Kapitel 49: Carlotta und Leopold

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• Vittorius •

„Neele, nein. Neele. Kleines. Bitte, Neele. Ich rede mit dir! Neele, dein Vater spricht mit dir, sieh mich an!", redet Kyrill auf seine Tochter ein.

Sagt, was ihr wollt, aber das sind auch die Gene, die in Carlotta stecken.

Nolan schmiegt sich zufrieden und glücklich in die Arme seines Großvaters, da döst er auch unbeeindruckt vor sich hin. Eine atemberaubende Aussicht und eine Burg, die er so in seinem Leben vielleicht kein zweites Mal sieht?

Langweilig.

Nun beginnt Neele zu weinen, weil Kyrill sie festhält und daran hindert, die Mauer von der Plattform hochklettern zu wollen. Da wäre die Kleine nie im Leben alleine hochgekommen, aber auch Kyrill ist nicht scharf darauf, ein kleines Mädchen auf dem Rand einer Mauer mit mehreren Metern Tiefe krabbeln zu lassen.

„Guck, Kleines, du kannst doch so auch gucken. Bitte, Neele. Vergiss es, ich lasse dich nicht los. Weinen hilft da auch nicht!", fährt Kyrill knallhart fort.

Schließlich drückt sie ihre kleine Wange gegen Kyrills Brust und so lässt sie sich trösten.

Graf Leopold schaut sich das voller Faszination an. Ich sehe aber auch die Absicht, dass er genauso reagieren würde, wären es seine Kinder. Bei dem Fakt denke ich nun aber an Carlotta und bin sehr gespannt, ob es neben der Vermählung noch weitere Neuigkeiten gibt. Aber es bleibt spannend, heraus posaunen tut Leopold jedenfalls nichts.

• Lucan •

„Rede kein Unsinn, Schwesterherz, ich liebe Leopold nicht", redet Carlotta sich raus, während wir durch die Gänge des Hauptgebäudes laufen.

Ziel ist wohl der geräumige Wohnbereich, in dem wir es uns gemütlich machen wollen.

„Wenn du das sagst", meint Victoria mit einem Grinsen auf den Lippen.

„Ich sage das so und meine das so!", betont Carlotta gleichgültig.

Scheinbar fühlt Carlotta sich hier aber wohl und heimisch, sie führt uns jedenfalls ohne Verlaufen dahin und macht es sich dann auf dem Sofa sehr bequem, als wäre sie schon ewig die Frau vom Burgherr. Victoria gesellt sich zu ihr, ich sehe dann auch den Rest in den Raum kommen.

Kyrill und Janosch gehen mit den Zwillingen ebenfalls aufs Sofa und genießen die ruhige Stimmung. Oktavian verabschiedet sich und geht nun seinen Pflichten nach, er hat nicht den ganzen Tag Zeit, um nichts zu tun. Leopold kommt dann auf Vittorius und mich zu, er zeigt auf den Schrank mit den Spirituosen und holt von dort dann eine Whiskey Flasche heraus.

„Auf ein Wort?", fragt er mit einem Lächeln und führt uns dann auf den Balkon des Wohnbereichs.

Zusammen stoßen wir an und ich lasse meinen Blick dann fasziniert über die Gegend schweifen. Zu unseren Füßen liegt praktisch eine Stadt in Miniaturformat. Kleine Lichter flackern in den Gassen und werden ab und an verschluckt, weil die Lichter zu den handlichen Laternen der Wachmänner gehören. Ein kleiner länglicher Park, den ich bei der Fahrt gar nicht groß bemerkt habe, sorgt für einen dunklen Fleck, wobei ich gelegentlich auch dort ein Lichtlein aufblitzen sehe.

Umrahmt wird der Anblick von dem Sternenhimmel, der von so hoch oben auf dem Berg näher wirkt, als ich es gewohnt bin. Beinahe ist es so, als könne ich meine Hand ausstrecken und nach den Sternen greifen. Der Mond leuchtet klar und hell, seine Strahlen tauchen die Felder und Ecken der Umgebung in ein schimmerndes Weiß.

Es ist wirklich ein magischer Anblick.

„Carlotta sagt noch immer jeden Tag, dass sie mich nicht zum Gemahl nehmen wird", erzählt Leopold amüsiert.

Prinz LucanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt