FRIENDS

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Es kam mir plötzlich so vor, als hätte sich die Zeit zurückgedreht. Harrys Körper war noch immer perfekt auf meinen Eingestellt, jede Berührung, jeder Kuss, jedes heisere Stöhnen war wie früher. Doch es war dadurch nicht langweilig, ganz im Gegenteil, es war genauso berauschend und aufregend wie immer. Als er mich hochhob und gegen den Stamm drückte, fuhren meine Hände wie von selbst in eine dichten Locken, ich schlang meine Beine um seine Mitte und atmete den Duft seiner Haut ein.
„Babe, schläfst du heute hier?", murmelte er leise, als er meinen Nacken küsste. Wie konnte ich da nein sagen? In Harrys Armen einzuschlafen war das, wonach ich mich monatelang gesehnt hatte.
Ich wollte antworten, doch wiedermal störte uns jemand, wiedermal war es Louis. Ich hasste ihn in diesem Moment ein bisschen.
„Harold? Ich weiß dass du da bist! Ich zähle jetzt bis zehn und dann komme ich da rein! Mir egal was du da drinnen machst, aber wenn das nicht Ella ist, dann muss ich dich jetzt verprügeln!".
Okay, nein, ich liebte ihn wieder. Ich stöhn genervt auf, konnte mir ein leises Kichern jedoch nicht verkneifen, als Louis bereits bei vier durch die Äste gestürmt kam und frech grinste.
„Glück gehabt!", zwinkerte er Harry zu, der die Augen verdrehte und mich sanft auf dem Boden absetzte.
„Ich muss Lottie wohl mitteilen, dass sie heute nicht in Ellas Zimmer schlafen, schätze ich?", fügte er hinzu und wuschelte mir durch meinen Pony. Das war anscheinend seine neueste Angewohnheit und sie ging mir jetzt schon tierisch auf die Nerven.
„Lou, lass das, oder ich muss dir deine Finger abschneiden und El als Souvenir schicken, wenn wir auf Tour sind!", schnaubte ich und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
Harry zeterte im selben Moment los: „Wie oft soll ich das noch sagen, das ist Ellas Zimmer und kein beschissenes Gästezimmer!".
Plötzlich hielt er jedoch inne und beide sahen mich verdutzt an.
„Du kommst mit?", hauchte er leise und sah mich mit leuchtenden Augen an.
„Ich...", setzte ich an. Mein Mund war wie immer schneller als mein Gehirn gewesen. Ich wusste doch noch gar nicht, ob ich mitkommen wollte. Oder? Hatte ich mir nicht vorgenommen, die ganze Sache ruhen zu lassen und Niall und vor allem mir, Zeit zu geben? Aber vielleicht war das der falsche Ansatz und Niall und ich brauchten gar keine Pause? Vielleicht würden wir uns so auf engstem Raum ja wieder näher kommen. Als Freunde natürlich. Ich vermisste die Jungs. Die Aussicht, sie wieder ständig um mich zu haben, machte mich ganz hibbelig.
„Du...?", hakte Louis nach und riss mich aus meinen Gedanken.
„Ich weiß es noch nicht.", seufzte ich und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Harry seufzte ebenfalls schwer und nahm wie selbstverständlich meine Hand.
„Gehen wir hinein?", fragte Louis und schielte mi funkelnden Augen auf unsere Finger.
Ich blieb wie von der Tarantel gestochen stehen und zog sanft, aber bestimmt meine Hand weg.
„Harry, wir überstürzen hier lieber nichts auf der Party.", flüsterte ich. Ein Brummen war die Antwort und er trottete neben Louis her, der unaufhörlich plapperte und lachte. Ihm fiel anscheinend gar nicht auf, dass er sich alleine unterhielt, bis wir plötzlich am Pool vorbeikamen und er sich zu mir umdrehte.
„Geht die schwarze Farbe eigentlich wieder raus aus deinen Haaren?", fragte er.
Ich sah ihn verwirrt an: „Wieso?".
„Rot hat mir irgendwie besser gefallen, da warst du viel mehr Meerjungfrau als jetzt. Du hast keine roten Haare mehr, du bist so trocken...".
Ich ahnte was er vorhatte und kreischte laut auf. Ich wollte um ihn herumlaufen, doch Louis war viel schneller als ich und packte mich. Bevor ich mich wehren konnte, landeten wir beide im Wasser.
Es war März. Es war mitten in der Nacht. Und es war nicht besonders warm.
Prustend und schimpfend tauchte ich neben dem Idioten auf und spritzte ihm eine Ladung Wasser ins Gesicht.
Gelächter ließ mich aufblicken.
Dieses Lachen würde ich unter tausenden sofort heraushören.
Niall.
„Du findest das also lustig?", zischte ich und schwamm hastig zum Ufer.
Er lachte noch immer und nickte. Harry stand ebenfalls kichernd neben ihm. Ich funkelte die beiden wütend an und schrie: „Ihr Idioten, es ist scheißkalt! Wenn ich mich hier drin verkühle, dann muss ich jemanden umbringen!".
Stille.
Niemand sagte etwas, alle Augen waren geschockt auf mich gerichtet.
„Helft mir hier wenigstens raus!", zischte ich und streckte meine Hände nach oben. Sofort kamen beide herbeigeeilt und beugten sich zu mir.
Ich packte die beiden Hände, kicherte böse und ließ mich zurückfallen.
Mein Plan funktionierte und neben mir landeten zwei weitere Körper im Wasser.
Louis begann schallend zu lachen und klatschte begeistert in die Hände.
„Dein Schauspielunterricht bringt ja wirklich etwas! Ich hab dir die Szene wirklich abgekauft!", grinste er und schwamm zu mir um einzuklatschen.
Als es unerträglich kalt wurde, stapften wir tropfend und bibbernd zurück ins Haus.
Mel kam gerade mit Liam aus der Küche und sah uns verdutzt an.
„Was macht ihr denn ihr Spinner?", rief Liam und schüttelte verwirrt den Kopf, „Wir fliegen morgen! Wenn einer von euch krank wird, dann reißt das Managemen uns den Kopf ab! Geht euch sofort umziehen! Und Ella, dasselbe gilt für dich! Ich will hier niemanden mehr mit nassen Klamotten sehen!".
„Ja Daddy!", lachte Niall und rannte auf den schimpfenden Liam zu um ihn zu umarmen. Die beiden rangen eine Weile miteinander, bis Liam Niall die Arme auf den Rücken verdrehte und mit ihm Richtung Treppe marschierte.
„Du schläfst heute Nacht hier, oder?", hörte ich Mel plötzlich neben mir.
Sie las die Antwort sofort in meinen Augen. „Ich hätte dich wohl wirklich nicht alleine lassen dürfen.", seufzte sie und küsste mich auf die Wange, „Ich geh dann mal Niall retten, bevor Liam ihm noch die Schulter auskugelt.", sagte sie lauter und rannte ebenfalls nach oben.
„Ich geh El suchen, die hilft mir sicher aus den nassen Sachen.", grinste Louis, der seltsamerweise plötzlich ein Bier in der Hand hatte und schlenderte, noch immer tropfend, Richtung Partyraum.
„Hilfst du mir auch aus den nassen Sachen?", raunte Harry mir zu und strich mir eine nasse Strähne aus dem Gesicht. Ich schluckte. Mein Mund war plötzlich ganz trocken und meine Gänsehaut kam nicht mehr von der Kälte.
„Harry. Wenn ich wirklich auf Tour mitkommen soll, dann können wir uns nicht so benehmen. Das wäre unfair gegenüber Niall und außerdem will ich nichts überstürzen. Wenn wir beide das wirklich wieder hinbekommen sollen, dann müssen wir das langsam angehen.", sagte ich ernst.
Er schnaubte, nickte jedoch.
Wir gingen schweigend die Treppe nach oben und blieben vor meinem Zimmer stehen.
„Kannst du dich an das letzte Mal erinnern, als ich dich hier klatschnass abgesetzt habe?", sagte er und lächele traurig. Ich nickte. Es war unser erstes Date gewesen, der Regen hatte uns überrascht. In dieser Nacht hatte ich das erste Mal mit Harry geschlafen.
Alleine die Erinnerung daran, ließ meinen Puls rasen.
„Wir sollten bloß Freunde sein fürs Erste Hazz.", sagte ich mit rauer Stimme.
Er stand viel zu dicht vor mir. Die Türschnalle bohrte sich in meinen Rücken.
„Bloß Freunde.", wiederholte er leise.
Im nächsten Moment hatte er mich gepackt und küsste mich. Wir stolperten in mein Zimmer und er ließ das Schloss knacken, als er den Schlüssel im Schloss drehte.
„Das bedeutet nichts. Wir sind erstmals bloß Freunde.", murmelte ich, als ich ihm sein Shirt über den Kopf zog.
„Bloß Freunde.", wiederhole er grinsend und warf mich aufs Bett, „Sehr sehr gute Freunde."

Lost and found ( lost doesn't mean alone Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt