Kapitel 50: Tarnung

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• Lucan •

„Guten Tag, die Herrschaften", begrüßt uns die leicht stämmige Verkäuferin, die an der Verkaufstheke steht.

Das Geschäft sticht mit einer gehobenen Einrichtung deutlich hervor. Die Auslageflächen sind aus edel gearbeitetem Fichtenholz, in dem an den Ecken und Kanten kleine Schnörkel eingearbeitet sind. Der Boden besteht aus edlen dunkelgrauen Steinfliesen, in denen nicht eine Kerbe ist und der vor Reinheit nur so strahlt. Eine weiße Vertäfelung mit blassgelben Akzenten und schnörkeligen Verzierungen lässt den Raum hell und freundlich aussehen. Fast wirkt es so, als strahle durch die ausgewählte Beleuchtung hier drinnen die Sonne, was den Brötchen und dem Brot einen goldenen Schimmer gibt.

Und neben den Backwaren für das tägliche Leben gibt es zwei Auslagen für Kuchen und Gebäck jeglicher Formen.

„Ich hätte gerne ein Päckchen von den Mürbeteig Keksen, bitte", bestellt Carlotta mit leicht zaghafter Stimme drauf los.

Sie bleibt bewusst verhüllt unter dem Umhang, genau wie ich. Aus dem hinteren Bereich, der offen angeschlossen ist, sieht nun der Bäckermeister skeptisch in unsere Richtung. Die Verkäuferin sieht nun aber mich fragend an, dabei habe ich gar nichts gesagt.

„Habt Ihr meine Weggefährtin nicht verstanden?", frage ich nach.

Erst nach dem Aussprechen merke ich, wie unhöflich mein Satz eigentlich klingt. Aber manchmal passiert sowas eben. Ich sollte mir angewöhnen erst zu denken und dann zu reden. Jetzt ist es aber auch egal, der Satz ist raus.

„Schon, aber als Mann musst du sprechen, Bürgerlicher", betont die Verkäuferin nun.

Sie selbst steht aber auch leicht eingeschüchtert an ihrem Platz, als bekäme sie sonst ärgert von ihren Gemahl, der noch immer zu uns guckt.

Oh, jetzt erst fällt mir auf, dass die Frau mich ohne Höflichkeitsform anspricht und uns für nicht so gut gestellte Leute hält.

„Die Bestellung ist schon richtig", bestätige ich dann die Aussage von Carlotta, wobei ich erste empörte Stimmung von ihr wahrnehme.

„Kannst du meine Backwaren denn bezahlen, Bürgerlicher?", fragt nun der Bäckermeister direkt nach.

Der kommt nämlich gerade aus der Backstube nach vorne und sieht mich mit verschränkten Armen an. Seine Kleidung ist funktional, aber dennoch aus edlen Stoffen, die leicht im Schein des goldenen Lichts schimmern.

„Ich kann das schon selbst bezahlen, mein Herr!", meint Carlotta unbeeindruckt.

„Weib, mit dir rede ich nicht, also schweig", sagt der Bäckermeister klar und deutlich.

„Was ist denn das für ein Ton? Ich wünsche Mürbeteig Kekse zu erstehen und zu bezahlen, wo ist das Problem?", fragt Carlotta und holt aus einem Beutel an ihrer Hüfte die passende Anzahl Taler hervor, die auf dem kleinen Kärtchen vor den Keksen notiert ist.

Die Verkäuferin nimmt das Zahlmittel skeptisch entgegen und sieht sich jeden Taler misstrauisch an. Dann erkennt sie aber auch, dass das keine gefälschten Münzen sind.

Mich wundert, dass die Carlottas Stimme nicht erkennen, aber vermutlich spricht auch immer nur Leopold, wenn die hier sind.

Schließlich bekommen wir nun aber ein ganz anderes Problem.

„Schluss mit lustig. Von wem habt ihr den Münzbeutel geklaut?", will der Bäckermeister nun wissen, dabei sieht er mich betont an und würdigt Carlotta keines Blickes.

Er hält mich für einen bürgerlichen Langfinger.

„Das ist nicht geklaut!", beschwert Carlotta sich.

Prinz LucanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt