SOUTHAFRICAN FAILINGS

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Ich schrie erschrocken auf und schlug mir die Hand vors Gesicht. Er stand einfach da und grinste hämisch. Wie ein Mahnmal, der Tod, oder ein wirklich schlechter Alptraum.
Plötzlich wurde die Tür hinter mir geöffnet und Niall trat zu mir auf die kleine terrassenähnliche Plattform.
„Ist alles ok?", fragte er und musterte mich mit hochgezogenen Brauen, „Du siehst aus, als ob du ein Gespenst gesehen hast!".
Mein Blick huschte zurück zur Straße, doch Chace war wieder verschwunden.
Verwirrt sah ich zwischen dem Zaun und Niall hin und her.
„Habe ich auch.", hauchte ich bloß und zündete mir mit zitternden Fingern eine zweite Zigarette an.
Er beobachtete mich weiterhin skeptisch.
„Ella, geht es dir gut?", fragte er leise und setzte sich neben mich.
Ich seufzte laut und massierte mir die Stelle zwischen den Augen.
„Keine Ahnung, manchmal denke ich einfach, dass ich verrückt werde.", murmelte ich.
Ich spürte, wie er seinen Arm um mich legte und meinen Kopf an seine Brust zog.
Die Tränen machten sich selbstständig und plötzlich lag ich in seinen Armen und schluchzte leise vor mich hin. Er saß einfach  nur da und strich mir behutsam über den Kopf.
Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, meinte er bloß: „Komm, ich bring' dich nach Hause.".
Ich ließ mich von ihm mitziehen. Die anderen waren viel zu sehr mit Feiern beschäftigt, als dass sie uns bemerkt hätten. Die Fahrt zum Hotel war nur kurz, doch ich fühlte mich so schwach und müde, dass ich wohl eingeschlafen war, denn als ich die Augen öffnete, trug Niall mich bereits durch die Hotellobby.
Ich schlang meine Arme um sein Genick und drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge.
Er hielt mich die ganze Zeit fest. Ich schloss die Augen wieder und versuchte nicht an Chace und Perrie zu denken.
Ich hörte, wie er die Zimmertüre mit seiner Karte öffnete, hörte seine Füße dumpf auf dem Teppichboden und spürte die weiche Unterlage, als er mich auf dem Bett absetzte.
Er hatte mich mit in sein Zimmer genommen. Ich kickte meine Schuhe von den Füßen und rollte mich in dem Sommerkleid, dass ich trug, zusammen.
Ich hörte ihn, wie er den Schrank öffnete und blickte auf, als sein Schatten auf mich fiel.
„Hier.", sagte er verlegen und reichte mir eines seiner Shirts.
Ich hätte auch einfach in mein Zimmer gehen können, doch ich hatte irgendwie Angst davor, allein zu schlafen. Ich zweifelte wirklich an meinem Verstand. Ich hatte ihn so klar und deutlich vor mir gesehen. Doch es gab schon wieder keine logische Erklärung, wie er hier sein konnte. Ich wollte es Niall nicht erzählen, die Jungs hatten mir doch beim letzten Mal schon nicht geglaubt.
Wurde ich verrückt? Konnte man ein halbes Jahr später noch eine posttraumatische Störung bekommen?
Ich ließ mich von ihm hochziehen und zog mir mein Kleid über den Kopf. Ich hörte, wie er nach Luft schnappte und blickte zu ihm auf. Seine Augen hingen an meinem Körper wie zwei Magnete.
Als er bemerkte, dass ich ihn ansah, wand er mit geröteten Wangen seinen Blick hastig ab. Er wirkte plötzlich so gequält, so zerrissen und so gefangen in seinen Gefühlen, dass sich meine Finger selbstständig machten. Ich trat einen Schritt auf ihn zu und blickte ihn eindringlich an. Er hob seinen Kopf und sein Mund öffnete sich leicht, als ich meinen BH fallen ließ.
„Ella.", hauchte er bloß, doch im nächsten Moment, küsste er mich bereits.
Er hatte mich gerettet, wieder einmal und nun war es für mich an der Zeit ihn zu retten.

Die Stille die sich zwischen uns ausbreitete, als ich meinen Kopf zum Schlafen auf seine Brust bettete, war nicht unangenehm. Wir lagen eine Weile einfach nur da und lauschten unserem Atem der schnell und stockend ging.
„Das war...", setzte er an.
„Gut.", sagte ich leise lachend.
Er schlang seinen Arm fest um meine Mitte und küsste mich aufs Haar, „Mehr als nur gut!", antwortete er lachend.
Ich schlief zufrieden mit dem Geruch von Zuckerwatte und Baumwolle ein.

Ein Klopfen an der Tür ließ mich hochfahren. Verwirrt blinzelte ich und suchte nach Niall, der noch immer tief und fest schlief. Ich sprang leise aus dem Bett, zog mir hastig sein Shirt über und torkelte schlaftrunken zur Tür der Sweet.
Ich öffnete sie einen Spalt und hätte sie am liebsten gleich wieder zugeschlagen. Vor der Tür stand Harry. Er starrte mich mit offenem Mund an und ich musste wohl ebenso erschrocken zurückstarren.
Er musterte mich eingehend von oben bis unten. Ich stand da, nur mit Nialls POISON Shirt bekleidet. Ohne Unterwäsche. Das Shirt ging mir nur bis knapp zur Mitte des Oberschenkels, meine Haare mussten furchtbar verwuschelt sein und mein Gesichtsausdruck musste Bände sprechen.
Er schnappte bloß nach Luft und drehte sich um.
„Harry!", rief ich ihm nach, doch er blieb nicht stehen.
Ich rannte hinaus auf den Gang und rief wieder nach ihm.
„Was willst du Ariella?", knurrte er und drehte sich zu mir, ohne mir in die Augen zu sehen.
„Ich..", setzte ich an, doch er unterbrach mich.
„Du hast ihn gewählt, mir war klar, dass der Tag irgendwann kommen würde. Lass mich bitte einfach in Ruhe.".
Er ging weiter und ich blieb stehen. Ganz allein im Gang des Hotels. Verlassen, einsam und mit dem schlechtesten Gewissen ever.
Ich schlich zurück in Nialls Zimmer, schnappte mir meine Sachen und rannte in meine eigene Sweet, wo ich mich einsperren würde, bis mich hier alle vergessen hatten.

Lost and found ( lost doesn't mean alone Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt