Packers✅

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"Wie alt bist du? Was arbeitest du? Bist du auch so schlau wie Megan? Schreit deine Mama dich auch an? Was ist dein Lieblingstier? Magst du Benjamin Blümchen auch?", Noah redet ununterbrochen und bemerkt wohl selber nicht, dass er Harry nicht einmal die Möglichkeit gibt eine seiner Fragen zu beantworten.

Ein bisschen tut er mir ja schon leid aber er hat selbst gesagt er kommt mit und da Noah ihn zu mögen scheint, bombadiert er ihn mit Fragen.

"Langsam Noah.", Harry hat sich neben ihn auf das kleine Sofa gesetzt, nachdem er sich in dem kleinen Wohnzimmer umgesehen hat. Ich stehe gerade in der Küche und versuche Mittagessen für Noah zu machen, was bei meinen Kochkünsten nicht wirklich einfach ist.

"Ich bin 21.", fängt er dann an und ich kann mir vorstellen, dass Noahs Augen gerade größer werden. Menschen über 12 sind für ihn schon alt und erwachsen und als er mich einmal fragte wie alt ich sei und ich meinte 18, wären ihm fast die Augen aus dem Kopf gefallen.

"Ich bin schon 7.", sagt er voller Stolz und hält neun Finger in die Luft. Harry nimmt Noahs kleine Hände in seine und zählt mit ihm zusammen seine Finger und am Ende hat Noah dann sieben Finger in der Luft.

"Was war die nächste Frage?", ich werfe einen Blick durch die Tür die von der Küche ins Wohnzimmer führt und sehe wie mein Bruder auf dem Sofa steht und sich an die Wand lehnt.

"Was arbeitest du?", Noahs Stimme ist im Vergleich zu Harrys so unschuldig, leise und hoch. "Ich arbeite bei einer Firma die Computer Software erstellt.", das wusste ich noch nicht und bin ein klein wenig enttäuscht darüber, dass mein kleiner Bruder zuerst davon erfährt. Wobei es auch nicht sehr verwunderlich ist, immerhin bekomme ich kaum ein Wort in Harrys Gegenwart heraus, geschweigedenn unterhalten wir uns vernünftig. Mein Bruder scheint dagegen keine Hemmungen zu haben. "Was ist ein Computer Softball?", fragt er dann und bringt mich damit zu lachen. Harry schmunzelt leicht und das ist das erste mal dass ich ihn auf eine Art und Weise lächeln sehe. "Software Buddy. Das braucht man, damit ein Computer funktionieren kann.", erklärt er ihm und bekommt ein Nicken von Noah. Auch wenn er es noch immer nicht verstanden hat tut er so.

Ich wende mich wieder den Nudeln und der Soße zu als Noah seine dritte Frage stellt. "Wie schlau ist deine Schwester denn?", höre ich Harrys Stimme wieder und schließe kurz die Augen. Seine Stimme beruhigt mich und bringt mich dazu alles kurz zu vergessen und das macht mir irgendwie Angst.

"Soooooo schlau!", ruft Noah und ich sehe wie er seine Arme ausbreitet. "So schlau?", Harry macht ein erstauntes Gesicht und bringt mein Herz dazu schneller zu schlagen.

"Papa sagt immer sie ist ein...", er bricht seinen Satz ab, sucht vermutlich nach dem richtigen Wort. "Genie?", hilft Harry ihm auf die Sprünge und ein lautes "Ja!", hallt durch die Räume. "Megan ist ein Genie.", sagt er nochmal, zwar mit falscher Aussprache aber das ist unwichtig.

Bevor Noah seine nächste Frage stellen kann, trage ich zwei Teller ins Wohnzimmer. Den eine stelle ich vor Noah ab, drücke ihm sein Besteck in die Hand und halte Harry den zweiten Teller hin.

"Du musst nicht, also ich...", redet er und ich stelle den Teller einfach vor ihn auf den Tisch. "Iss, als Dankeschön, so in der Art." Ich lächle bei dem Anblick der zwei, wie sie ihre Nudeln auf der Gabel aufrollen und könnte mich an diesen Anblick gewöhnen. Schnell hole ich mir selbst einen Teller und setze mich auf der anderen Seite des kleinen Tisches auf den Boden.

"Was ist deine Lieblingsfarbe?", fragt Noah mit halb vollem Mund und wartet auf Harrys Antwort. "Grün.", ist seine kurze Antwort. "Packers!", ruft Noah aus und ich verdrehe unwillkürlich die Augen. Noah ist riesen Fan der Green Bay Packers. Mit unserem Vater hat er keins der Spiele im Fernsehen verpasst und auch sein Kinderzimmer ist voller Packers Stuff.

"Du magst die Packers?", fragt Harry verwundert und ich habe das ungute Gefühl, dass ein Gesprächsthema für die nächsten Stunden gefunden wurde. "Ja am meisten mag ich Cobb.", sagt er und lächelt.

Die nächste halbe Stunde geht es also um American Football. Sie reden über die Spieler, wer die besten Pässe spielt und und und. Irgendwann habe ich aufgehört zu zuhören, sitze aber noch immer vor ihnen und beobachte Harry.

Ich kenne ihn nicht wirklich lange, eigentlich kenne ich ihn gar nicht aber in der vergangenen Woche habe ich ihn kein einziges Mal so erlebt wie jetzt. Er redet mit meinem Bruder als würden sie sich ewig kennen und irgendwie macht es mich stolz, dass ich einen Teil dazu beigetragen habe.

"Du hattest doch noch ein paar Fragen an Harry.", unterbreche ich dann irgendwann und Noah verdreht dieses Mal die Augen. "Megan mag kein Football.", sagt er zu Harry und dieser lässt seinen Blick zu mir gleiten. "Das müssen wir beide wohl mal ändern.", ohne den Blick von mir abzuwenden legt er seine Hand auf Noahs Schulter.

"Wieso hast du deine Mütze noch an? Es ist gar nicht kalt und meine Lehrerin sagt immer man soll die nur draußen anhaben.", fragt Noah dann schließlich und kurz liegt etwas Unsicherheit in Harrys Augen.

"Ich habe etwas Kopfschmerzen, deswegen habe ich die noch an.", sagt er dann und irgendwie glaube ich ihm nicht. Vielleicht gefallen ihm auch einfach seine Haare nicht und er will nicht, dass sie irgendwer sieht.

"Möchtest du eine Tablette?", frage ich trotzdem und Harry schüttelt nur leicht seinen Kopf.

Wir lassen es darauf beruhen und Harry antwortet auf die nächste Frage, was sein Lieblingstier sei, mit Igel.

"Wieso ein Igel?", frage ich und lache leicht. Ich habe noch nie jemanden getroffen dessen Lieblingstier ein Igel ist. "Sie sind klein und können sich trotzdem schützen und niemand fässt sie an weil ja doch jeder irgendwie Angst davor hat sich weh zu tun.", sagt er ohne zu atmen und sieht dabei die ganze Zeit an die Wand.

"Mich hat mal ein Igel gepickst.", sagt Noah dann und verschränkt seine Arme vor der Brust. "Ich fass die nie wieder an." Nach Noahs Satz verstehe ich was Harry gemeint hat.

Ich trage die leeren Teller zurück in die Küche und während dem Abwasch höre ich noch ihrem Gespräch zu. Sie unterhalten sich wieder über die Packers und ich bin froh, dass die Frage, ob seine Mutter ihn auch anschreien würde nicht noch einmal gefallen ist.

Paranormal | H.S. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt