrten in den Himmel. Zwei unterschiedliche Charaktere, mit gequälten Seelen, die einfach nur Halt und etwas Frieden suchten. Ich glaubte, dass er day gleiche wollte, da er auch nicht gerade die beste Kindheit hatte. Ich fragte mich in dem Moment nur, warum ich? Hätte er es mit einer, die mehr Gefühl zeigen könnte nicht besser? Eine, die sein Temperament gut unter Kontrolle hätte, als eine wie mich, die nur kuscht, wenn sie schon schief angeguckt wird. Er muss etwas in mir sehen, was ich nicht konnte.

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Love Yourself - Dann liebe mich
RomanceLeseempfehlung ab 16! ----------------------------- Ebby ist in eine Welt ohne leibliche Eltern. Ohne Liebe und Geborgenheit. Von Anfang an immer das Opfer. Gemobbt, geschlagen, gehasst. Trotz allem versuchte sie sich mühsam durchs Leben zu kämpfen...