Kapitel 84: Ein letztes Mal Lilienhain

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• Vittorius •

Es erwärmt mir das Herz, wie sehr Elisa sich darüber freut, Lucan noch einmal zu sehen. Zeitgleich tut es mir aber auch weh zu sehen, wie alt Elisa geworden ist. Und wie die ersten Gebrechen sie einholen, sodass Kharon in ein paar Jahren spätestens ihr Fährmann sein wird. Dann wird sie zumindest ihren Vater Dustin wiedersehen, denn in einem der Briefe an uns war sie sehr aufgelöst, als sie vom Tod ihres Vaters schrieb.

Jetzt blicke ich am Rand aber in drei dunkelbraune Augenpaare, die von hellblonden, leicht lockigen Haaren umrahmt sind. Nummer 2 bis 4 von Adam haben dann wohl die Gene der Mutter abbekommen, die wir leider nie kennenlernen durften. Aber wenn ich die drei Mädchen so sehe, die wie kleine Engel aussehen, kann ich mir vorstellen, wie die Mutter ausgesehen hat.

„Lilia, das älteste Enkelkind habt ihr schon gesehen, habe ich gehört?", hakt Elisa dann schmunzelnd nach.

Sie steht mit einem dieser warmen und liebevollen Blicke mitten im Raum und schaut auf die drei Kleinen, die wohl aufs Wort hören. Darum braucht Adam scheinbar kein Kindermädchen, weil Elisa ihre Aufgabe darin sieht. Außer bei Lilia, aber das scheint Adam selbst zu übernehmen.

„Wo bleiben denn unsere Manieren?", fordert Elisa die drei Mädchen nun auf.

„Ich bin Sarah, toll dich endlich kennenzulernen, Großvater!", sagt das zweitälteste Kind, die laut den Briefen von Adam nun 9 Jahre alt sein müsste.

„Ava", sagt das drittälteste Mädchen mit ganz schüchternem Blick, eindeutig Elisas Gene. Und Ava ist 8 Jahre alt.

„Ich bin Milla", stellt auch die letzte, nun 7-Jährige vor, weil Adam im Abstand von einem Jahr immer Nachwuchs bekommen hat.

Lucan geht auf die drei Mädchen zu, die mit großen Augen und leichter Furcht zu ihm hochschauen. Die Kleinste, Milla, ergreift sogar die Hand ihrer großen Schwester Ava. Lucan kniet sich dann aber hin und wirft den Dreien ein Lächeln zu.

„Schön euch drei kennenzulernen", sagt er.

Eine Umarmung bleibt aber aus, weil Lucan denen viel zu unheimlich ist und er auch ein Fremder für die Kleinen ist. Erstaunlich, wie Lilia völlig anders geraten ist, als ihre drei jüngeren Schwestern. Lucan erhebt sich dann aber und so setzen wir uns eine Weile mit Elisa in den Wohnraum, um ein wenig zu plaudern.

Adam ist ganz Fürst und geht wieder an die Arbeit. Nicht mal die lange Abwesenheit und die Heimkehr von Lucan lassen ihn erweichen.

Die Mädchen spielen ganz brav und schauen immer wieder zu uns herüber, als müssen sie doch befürchten, dass wir gleich das Schloss auseinandernehmen.

Den restlichen Tag über bleibt das aber aus, immerhin zerstört man nicht, was man mühsam aufgebaut hat.

• Lucan •

Der neue Tag bricht demnächst über Lilienhain herein und ich schaue gemütlich liegend in meinem Bett in Vittorius' Stadthaus aus dem Fenster, dessen Vorgänge ich offengelassen habe.

Ich werde nicht allzu häufig so früh am Morgen wach, noch bevor die Sonne den Horizont überschreitet. Meistens erst mit den ersten Sonnenstrahlen, aber die werden auch bald ihre Strahlen über die Dächer der Stadt entsenden.

„Lucan? Du bist schon wach? Darf ich reinkommen?", klopft Vittorius an der Tür.

„Wenn ihr angezogen seid", rufe ich lachend, dann steht der Vampir mit angriffslustigem Blick neben mir und zieht mir das Kissen unter dem Kopf weg.

„Ey, Adelsarsch!", schreie ich gespielt zornig.

Dann erstickt mein Schrei und wird von einem herzhaften Lachen abgelöst, weil Vittorius nun mit dem Kissen auf mich einprügelt.

Prinz LucanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt