Kapitel 255 - Tamara Winfield vs. Walter Hemmings

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Ravely

Inkompetente Aneinanderreihung von geklauten Inhalten, Unkreativität auf niedrigstem Niveau, unverdiente Veröffentlichung, .... Schon seit einer Stunde lese ich diese beleidigenden Kommentare im Internet über mein Buch, beziehungsweise über Tamara Winfield. Es scheint einfach kein Ende zu nehmen und das ist das Schrecklichste bei der ganzen Sache. Ab und zu gibt es auch nette Worte über mich, doch die bösen Kommentare haben einfach einen größeren Effekt auf mich. Sie tun einfach weh. Ich habe mir so viel Mühe gemacht, wollte mir nur meinen Traum erfüllen und jetzt sitze ich an einem Samstagabend in meinem Wohnzimmer und lese mir diese schrecklichen Dinge durch. Ich habe doch keine Sekunde an Harrys Buch gedacht, als ich das geschrieben habe.

Wenn ich mir vorstelle, wie es wäre, wenn ich das Buch unter meinem richtigen Namen verkauft hätte, wäre die ganze Sache noch viel schlimmer. Denn dann würde sich niemand über Tamara Winfield lustig machen, sondern über mich, Ravely Green. Ich schlafe in den letzten Nächten grausam, durch diese ganze Sache. Ich dachte jetzt, nach Harrys Rechtsstreit könnte ich endlich wieder entspannter leben, doch es ist noch viel schlimmer. Ich fühle mich einfach krank und erschöpft. Wenn ich mal nicht arbeite oder im College bin, dann sitze ich Zuhause und lese mir diese Dinge durch. Ich kann es einfach nicht lassen.

Irgendwann komme ich an den Punkt, wo auch bei mir die Tränen fließen. Ich habe das Gefühl, dass die Arbeit in den letzten Monaten umsonst war. Dass niemand meine Seite der Als wir unendlich waren Geschichte verstehen möchte, auch wenn es nicht meine Absicht war aus Pepes Sicht zu schreiben. Ich fühle mich einfach allein gelassen.

„Okay, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht!", höre ich Zayns Stimme aus dem Flur meines Apartments und ich schrecke auf, wische mir schnell die Tränen weg. Er kommt ins Wohnzimmer und ich klappe meinen Laptop zu. „Wieso weinst du?", fragt er und sieht auf meinen Laptop.

Ich zucke nur mit den Achseln, ziehe die warme Decke enger um meinen Schultern.

„Du hast dir doch nicht schon wieder diese Scheiße im Internet durchgelesen oder?" Er zieht sich den Mantel aus und schmeißt ihn auf die Couch, als er sich neben mich setzt.

„Ist doch egal", sage ich mit heiserer Stimme. Erkältet bin ich auch. „Was hast du denn für gute und schlechte Nachrichten?"

Er sieht auf die Briefe in meiner Hand. „Ich habe mal deine Post durchgestöbert und –"

„Zayn", unterbreche ich ihn mahnend. „Hast du schon mal was von Briefgeheimnis gehört? Du kannst nicht jedes Mal einfach meine Post öffnen, wenn du zu mir kommst."

„Hast du was zu verheimlichen? Einen geheimen Brieffreund oder so?"

Perplex blinzle ich. „Ähm, nein, eigentlich nicht."

„Na also." Er entfaltet einen Brief. „Willst du erst die gute oder die schlechte Nachricht?"

Ich lehne mich zurück und schließe die Augen. „Die gute bitte."

„Okay, die gute Nachricht ist, dass du jetzt nicht mehr zum Briefkasten laufen musst, um deine Post zu holen!", grinst er mich breit an und versucht die Situation zu beschwichtigen. Anscheinend hat er nur irgendeinen Grund gesucht, die schlechte Nachricht auszugleichen.

Ich verdrehe die Augen. „Super."

Er seufzt und wendet sich an den Brief. „Kommen wir zu der schlechten Nachricht. Also zuerst musst du wissen, dass ich wirklich immer an deiner Seite stehe, egal was auf dich zukommt und ich unterstütze dich auch bei allem. Du musst nichts hier von alleine erleben, okay?"

Ich runzle die Stirn. „Okay?"

„Also ... Dieser Brief hier." – Er wedelt mit dem Papier umher – „Ist eine Klage."

Ich richte mich verwirrt auf. „Eine Klage? Gegen mich?"

„Nicht gegen dich, aber gegen Tamara Winfield."

„Was?" Perplex nehme ich ihm den Brief ab, überfliege die Zeilen, doch höre eher Zayn zu.

„Na ja, sagen wir es so ... Walter Hemmings klagt dich an, weil du ihn beklaut hast", meint Zayn schließlich und kratzt sich im Nacken.

Ich reiße die Augen auf und sehe ihn an. „Wie bitte?", frage ich mit kratzender Stimme. „Er klagt mich an?"

Zayn sieht mich nur mitleidig an und verzieht den Mund.

„Aber", sage ich leise und starre auf den Zettel vor mir. „Das bedeutet ja, wenn Walter Hemmings Tamara Winfield anklagt, dass ..."

Er nickt. „Jap. Die Klage kann nur von Harry kommen."

Total überfordert und entsetzt lehne ich mich gegen die Couchwand und sehe ins Leere. „Harry klagt mich an. Weil er denkt, Tamara Winfield hätte ihn bestohlen."

Weil Zayn zu sehen scheint, dass ich jeden Moment die Fassung verliere, sagt er schnell: „Aber sieh es nicht so eng. Vielleicht lässt er es dir ja durchgehen und es passiert nichts schlimmes, wenn er sieht, dass du es bist."

Ich sehe ihn an. „Zayn ... Das bedeutet, wir müssten aufeinander treffen."

Nach einer kurzen Denkpause, meint er: „Ja, wahrscheinlich schon."

„Das ist ein Desaster", offenbare ich endlich die ganze Situation. „Wenn er sieht, dass ich Tamara Winfield bin, dann hasst er mich noch mehr, weil er glaubt, ich bin so blöd und klaue ihm sein Buch!"

„Ach, das stimmt doch gar nicht. Wenn er dich deswegen anklagt, dann bedeutet das, dass er es gelesen hat und ich denke, dass er mehr über das Buch versteht, als sonst irgendein Außenstehender. Ich kann mir gut vorstellen, dass er die Klage dann fallen lässt."

„O, Gott", jammere ich und lehne meinen Kopf an Zayns Schulter. „Schlimmer kann es echt nicht werden. Vielleicht sollte ich einfach in ein anderes Land ziehen, nach Indien oder so, in den Buddhismus steigen und Karma die ganze Sache regeln lassen."

„Dann rasierst du dir noch 'ne Glatze und nimmst hundert Kilo zu, rauchst jeden Tag Weed und grinst dumm in der Gegend rum."

„Das wäre vielleicht das Beste." Erschöpft schließe ich die Augen.

„Oder du springst jetzt unter die Dusche, kommst mit mir und wir machen uns den Abend, den wir schon seit einer Ewigkeit geplant haben."

Ich schürze die Lippen. „Ich kann nicht ..."

„Was? Wieso?"

„Ich muss –"

„Nein, du musst nicht arbeiten!" Zayn steht auf und nimmt sich mein Handy vom Regal. „Ich ruf jetzt im Diner an und entschuldige dich. Du siehst komplett beschissen aus, du ruhst dich heute Mal aus. Die werden das schon verstehen."

Ich werfe mir die Decke von den Schultern und springe von der Couch. „Was? Du kannst doch nicht einfach –"

Doch Zayn hält sich schon das Handy ans Ohr. „Ja, hallo? Ich würde gerne mit Hedrig sprechen." Ich versuche ihm das Handy wegzunehmen, während er meine Arme immer wieder weghält. „Hi, Hedrig. Wie wär's denn mal? Würdest du Ravelys Schicht heute Abend übernehmen? Es geht ihr nicht gut, sie braucht unbedingt mal einen ruhigen Abend – Ja, klar – Das ist nett – Ich werde es ihr ausrichten – Danke! – Tschau!"

Ich starre ihn böse an und setze mich wieder mit verschränkten Armen auf die Couch. „Toll. Das waren jetzt vierzig Dollar."

„Vierzig Dollar hin oder her, dann machst du halt meine keine Kochchallenge, sondern ernährst dich von Billigessen." Zayn nimmt sich seinen Mantel und zieht ihn sich an. „Los, geh dich duschen, du müffelst. Fetz dich mal bitte richtig auf und dann kommst du zu mir. Heute Abend werden wir mal wieder Spaß haben, bis du die Klage vergessen hast."

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