Forever Collide 3

Kapitel 212 - Part Hoffnung

Jetzt ist mal wieder Raven dran.

Raven

„Und du bist dir sicher, dass er nicht da ist?", fragt Zayn, als wir vor der Tür von Harrys Apartment stehen.

„Ich bin mir sicher. Er sollte schon seit zwei Stunden auf der Arbeit sein", versichere ich ihm und schließe die Tür auf.

Sofort kommt mir dieser wohlige Geruch von Zuhause entgegen und Erinnerungen, die ich eigentlich verdrängen möchte.

„Okay", sage ich und versuche meine Trauer zu überdecken. „Wir holen einfach meinen Pass und dann verschwinden wir wieder. Ich will hier nicht lange bleiben."

„Verstanden."

Zayn folgt mir die Treppen hoch und wir betreten unser ... Harrys Schlafzimmer. Ich muss den Kloß runterschlucken, als ich auf das Bett sehe. Es sieht noch genauso aus, wie ich es verlassen habe. Er scheint nicht drin geschlafen zu haben. Wahrscheinlich war er bei Angie, hatte seinen Spaß.

Ich gehe zu einer Schublade neben dem Nachtschränkchen und ziehe meinen Pass und Personalausweis raus. Das wird das letzte Mal sein, wo ich in dieser Wohnung sein werde. Ich hoffe, dass es das letzte Mal sein wird.

„Zieht Harry auch aus?", fragt Zayn, als ich gerade die Schublade schließe.

Ich runzle die Stirn. „Wie kommst du darauf?"

„Na, hier steht eine gepackte Tasche." Er zeigt auf eine große Sporttasche neben dem Bett.

Verwirrt gehe ich um das Bett rum und tatsächlich liegt dort seine Tasche, vollgepackt bis oben hin. „Ich weiß es nicht ...", sage ich. „Vielleicht sucht er sich eine neue Wohnung. Wer weiß das schon. Soll er doch machen." Ich verlasse das Schlafzimmer und versuche mir die nächsten Tränen zu unterdrücken.

Diese ganze Situation lässt mich einfach nicht los. Und jetzt hier in seinem Apartment zu sein, macht alles nur schlimmer. Es sieht hier alles nach ihm aus.

„Vielleicht geht er ja wieder nach England." Zayn folgt mir ins Wohnzimmer.

„Wieso sollte er das tun? Er hat hier alles in Amerika, was er wollte."

„Vielleicht weil er dich liebt und nicht damit klarkommt, dass du ihn verlassen hast und das Land zu verlassen die einzige Möglichkeit für ihn ist auch nur einen Hauch einer Chance zu haben, über die Trennung hinweg zu kommen?"

Ich sehe ihn an und lege den Wohnungsschlüssel auf ein Regal neben der Tür. Ich brauche ihn jetzt nicht mehr. „Hör auf so was zu sagen. Er hat mich betrogen, nicht ich ihn. Ich bin diejenige, die am meisten verletzt wurde."

„Oder – Au!"

Ich drehe mich zu Zayn um, als ich gerade die Tür öffnen wollte. „Was?"

„Das." Er deutet auf einen halbgeöffneten, halbzerstörten Karton auf dem Boden, über den er wohl gestolpert ist.

Ich runzle die Stirn. Das lag gestern definitiv noch nicht hier. „Was ist das?"

„Guck doch rein."

„Ich kann doch nicht einfach ... Das geht doch nicht."

Er verdreht die Augen. „Guck einfach rein. Wenn es wichtig gewesen wäre, hätte er es nicht einfach umhergefeuert."

Ich schlucke nachdenklich und starre auf den dunkelbraunen Karton. „Vielleicht mal ganz kurz", sage ich leise und knie mich zu der Kiste.

Neugierig hebe ich sie auf das Regal. Es ist auf jeden Fall an Harry adressiert, doch den Ort, wo er es bestellt hat, kann ich nicht erkennen, weil der Deckel zerrissen ist.

„Los", hetzt Zayn leise und beäugt neugierig die Kiste.

Vorsichtig öffne ich die erste aufgerissene Hälfte des Deckels, dann die andere. Ein Wirr Warr von Styropor und Papierschnipseln kommt uns entgegen. Es muss wohl was wertvolles sein, wenn es so eingepackt ist. Ich greife in den Haufen von Papier und wühle ein wenig darin rum, dann bekomme ich etwas zu fassen. Es fühlt sich hart und kantig an.

Aufgeregt ziehe ich es heraus.

Mein Herz erleidet einen kurzen Stillstand.

Mit aufgerissenen Augen betrachte ich das Buch in meinen Händen. Habe das Gefühl, ich verliere jeden Moment das Bewusstsein.

„Was ist das?", fragt Zayn und nimmt es mir aus der Hand.

„Sei", sage ich leise mit heiserer Stimme. „Sei bitte vorsichtig."

Er sieht mich kurz argwöhnisch an und dreht dann das Buch in seinen Händen. „Partie Espoir", liest er den Titel und öffnet es. „Das sieht scheiße historisch aus. Was zur Hölle ist das?"

Ich starre auf den Karton vor mir, kann die Situation gerade nicht verstehen.

Harry hat mir mein Lieblingsbuch aus der Mula gekauft. Partie Espoir lll. Es ist so gut wie unmöglich dort ein Buch zu kaufen, es sei denn ... Es sei denn du bezahlst ein Haufen an Geld.

Partie Espoir. Part Hoffnung.

Gibt es für Harry und mich noch Hoffnung?

Wortlos nehme ich es Zayn aus der Hand, lege es vorsichtig in meine, betrachte das Cover und den Bund ganz genau. Er hat es mir tatsächlich gekauft. Das ist bestimmt das Geburtstagsgeschenk, von dem er mir die ganze Zeit erzählt hat. Er meinte, es würde mich von den Socken hauen. Aber das haut mich nicht von den Socken, das bricht mir nur noch mehr das Herz.

Erst jetzt merke ich, dass eine Träne auf den braunen Bund tropft. Schnell wische ich sie mir weg und schniefe, atme aus. „D-Das ist mein Lieblingsbuch", erkläre ich Zayn mit gebrochener Stimme. Ich öffne die erste Seite und streiche über das Papier.

Er hat es mir tatsächlich gekauft.

Doch da sticht mir noch etwas ins Auge. Eine Eingravierung in der unteren Ecke des Covers.

Auf die Ewigkeit. H

Sofort beginne ich laut zu schluchzen und lasse das Buch wieder in den Karton fallen.

Zayn schnappt nach Luft und nimmt mich sofort in den Arm. „Süße, bitte nicht weinen", sagt er leise, streichelt mir liebevoll über den Kopf. „Lass uns einfach gehen, okay? Hier zu sein tut dir nicht gut."

„Z-Zayn, ich will das nicht mehr", weine ich leise in seinen Pullover. „Wieso muss ich ihn nur so sehr lieben? Und wieso muss er mir das noch jetzt antun?"

„Ich kann dir nur tausend Mal sagen, dass er dich auch liebt. Es ist ganz allein deine Entscheidung, was du tust. Du könntest auch hier bleiben und warten bis er wieder kommt. Du könntest ihm verzeihen und wieder normal mit ihm zusammen sein."

Ich schüttle langsam den Kopf. „Ich – Ich kann nicht."

„Ich wollte es dir nur sagen", meint er ruhig und lässt mich los, streicht mir die Tränen von den Wangen. „Wir gehen, ja?"

Ich nicke nur schniefend, wende mich wieder an den Karton. Ich schließe ihn voller Trauer und Sehnsucht und lege ihn so hin, wie er lag, bevor wir gekommen sind.

Zayn nimmt mich lächelnd an der Hand und öffnet die Tür.

Ein letztes Mal blicke ich in das Apartment, rieche an dem schönen Duft von ihm, schließe dann die Tür hinter mir.