Zu Hause stehe ich vor meinem Spiegel und kämme meine nassen Haare durch. Das Lächeln in meinem Gesicht will nicht mehr verschwinden und seit ich hier angekommen bin, geht mir Harry nicht mehr aus dem Kopf. Es ist zu früh um von Liebe oder Verliebtheit zu sprechen aber ich weiß, ich spüre, dass ich etwas für ihn fühle. Ich weiß nur noch nicht genau was.
Vielleicht will Harry gar nicht, dass ich den Tag heute auch bei ihm verbringe. Vielleicht gehe ich ihm einfach nur auf die Nerven und er hat das nur gemacht, weil er sich bedanken wollte, ohne irgendetwas dahinter. Aber trotzdem werde ich mich gleich wieder auf den Weg zu ihm machen, denn ich will nicht gehen ohne mich zu verabschieden.
Ich ziehe mir einen Pullover über den Kopf und verlasse dann auch schon wieder meine Wohnung. Seit Noah nicht mehr hier ist, ist sie einfach leer und ich fühle mich allein hier ohne irgendjemanden. Da ich geschrieben hatte, dass ich Essen mitbringen würde, stoppe ich bei einem Italienischen Restaurant und verlasse dieses knapp zwanzig Minuten später mit zwei Pizzakartons in der Hand.
Mit der Hoffnung, dass Harry bereits wieder wach ist, gehe ich den mir mittlerweile bekannten Weg zu seiner Wohnung. Zum dritten Mal gehe ich die knarrenden Stufen hinauf und drücke lächeln auf die Klingel, auf der Harrys Name steht. Zuerst höre ich nichts und befürchte, dass er noch immer schläft und ich somit keine Möglichkeit habe in die Wohnung zu kommen. Doch dann wird die Tür ruckartig aufgerissen und zwei Arme schlingen sich fest um meine Schultern. Ich versuche die Kartons nicht fallen zu lassen und lege einen Arm notdürftig ebenfalls um seinen Oberkörper. Seine Brust hebt sich schnell und schwer unter meinem Kopf und allgemein ist er sehr angespannt.
"Ich hatte Angst, dass du nicht mehr kommst.", sagt er dann und ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Ich hatte ihm doch einen Zettel geschrieben? "Ich hab dir doch aufgeschrieben, dass ich mit Essen wieder komme?", ich halte ihm die Pizzen vor die Nase, nachdem er mich wieder losgelassen hat. "Ich dachte du würdest das als ausrede benutzen um von hier weg zu können.", er dreht sich leicht von mir weg und reagiert nicht, als ich meine Hand auf seine Schulter lege. "Wieso sollte ich das tun?", wir gehen zusammen in die kleine Küche und ich öffne die Schachteln. "Es ist immer so. Jeder versucht irgendwie weg zu kommen. Nur wegen diesem Scheiss.", seinen letzten Satz schreit er fast und zeigt auf sein Gesicht. Schmerzhaft zieht sich meine Brust zusammen. "Es ist jedes Mal so. Jedes Mal verlässt mich jeder, nur wegen diesen Narben. Weil sie nicht mit so etwas wie mir gesehen werden wollen, weil sie sich ekel, angst haben oder ich ihne einfach nur peinlich bin. Ich habe einfach nur Angst.", seine Stimme wird zum Ende hin immer ruhiger und schmerzhafter. "Ich werde nicht gehen Harry. Ich habe es dir schon gesagt und ich werde es dir so oft sagen, bis du es mir glaubst.", ich stehe jetzt direkt vor ihm und als ich zu ihm hochsehe, glänzen seine Augen.
Der Vorfall von vorhin ist vergessen, zumindest tun wir beide so. Es ist gerade komisch zwischen uns, wobei, wann war es das nicht? Wir sitzen schweigend vor unserer Pizza, das einzige das zu hören ist, ist das kratzen des Kartons auf dem Tisch und unser Atmen. Seine Haare liegen auf seinen Schultern und am liebsten würde ich mit meiner Hand durch fahren, seine Locken um meine Finger wickeln. Ich will in seinen Armen liegen, seinen Herzschlag hören, seinen Atem spüren. Ich will ihn küssen.
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"Kannst du nicht vielleicht doch hier bleiben?", Harry kratzt sich nervös am Nacken als wir in seinem Flur stehen. Es ist kurz nach Acht und ich habe beschlossen wieder in meine Wohnung zu gehen, immerhin muss ich am nächsten Tag wieder zur Uni. "Ich muss morgen früh aufstehen Harry. Du übrigens auch und ich muss noch Duschen und hab nichts hier.", erkläre ich. Natürlich würde ich am liebsten hier bleiben, mit ihm zusammen einschlafen aber es geht nicht. "Kann ich mit zu dir? Ich will nicht alleine sein.", er sieht auf den Boden während er spricht und als er anfängt an dem Saum seines T-Shirts zu zupfen, sieht er aus wie Noah, wenn er etwas haben möchte. "Eh ja klar natürlich.", in diesem Moment sieht Harry verletzlich und schüchtern aus und gar nichts ist mehr von dem, kalten Mann aus der Ubahn zu erkennen. Mit einem Lächeln auf den Lippen dreht er sich um und verschwindet in seinem Schlafzimmer, vermutlich um sich Klamotten zu holen. Bevor wir gemeinsam seine Wohnung verlassen, zieht er mich in seine Arme. "Danke.", murmelt er leise, jedoch noch hörbar in meine Haare und sein warmer Atem auf meiner Haut beschert mir Gänsehaut.
Immer wieder streifen sich unsere Hände und es fühlt sich an als würden Stromschläge durch meinen Körper schießen. Noch ungefähr drei Straßen, bis wir an meinem Wohnhaus ankommen und als an einer der Hausecken ein paar Typen stehen und mit irgendetwas auf dem Boden umher kicken, greift Harry dieses Mal richtig nach meiner Hand und verschränkt unsere Finger miteinander. Die Schmetterlinge in meinem Bauch fliegen wie verrückt und alles zu was ich im Moment fähig bin, ist grinsen. Grinsen wie ein Kind, dass einen Hund zu Weihnachten bekommt. Das jedoch ändert sich schlagartig, als einer der drei anfängt zu reden.
"Guten Abend schöne Frau.", man hört ihm deutlich an, dass er betrunken ist und Harrys Griff um meine Hand verfestigt sich. "Was ist los? Bist du schüchtern?", er kommt einen Schritt auf uns zu und bleibt vor mir stehen. Harry, der mich noch immer festhält, presst seine Kiefer aufeinander und zieht mich von dem Typen weg, aber nicht ohne diesem einen Blick zuzuwerfen, der sagt dass er besser abhauen soll. Mit seinem schwarzen Hoodie und der Kapuze auf dem Kopf sieht er nicht wirklich netter aus als der vor mir. Ich gehe einen Schritt zurück, als der betrunkene eine Hand in meine Richtung ausstreckt und ehe ich mich versehe, hat Harry ihn am Jackenkragen gepackt und gegen die Hauswand gedrückt. Die zwei Freunde von ihm, scheinen so bekifft und betrunken zu sein, dass sie noch nicht einmal merken was hier passiert. "Lass deine dreckigen Finger bei dir und versuch gar nicht erst nochmal sie anzufassen! Verstanden?!", Harrys Stimme ist tief und ich möchte nicht in der Haut seines Opfers stecken. Als der Mann in Harrys Griff kein Wort von sich gibt, sondern nur lacht, holt Harry ihn etwas von der Wand zurück, nur um ihn gleich wieder dagegen zu knallen. Ein schmerzerfülltes Stöhnen ertönt und automatisch gehe ich noch einen Schritt zurück. "Ob du mich verstanden hast habe ich dich gefragt?!", Harrys Stimme wird immer lauter und ich habe Angst, dass er gleich selbst etwas abbekommt. Die zwei anderen sehen zuerst nur bei dem Geschehen zu, als sie allerding auf Harry zugehen, rufe ich seinen Name. "Lass und gehen.", sage ich und bin erschrocken wie leise und wacklig meine Stimme ist. Erst als ich noch ein leises "Bitte.", hinzusetze, lässt Harry von ihm los und kommt auf mich zu. Ohne etwas zu sagen, greift er wieder nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her.
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Paranormal | H.S.
FanfictionA story where Harry is one big secret and Megan is a girl who tries to crumble down his walls.