THAILAND - 3

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Ich kam wieder zu Sinnen, als sich die kalte Türschnalle in meinen Rücken bohrte. Meine Beine waren um Nialls Mitte geschlungen und meine Hände waren in seinen Haaren vergraben. Sein nackter Oberkörper presste mich gegen die Tür und seine Lippen wanderten gerade mein Schlüsselbein entlang. Was zur Hölle tat ich da? Und seit wann zur Hölle war Niall so heiß und männlich und stark? Und WAS ZUR HÖLLE TAT ICH DA?
„Ni...", krächzte ich leise.
Er hob seinen Blick zu mir und ließ mich los, als er meinen gequälten Gesichtsausdruck sah.
„Ich wollte doch eigentlich duschen gehen.", sagte ich verlegen und richtete mein Shirt zurecht.
„Mach das.", sagte er sanft, strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und ließ mich allein mit dem Chaos in meiner Brust zurück.
Das kalte Wasser tat gut auf meiner aufgeheizten und staubigen Haut. Thailand war unglaublich warm und schwül, doch irgendwie glaubte ich, dass die Hitze in mir eher etwas mit einem gewissen blonden Iren zu tun hatte. Ich hatte ihn noch nie so erlebt. Seine starken Arme, die mich mit einer Leichtigkeit in die Luft gehoben hatten, seine Wange, die rau von Bartstoppeln war, die sich an meiner rieb. Seine Lippen die fordernd und bestimmt meine nackte Haut erkundeten. Wo war der schüchterne, kindliche und verrückte Niall hinverschwunden? Wann hatte er sich zu einem echten Mann verwandelt? Und wieso wurde mir beim Gedanken an ihn schon wieder heiß? Ich musste Mel anrufen.
Als ich mich abgetrocknet hatte, wickelte ich mich in das große Handtuch, das Niall mir gebracht hatte und tapste in mein Zimmer. Ich würde morgen auspacken, beschloss ich und ließ mich auf die samtige Bettdecke fallen.
Es war bereits zwei Uhr morgens in London, Mel hob verschlafen ab und brummte wenig freundlich: „Ich will nicht hören dass du im Paradies bist und ich will nicht hören, dass Harry es dir gerade im Pool besorgt hat und du jetzt auf einem Elefanten reitest und Babyaffen streichelst.".
„Ich hatte gerade Trockensex mit Niall.", hauchte ich.
Stille.
„Definiere Trockensex.".
Ich erzählte ihr was passiert war und sie kicherte.
„Liam hatte Recht.", seufzte sie.
„Hä?", fragte ich nicht besonders damenhaft nach.
„Er kennt euch alle besser als denkt.", sagte sie mysteriös und kicherte wieder.
„Mel. Spuck es aus.", knurrte ich.
„Nein. Ich darf nichts verraten, aber ich persönlich würde mich auf Niall einlassen. Nur so kannst du wissen, ob du Harry oder ihn willst. Du ziehst dich dauernd zurück und behauptest Nialler wäre bloß ein Freund, aber trotzdem knutscht ihr und werft euch diese Blicke zu und außerdem ist es einfach nur fies, ihn so warm zu halten. Harry muss ja nichts davon wissen, so lange du dir nicht sicher bist. Ich würde mich zwar nicht zu sehr austoben, aber tu das, was dir dein Herz sagt Süße!".
„Rätst du mir gerade mit Niall rumzumachen?", fragte ich perplex nach.
„Oder mit Harry, oder mit dem Poolboy oder mit Paul, wie du willst.", lachte sie aufgedreht.
Ich kicherte ebenfalls und wir begannen über die Anlage und das Essen zu reden, bis sie mich irgendwann anschnauzte, dass es mitten in der Nacht sei und sie weiterschlafen müsse.
Das leise Surren der Klimaanlage und der weiche Stoff unter meiner nackten Haut machten mich irgendwie müde und ich schloss die Augen. Sofort hatte ich wieder das Bild von mir und Niall vor Augen. Ich schmeckte seine Lippen auf meinen und spürte seine Fingerkuppen, die vom Gitarre Spielen aufgeraut waren, über meinen Rücken wandern. Sein heißer Atem auf meinem Hals und der Geruch von Zucker und Minze, der ihn ständig umgab, in meiner Nase. Keine Ahnung wie er schaffte, dass er dauernd wie eine Bonbonpackung roch und gleichzeitig wie ein Mann. Meine Gedanken drifteten jedoch ab, als ich plözlich nicht mehr Nialls Duft, sondern die schwere Mischung aus Jasmin und Aftershave in der Nase hatte, die ich mindestens genauso liebte. Harry. Einem von beiden würde ich verletzen müssen. Doch ich hatte keine Ahnung wen es treffen würde. Sollte ich Mels Rat befolgen und versuchen mich mit beiden einzulassen? Sollte ich wirklich Spielchen treiben und in Kauf nehmen, dass einer der beiden ein gebrochenes Herz hatte? Doch wie sollte ich es anders lösen? Sie hatten mich in die Enge getrieben, ich musste mich irgendwann entscheiden und anders würde ich nie wissen, was ich wirklich wollte. Die Frage war nur, wie weit konnte ich gehen und sollte ich den beiden vielleicht nicht doch erzählen, dass ich beiden die Chance geben würde? Mir fiel dazu nur eine Person mit der ich das besprechen konnte.
„Nein, ich gebe dir nichts von den Keksen ab! Das sind meine Niall!", rief Zayn, als ich an seine Tür klopfte.
Ich kicherte und öffnete sie einfach. Er lag auf seinem Bett mit seinem Laptop vor sich und blinzelte mich verwirrt an.
„Sorry Elli. Ich dachte du wärst die Fressmaschine.", murmelte er und beobachtete mich, wie ich mich unsicher zu ihm auf das Bett setzte.
„Was ist los?", fragten wir beide gleichzeitig und lachten daraufhin.
Ich sah ihn ernst an und schüttelte den Kopf: „Du zuerst."
Er seufzte schwer und schob mir den PC zu.
„Perrie ist überfällig seit einer Woche. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie ist das schon wieder durchgesickert und es braut sich gerade ein unglaublicher Shitstorm zusammen. Ich fliege nach den nächsten beiden Konzerten nach London um mich mit ihr und dem Management zu treffen.", sagte er leise.
Armer Zayn. Wenn es um Perrie ging war er noch sensibler als sonst, sie war sein Ein und Alles.
„Was macht ihr wenn sie schwanger ist?", fragte ich leise nach.
Er seufzte schwer und lächelte mich traurig an.
„Einerseits würde ich mich wirklich freuen. Ein Kind wäre toll. Ich liebe Pez. Ich will mein restliches Leben mi ihr verbringen, wir heiraten, wir wollten beide eine Familie. Aber es wäre mir lieber, wenn ich mir erst in ein paar Jahren Gedanken machen müsste. Ich habe es ja noch nicht einmal vollständig geschafft, aus dem Haus der Jungs auszuziehen, wie soll ich dann die Band verlassen um ein guter Vater zu sein?"
„Die Band verlassen?"; japste ich fassungslos und riss die Augen auf.
„Natürlich! Wie soll ich mich denn sonst um das Kind kümmern?", fragte er und lachte verbittert auf.
„Zayn... Du kannst doch nicht alles hinschmeißen!", sagte ich ruhig.
„Das erste One Direction Baby das auf die Weltt kommt, wird es aber nicht leicht haben Ella. Sie werden sich das Maul zerreißen, ob ich überhaupt der Vater bin, Paparazzi werden uns belagern, das kleine Wesen wird bereits im Mittelpunkt stehen, bevor es überhaupt  genau weiß, wer es ist. So etwas will ich meinem Kind nicht antun. Ich will dass es aufwächst wie seine Eltern. Behütet und normal.".
„Das wird es nie können Zaynie.", seufzte ich, „Selbst wenn du die Band verläss. Du und Perrie seid Weltstars. Euer Kind kann nicht in einer kleinen Wohnung in Bradford aufwachsen, so wie du. Es wird die Welt sehen, es wird Chancen haben, von denen jeder andere nur träumen kann und es wird gar nichts anderes kennen, als dass es von Leuten verehrt wird, ohne dass es etwas getan hat, da es von Anfang an so sein wird. Du kannst nicht zurück Zayn. Niemand von uns kann das. Aber das wusstest du doch, als du damals bei XFactor auf der Bühne gestanden bist und Let me love you gesungen hast!".
Er musterte mein Gesicht schweigend, seine Brauen waren zusammengezogen und er kaute auf seiner Unterlippe.
„Du hast dir also unsere Auditions angesehen?", fragte er plötzlich grinsend und ich verdrehte die Augen.
„Ja und sie waren unglaublich beschissen!", neckte ich ihn.
Er seufzte und zog mich an sich. „Ich bin froh dass ich dich habe Ella.", murmelte er, „Ich werde über deine Worte nachdenken.".
Ich nickte bloß und tätschelte ihm seinen Kopf.
„Über was wolltest du sprechen?", fragte er leise.
Ich versteifte mich. Ich konnte ihn jetzt wirklich nicht mit meinen Problemen belästigen. Das hatte Zeit. Zayn hatte schlimmere Probleme als ich.
„Nichts, ich wollte bloß quatschen.", log ich also und mied seinen Blick.
Nachdem ich mir eine Stunde lang Tourgeschichten angehört hatte, ließ ich ihn alleine und trottete hundemüde zurück in mein Zimmer um zu schlafen.
Als ich mich müde auf mein Bett fallen ließ, klopfte es jedoch zögerlich an der Glastüre, die zu der kleinen Terrasse führte, die jeder von uns vor seinem Zimmer hatte.
Verwirrt zog ich den Vorhang beiseite und öffnete sie. Hitze strömte mir entgegen und ich sah überrascht in Nialls Augen.
„Darf ich reinkommen?", flüsterte er und grinste mich schief an.
Ich nickte stumm und trat beiseite um den Weg frei zu machen.
Er blieb unschlüssig im Raum stehen und pflückte sich ein paar Trauben aus dem Obstkorb, der auf dem Tisch stand.
„Was willst du Niall?", fragte ich leise, „Ich bin hundemüde.".
Er drehte sich zu mir und musterte mich eingehend. „Was willst du Ella?", fragte er zurück.
Ich erstarrte und sah ihn mit großen Augen an.
„Du weißt es nicht, oder? Du bist hin und hergerissen, aber du willst dich nicht entscheiden, oder?", seine Stimme hatte einen rauen Unterton den ich nicht deuten konnte. Ich nickte  niedergeschlagen und wollte gerade ansetzen um mich für mein Benehmen zu entschuldigen, als er mir zuvorkam. Er kam langsam auf mich zu und sagte selbstsicher: „Ich weiß was ich will. Und ich werde kämpfen, bis du dir wirklich sicher bist. Es mag sein das ich egoistisch bin und deine Schwäche ausnutze, aber Harry tut dasselbe. Ich bin nicht mehr der brave kleine irische Vollidiot, der allen alles recht machen will. Jetzt bin ich dran. Ich bin fucking Niall James Horan und nur weil Mr. Harold Styles nicht weiß wie man sein Mädchen behandelt, werde ich nicht tatenlos zusehen.".
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich musste aussehen wie der letzte Vollidiot.
Doch Niall schien es nicht zu bemerken. Er kam einfach weiter immer näher auf mich zu.
„Niall..", flüsterte ich panisch und ging einen Schritt zurück.
Doch er stand bereits vor mir. Mein Atem ging flach und schnell, ich stand da, überrumpelt wie ein Reh im Scheinwerferlicht und starrte in diese blauen magischen Augen. Seine Brust hob und senkte sich ebenso stoßweise, seine Wangen waren gerötet und seine Pupillen waren riesig.
„Eigentlich wollte ich dir bloß Gute Nacht wünschen.", murmelte er und nahm mein Gesicht in seine Hände um mich zu küssen.
Seine Rede und die Art wie er mich hielt, lösten etwas in mir aus, wovon ich keine Ahnung hatte, dass es außer bei Harry, möglich war. Ein Feuerwerk. In meinem Bauch. Auf meinen Lippen. Dort wo seine Hände meine Haut berührten. Dieser Kuss war anders. Dieser Niall war anders. Und dieses anders war gut.
 

Lost and found ( lost doesn't mean alone Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt