Kapitel 268 - Herausforderung angenommen

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Ravely

Harry öffnet die Haustür seines Elternhauses und wir betreten die warme Stube. Es überrascht mich, dass es hier so modern eingerichtet ist. Ich dachte immer, dass Anne zu der altmodischen Gattung gehört, doch es ist wirklich schön eingerichtet. Dunkle Möbel, helle Couchgarnitur, viele Bilder an den Wänden, die Wände in einem sanften Beigetönen gehalten.

„Sieht wirklich schön aus", sage ich und lasse meinen Blick durch das große Wohnzimmer schweifen. „So hatte ich mir das Haus in deiner Kindheit gar nicht vorgestellt."

Harry zieht sich hustend die Jacke aus. „Früher sah es hier noch anders aus. Ich habe Mum und Robin im Sommer eine Renovierung bezahlt."

Mit dem Blick noch neugierig auf die Wände mit den vielen Bildern, ziehe ich mir die Jacke aus und hänge sie an den Jackenständer. „Wusste ich gar nicht, dass du das gemacht hast."

„Damals kannten wir uns noch nicht so gut", erklärt Harry und geht in die Küche. „Ich glaube, das war eine Woche nachdem du nach London gekommen bist. Willst du auch einen Tee?"

„Ja, bitte", rufe ich zurück und gehe mit den Armen um meinen unterkühlten Oberkörper zu der Wand mit den Bildern. Über ein halbes Jahr ist es jetzt schon her, als ich nach London gekommen bin. Wahnsinn, wie viel ich in dieser Zeit alles erlebt habe. Mit oder ohne Harry. Tammy, Mum, New York, Danny, wieder New York, die Trennungen von Harry, so viele Dinge sind passiert in dieser Zeit. Zwischenzeitlich war ich mal jemand anders, ich war mal Raven. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich sie wieder sein kann. Raven war so unabhängig von vielem, hat einfach ... gelebt. Doch jetzt habe ich wieder mein Ziel im Blick und das ist das College. Jetzt bin ich wieder Ravely. Ich weiß nicht mal, ob ich Raven überhaupt wieder sein möchte.

„Hier", unterbricht Harry meine Gedanken und hält mir eine schwarze Tasse hin. „Meine Mum hat leider nur Früchtetee da."

Ich lächle dankend und nehme ihm die Tasse ab. Er wirkt immer noch sehr angespannt, das macht mich ein wenig nervös. Früher hätte ich ihn einfach geküsst, wenn ihn etwas belastet, aber heute ist es anders. Trotz der Nacht, die wir in New York verbracht haben, ist es einfach noch zu angespannt zwischen uns beiden.

Harry setzt sich seufzend auf die Couch und legt den Kopf zurück, schließt die Augen.

„Bist du müde?", frage ich ihn und setze mich ebenfalls auf die Couch, aber etwas weiter von ihm weg.

„Nein", meint er und sieht an die Decke. Etwas an seiner Stimme, macht mich traurig. Vielleicht, weil mir diese Situation einfach zu bekannt vorkommt. Schon damals, nachdem wir bei Pete waren und er Susans Wohnung zerstört hat, weil er betrunken war, war Harry so angespannt. Irgendwie habe ich nie wirklich darüber nachgedacht, wie sehr ihm diese Sache eigentlich zusetzt. Ich dachte immer, er könnte einfach damit klarkommen und dass es ein weiterer Aspekt ist in seinem Leben, der nicht gut ist, ihn dennoch nicht unglücklich macht, weil er Harry ist. Anscheinend habe ich mich geirrt. Kaum geht es wieder um seinen Vater, ist er so ... so wütend.

„Bist du wütend?", frage ich ihn vorsichtig.

„Ja, ich bin wütend."

Ich verziehe nachdenklich den Mund. Das ist eine klare Ansage. „Aber ... Deiner Mutter geht es gut. Das ist doch momentan die Hauptsache."

„Natürlich ist das die Hauptsache", sagt Harry und sieht mich an. „Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass mein Vater mal wieder alles versaut. Er hat es früher immer getan und er tut es heute noch."

„Ich wusste nie, dass dir die Sache mit Pete so nahe geht", traue ich mich zu sagen. Wieso bin ich so unsicher? Fast ängstlich? Hat er mich wirklich so sehr eingeschüchtert?

Forever Collide 3 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt