1.Kapitel

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*2004*
|Leah| "Was kannst du eigentlich Leah? Hm WAS?! Ich fass das einfach nicht...was hat mich damals nur geritten, dich kleine Idiotin hier einzustellen?! Du kannst verdammt nochmal unglaublich froh sein, dass du hier nicht längst hochkant rausgeflogen bist, Mädel!" Es war wieder einer dieser Tage...Am liebsten hätte ich mir, wie ein kleines Kind, die Ohren zugehalten, die Augen zusammen gekniffen und Eds aggressives Erscheinungsbild, samt seiner rauen Stimme und den beißenden Alkoholgeruch, ausgeblendet. Mit jedem Schrei seinerseits, verlor ich ein Stückchen an Haltung, zog den Kopf immer weiter zwischen den Schultern zusammen und ließ die überaus demütigende Ansage meines Chefs, wie sooft, über mich ergehen. Wie sooft verzog ich mich in meine kleine Schutzblase, die allerdings Wände, wie aus Beton besaß. Wie sooft wurden diese mit jedem Wort dicker, undurchlässiger, ließen weniger von 'mir' da draußen existieren. Wie sooft. Etwa ein Jahr ließ ich das hier nun schon mit mir machen, denn so lange arbeitet ich bereits in Edvards schmierigem Pub, in der Innenstadt von Helsinki. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie oft ich, in meinen ersten Tagen, den Tränen nahe gewesen war, am liebsten schluchzend das Weite gesucht hätte...Aber ich brauchte den Kellnerjob. Das wusste Ed und das wusste ich. Deswegen die Blase. Deswegen das 'schrumpfende Ich'. Ed beugte sich plötzlich zu mir herunter und hauchte mir ins Ohr: "Der Laden wird gleich rappelvoll sein! Also sorg dafür, dass dein Gesicht ein Lächeln trägt, Puppe!" Mit einem ekelhaften Grinsen gekrönt, machte er sich schließlich aus dem Staub. Seine breite Statur verschwand im Hinterraum der Bar, wo er sich vermutlich, wie immer, an seinem eigenen Alkohol bediente... Ich seufzte auf und begann am Spülbecken meine Arbeit zu verrichten. Mein Blick war wie zumeist gesenkt, mein Kopf, mit den Gedanken ganz woanders. Ich hasste meinen Job und ich hasste Ed...so sehr! Aber ein Leben in Helsinki war nun mal teuer, als Studentin erst recht... Als ich vor etwas über einem Jahr entschieden hatte, von Deutschland nach Helsinki zu ziehen, um hier Fotografie zu studieren, hatte ich mir das Ganze anders vorgestellt. Mein Traum. Manchmal glaubte ich, er hätte mich schon seit einer Weile im Stich gelassen... "Ehm Entschuldigung...?" Eine ungewöhnlich tiefe Stimme ließ mich unwillkürlich zusammen zucken. Ehe ich mich versah, entglitt mir eines der Biergläser, aus den feuchten Fingern und schepperte zu Boden. Ein erschrockener Laut kam mir über die Lippen und ich riss den Kopf empor, zu der Person, die hinter dem Tresen stand. Der große Mann mit blondem, wuscheligem Haar, hatte sich ein wenig nach vorne gelehnt und sah mich etwas irritiert, aus klaren, blauen Augen an. "Sorry...ich wollte nicht...", setzte er an, doch, da hatte ich mich auch schon eilig herum gerissen. Himmel! Wenn Ed das sehen würde...dann war ich dran! Hastig sank ich auf die Knie und schnappte mir, mit zittrigen Fingern, ein Kehrblech, um die Scherben aufzusammeln. Der junge Mann reagierte ebenfalls schnell und kam um den Tresen herum, um mir offenbar zu helfen. "Tut mir echt leid! Aber das ist doch nur ein Glas...das sieht sicherlich keiner so streng...", versuchte er mich scheinbar zu besänftigen. Tja...da kannte er aber meinen Chef nicht! Ich ließ die Augen bloß für eine winzigen Moment zu ihm herüber schweifen, sodass sich unsere Blicke kurzzeitig trafen, sagte aber nichts. Das Malheur war fast beseitigt, als ich plötzlich, aus dem Augenwinkel vernahm, wie die Tür zum Hinterraum aufschwang. Augenblicklich versteifte sich mein ganzer Körper. Der Unbekannte und ich kamen im gleichen Moment wieder auf die Beine und schließlich direkt vor dem breitschultrigen Ed, zum Stehen. Die fast schwarzen, eiskalten Augen meines Chefs fixierten das Kehrblech in meinen schlotternden Händen, dann den Fremden zu meiner Linken und verharrten schließlich auf mir. "Was hast du schon wieder angestellt?", presste er kaum hörbar zwischen den Zähnen hervor. Wenn seine Stimme so bedrohlich leise wurde, war das noch viel schlimmer, als wenn er schrie! Das war bloß die Ruhe, vor dem Sturm, das hatte ich mit der Zeit gelernt und mehr als einmal, am eigenen Leibe zu spüren bekommen. "Es war nicht ihre Schuld! Ich hab...", setzte der Blonde, neben mir, an. Moment. Verteidigte er mich etwa gerade?! Dieses Gefühl war mir fremd. Völlig. Ed schnitt ihm knurrend das Wort ab: "Wer sind sie?" Seine Stimme klang angewidert und noch einen Hauch abschätziger als sonst, doch seltsamerweise ließ der Unbekannte sich davon überhaupt nicht beirren... ganz im Gegenteil, er setzte sogar ein höfliches Lächeln auf und streckte Ed seine Hand entgegen. "Ich bin Samu Haber und meine Band hat heute Abend einen Auftritt, in ihrem Pub."

Even When The Fairytale Gone Bad, I'm Forever YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt