CONNECTIONS

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Ich raffte mein Kleid hoch und stahl mich nach oben auf einen der kleinen Balkone um zu rauchen.
Meine Hände zitterten, als ich die Zigarette anzündete und ich verkniff mir so gut es ging die Tränen. Was war nur los mit Harry? Zuerst war er so bemüht und so charmant und dann lies er mich einfach mitten auf der Tanzfläche stehen? Ich wurde nicht schlau aus ihm.
Ich lehnte mich über das Geländer und blickte hinunter auf die Straße. Passanten zogen vorbei, Taxis fuhren vor um Gäste abzuholen und abzusetzen. Kein Stillstand. Alles war in Bewegung. Bis auf diesen einen Mann in seinem schwarzen Regenmantel. Er stand einfach mitten in der Masse und bewegte sich nicht.
Ich fühlte mich wie er. Alle um mich bewegten sich und veränderten sich, nur ich schlug mich immer mit den gleichen Dramen herum. Ich blieb stehen, immer mit den selben Problemen und den selben Menschen.
Ich war der Stillstand.
Am liebsten wäre ich hinuntergegangen und hätte mich zu dem Mann gestellt. Jemanden zum Stillstehen, zum nicht alleine sein.
Ich zog an meiner Zigarette und lächelte hinunter, als er den Kopf hob.
Ich schrie auf und ließ meine Zigarette fallen.

Es war Chace.

Ich klammerte mich am Geländer fest und starrte ihn ungläubig an. Ich begann langsamer zu atmen. So wie Dr. Treylanie es mir gezeigt hatte. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Doch er verschwand nicht. Er war es, ich war mir sicher. Aber wie?
Wir starrten uns noch immer an. Plötzlich zuckten seine Mundwinkel und seine Zungenspitze leckte über seine Lippen. Irgendetwas an diesem Bild verstörte mich.
Da ging die Tür am Nebenbalkon plötzlich auf. Mein Blick huschte hinüber und ich erkannte Harry und Ed. Ich sprang einen Schritt zurück und drückte mich in die Tür.
Chace war wieder verschwunden.

„Also? Wie läuft es?", hörte ich Ed fragen.
„Ich werde mit einer meiner alten Maschen ankommen müssen, denke ich.", seufzte Harry.
„Mit welcher?", lachte Ed.
„Ich habe sie vorhin auf der Tanzfläche stehen lassen.", antwortete Harry trocken.
Ich hörte Ed nach Luft schnappen: „Bist du irre? Das ist Ella. Das kannst du doch nicht mit deiner Exfreundin machen!".
Es war wirklich seltsam das Wort Exfreundin zu hören, auch wenn es mittlerweile seit einem halben Jahr zutraf.
„Ed. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Harry Styles kann sich doch nicht nachreden lassen, dass er ein Mädchen nicht bekommt.", er lachte nervös.
Ich hatte genug gehört. Ich verließ den Balkon, stürmte hinunter und suchte Niall.
Ich fand jedoch nur Liam, der mich aufgelöst fragte, wo Mel sei. Doch ich hatte gerade wirklich keinen Geist mir Liams und Mels Beziehungskrise anzuhören.
Alles was ich wollte, war Harry eins auszuwischen. Was glaubte er denn wer er war? War ich sein Spielzeug? Waren wir wirklich wieder auf diesem Level angekommen?
Ich würde ihm zeigen, wie weit er mit seiner beschissenen Machotour kommen würde.
Louis stand an der Bar, neben Gemma. Ich stellte mich zu den beiden und bestellte mir Tequilla. Sie sahen mich verwirrt an, doch ich ignorierte sie und kippte den Shot hinunter.
„Ella, glaubst du wirklich, dass sich harter Alkohol gut mit den Tabletten verträgt?", fragte Louis leise.
Ich ignorierte ihn und bestellte noch einen.
Da hörte ich sein Lachen. Harry kam mit Ed zurück.
Ich wirbelte herum und sah Niall hinter ihm.
Zielstrebig ging ich auf die Jungs zu. Ich fixierte Harry und setzte mein bestes Lächeln auf. Er blieb überrascht stehen und zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch.
Als ich knapp vor ihm war, schwenkte ich jedoch nach links, ging um ihn herum, zog Niall an seiner Krawatte zu mir und küsste ihn.
Er stand einen Moment erstarrt da und rührte sich nicht, als ihm bewusst wurde, was passierte, schlang er plötzlich seine Arme um meine Mitte und drückte mich an sich.
Ich vergrub meine Finger in seinen Haaren und presste mich an ihn.
Er löste sich nach ein paar Minuten sanft von mir und sah mich halb lächelnd, halb verwirrt an.
„Ella.", hauchte er bloß und blickte zwischen mir und Harry, der erstarrt neben uns stand, hin und her.
Ich grinste Niall an und verschränkte meine Finger mit seinen. „Fahren wir nach Hause?", flüsterte ich so laut, dass Harry es hörte. Er schnaubte und stürmte davon.
Niall legte seine Stirn in Falten und seinen Kopf schief.
„Ariella.", sagte er streng, „Du bist betrunken, oder?".
Ich nickte zögerlich.
Er seufzte: „Ich habe gesehen, wie Harry dich stehen gelassen hat. Was soll das?".
Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe und blickte zu Boden. Ich war ein Arschloch. Niall zu küssen, nur um Harry eins auszuwischen, war wirklich nicht die feine englische Art.
„Ach Ella.", seufzte er abermals, „Ich glaube du brauchst mich heute eher als deinen besten Freund. Komm, setzen wir uns und du trinkst ein bisschen Wasser.".
Ich blickte hoch und musterte Nialls Gesicht eingehend. Seine großen blauen Augen sahen mich besorgt an. Er hatte seinen Hundeblick aufgesetzt, mit dem er mich früher immer angesehen hatte, keine rosa Herzchen, keine Niedergeschlagenheit und keine unterschwelligen Botschaften, lagen in seinem Gesichtsausdruck, es war bloß Niall, mein kleiner süßer blonder Ire, mein bester Freund, stetiger Begleiter und Beschützer.
Ich schluckte schwer, blinzelte, um das Brennen in meinen Augen zu unterdrücken und folgte ihm.
„Was ist denn passiert?", fragte er leise und legte behutsam seine Hand auf mein Knie, als er sich zu mir beugte.
Ich berichtete ihm stockend, was ich am Balkon mitgehört hatte. Seine Miene versteinerte und er schüttelte bloß den Kopf.
„Er ist verzweifelt Ella. Er liebt dich.", murmelte er leise.
Ich sah ihn verblüfft an. „Du verteidigst ihn?".
Er stöhnte genervt auf: „Nein! Aber ich kann ihn verstehen. Ich verteidige hier niemanden. Ich verstehe dich, ich verstehe ihn und ich will mich nicht unbedingt in euer Drama einmischen.".
Es war ein Stich mitten ins Herz.
„Es tut mir so leid Ni...", hauchte ich niedergeschlagen, „Es ist unfair von mir, mich so zu verhalten, ich vergesse nur so oft, dass du...dass du...", ich stockte.
„Ella...", er richtete sich auf und sah mich ernst an, „Ich liebe dich, aber ich liebe dich so, wie ich dich bekommen, als kleine Schwester, als beste Freundin und als Harrys Freundin. Ich habe eingesehen, dass du und ich einfach nicht zusammenpassen. Das funktioniert nicht. Du liebst Harry, sieh das endlich ein. Lass den Quatsch mit Dougie, lass die Spielchen mit mir, klär das mit Harry und sieh endlich ein, dass er dein Herz erobert hat, seit dem Moment, als wir vor deiner Tür standen. Ich hab's aufgegeben. Ich wollte dich zum Ball einladen, weil ich mir gedacht habe, dass du nicht weißt, mit wem du hingehen sollst, ohne Hintergedanken. Irgendetwas an Dougie stimmt nicht, denke ich, er verheimlicht irgendwas...".
Mir fiel ein Stein in der Größe des Mount Everest vom Herzen. Ich beugte mich zu ihm und umarmte ihn.
„Ich hab' dich vermisst Nialler.", nuschelte ich in seine Halsbeuge. Ich spürte, wie sein Oberkörüer vibrierte und genoss den Klang seines Lachens, als er mir den Rücken tätschelte.
„Tanzt du mit mir?", fragte er sanft, ich nickte heftig und er zog mich hoch.
Der Abend wurde noch überraschend lustig. Harry war zwar gegangen, doch Louis, der umschwärmt wurde von den beiden deutschen Mädchen und die anderen waren alle noch da.
Lara und Maggy sahen bezaubernd aus.
Lara trug ein weißes Kleid aus Taft, der Rock fiel in Stufen an ihr herab und betonte ihre dunkle Hautfarbe und ihre dunklen Haare wunderschön. Maggy war sehr elegant angezogen. Ihr Kleid war pastellblau und versehen mit Strasssteinen, breite Träger zierten ihre schmalen Schultern und ihre Augen leuchteten, da Louis sich hingebungsvoll um sie und ihre Schwester kümmerte.
Gegen zwei Uhr kam Liam wieder zu uns an den Tisch, ich hatte durch das ganze Drama und den Alkohol komplett vergessen, dass er mich nach Mel gefragt hatte.
Er sah völlig aufgelöst aus.
„Li, was ist los?", fragte Niall und sah ihn verwirrt an.
„Mel ist verschwunden. Sie wollte nur kurz nach draußen, um zu telefonieren und jetzt ist sie verschwunden und hebt nicht mehr ab. Ich suche sie schon seit 2 Stunden.".
Ruckartig sprang ich auf. Das war kein Beziehungsdrama.

Das war Jason.

Lost and found ( lost doesn't mean alone Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt