|Leah| Verblüfft sah ich Ed und diesem Samu hinterher, wie sie Richtung Bühne verschwanden. Der blonde, junge Mann warf plötzlich einen Blick, über seine Schulter zurück und fing meine herum irrenden Augen auf, um mir ein breites, so unglaublich offenes und ehrliches Lächeln zu schenken. Der Moment war flüchtig, aber reichte aus, um mich völlig zu überfordern. Ich riss mich, noch ehe, dieser Samu sich wieder der kleinen Bühne zugewandt hatte, herum und biss mir verlegen auf die Lippe. 'Na wunderbar, jetzt muss er dich für völlig irre halten! Kein Wunder, dass du so desozialisiert bist!', tadelte mich mein Unterbewusstsein. Wo es recht hatte, hatte es Wohl, oder Übel recht... Schon in Deutschland, in meiner Heimat waren Freundschaften, in meinem Leben sehr rar gewesen - einer der Gründe, weshalb ich mich damals nach einer Veränderung, nach einem Heimatswechsel gesehnt, hatte... Total in Gedanken versunken (die meisten davon hätten, wie sooft selbstbemitleidender nicht sein können) hantierte ich an jenem Abend, wie immer hinter der Theke herum, spülte, bediente die Gäste, ließ wütige Blicke seitens Ed über mich ergehen - und all das gefangen in meiner Blase.
Plötzlich wurde es vom einen Moment auf den anderen still. Etwas fehlte in der, ansonsten so lauten, rumorenden Atmosphäre des Pubs. Ich sah von meinen Fingern auf und realisierte, dass die Hintergrundmusik ausgeschaltet worden und mit ihr die Gäste für einen Moment verstummt waren.
Seitlich der Bühne rührte sich etwas und ich konnte schließlich im gedimmten Licht ausmachen, wie vier Gestalten, diese betraten. Genau wie ich, schienen die Pub-Gäste das Geschehen neugierig und zugleich abwartend, zu betrachten, ehe der erste Gitarrenklang durch die Lautsprecher surrte und sie aufjubelten. Die Bühne erleuchtete und ich erkannte vier junge Männer, offenbar ein Drummer, ein Bassist, ein Gitarrist, sowie ein Sänger, der ebenfalls gleichzeitig als zweiter Gitarrist fungierte.
Endlich hatten sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt und ich konnte ein bekanntes Gesicht ausmachen. Der Sänger. Samu.
Als sein Gesang einsetzte, schlich sich ein Schmunzeln auf meine Lippen, welches mich selbst überraschte. Wann hatte ich bitte das letzte mal geschmunzelt?! Er war gut...er war wirklich gut! Seine tiefe Stimme war etwas rau und kratzig, doch genau das schien sie auszumachen, genau das gefiel mir. Ich lauschte dem Gesang und konnte kaum noch die Augen von dem Sänger lassen, welcher voller Leidenschaft und Hingabe seine Songs performte. Vielleicht war die Musik dieser vier nichts besonderes, aber sie schienen unglaublich viel Spaß zu haben und dabei zusehen zu dürfen, war einfach toll!
Ich beneidete diese Männer. Sie taten etwas, was ihnen Spaß machte, konnten sich dessen völlig frei hingeben...Zusammen. "Leah!" Ich zuckte unwillkürlich bei Eds drohender Stimmlage zusammen und fühlte mich schlagartig, wie aus einer kleinen Welt gerissen, welche weit, weit entfernt von diesem grässlichen Ort war. "Hör auf, in der Gegend herumzuträumen und arbeite gefälligst!", fuhr mein Chef mich an und funkelte mir wütend zu. "Ja...ich...es tut mir..." "Klappe! Ich will nichts hören!", unterbrach er mein Gestammel barsch. Und da war sie wieder...die Angst, die von null auf hundert meinen zitternden Körper, meinen flachen Atem und vor allem MICH beherrschte! Wie immer befolgte ich Eds Kommando und mein Blick glitt wieder auf meine arbeitenden Finger, während er sich aus dem Staub machte. Einige Minuten lang, fuhr ich genauso fort, traute mich nicht mehr aufzusehen, vernahm die Musik der unbekannten Band, nur noch schemenhaft, im Hintergrund. Ich genoss sie nicht mehr, wie zuvor, war schon wieder in einer anderen Welt, allerdings nicht in der, der Musik, gefangen, bis... Samu räusperte sich, um offenbar etwas zu sagen: "Das nächste Lied ist für all diejenigen, die vielleicht nicht immer das aus ihrem Leben machen, was sie daraus machen könnten...diejenigen, die den Faden, der sie zu ihrem Traum führt, verloren haben...er ist für all die, die aufgehört haben an sich zu glauben! 'Diamonds', meine Damen und Herren..." Vorsichtig hob ich den Blick und fixierte den Sänger, welcher mir plötzlich direkt in die Augen sah. Am liebsten wäre ich diesen direkt wieder ausgewichen, hätte mich abgewandt, doch noch ehe ich dazu in der Lage war, setzte seine Stimme ein.
Ohne von mir abzulassen sang er den nächsten Song und ich lauschte dieses Mal ganz besonders auf die Zeilen, die über die Lippen des Fremden kamen. Einem Fremden, mit dem ich zwar noch kein richtiges Wort gewechselt hatte, aber von dem ich mich bereits jetzt durchschaut fühlte...Erneut tauchte ich in jene Welt ein, die gleichsam so fremd und doch so vertraut erschien. Ich gab mich seiner Stimme, seinen Worten hin und ließ sie in mein Herz vordringen. "Maybe the diamonds are not for everyone. Maybe the lie you live is really all they want. You stay silent watching all dreams around you fading slowly, slowly, slowly more away..."
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Even When The Fairytale Gone Bad, I'm Forever Yours
FanfictionLeah ist eigentlich nur ein bemitleidenswertes Wrack, als sie den jungen Sänger Samu, 2004 bei einem kleinen Gig seiner Band, in einer Bar und ihrer persönlichen Hölle, kennenlernt. Doch Samu sieht sie mit anderen Augen. Sieht 'Mehr' in ihr! Er hilf...