Mary ✅

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"Ella gestern war nett, findest du nicht auch?", fragt Harry am Frühstückstisch. Er ist heute Morgen noch einkaufen gegangen, damit wir etwas zu essen haben. Ich murmele ein "mhm" und nicke abwesend. "War das ein mhm ja oder ein mhm nein?", hakt er grinsend nach und beisst in sein Brötchen. "Mhm keine Ahnung. Warum war sie überhaupt hier?", dieser Satz kam viel genervter rüber, als er eigentlich ist aber ich kann nicht verstecken, dass ich nicht will, dass diese Frau in Harrys Nähe ist.

Erst bekomme ich keine Antwort, dann aber schmunzelt er und lehnt sich zurück. Er verschränkt die Arme vor der Brust und grinst mich einfach schief an. "Hör auf damit.", ich lehne mich ebenfalls nach hinten und mache ihn nach. "Du hast mir Ellas Nummer gegeben, ich habe sie angerufen, weißt du ja, dann haben wir uns getroffen und geredet.", erzählt er und meine Laune sinkt immer mehr in den Keller.

Ich weiß, dass ich ihn quasi zu ihr gebracht habe aber ich dachte nicht, dass sie so jung und hübsch ist und das was mich an dieser Situation am meisten nervt, ist eigentlich nur, dass er mit ihr gelacht hat.

"Komm her.", sagt er dann als ich nicht mehr antworte und rutscht mit seinem Stuhl etwas zurück. Langsam schüttle ich den Kopf, bleibe sitzen. Vielleicht scheint mein Verhalten und übertrieben aber in diesem Moment weiß ich nicht, was ich anders tun soll.

Ich höre wie Stuhlbeine über den Holzboden kratzen und dann Schritte, die langsam auf mich zu kommen. Harry greift nach meinen Händen und zieht mich nach oben. Ich halte meinen Kopf noch immer gesenkt, komme mir in diesem Moment nur noch blöd vor.

"Schau mich an.", seine Stimme ist leise und sanft, genauso wie seine Finger, die er jetzt an mein Kinn legt. Ich versuche seinem Blick auszuweichen. Harry lacht leicht auf und legt seine arme um meine Schultern. Vorsichtig zieht er mich an sich, legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab.

"Wieso bist du eifersüchtig?", murmelt er in mein Ohr, verfestigt seinen Griff um mich. "Ich bin nicht eifersüchtig.", sage ich, mein Gesicht an seiner Brust. Und wie ich eifersüchtig bin. Sein Oberkörper vibriert als er lacht. "Ja Baby, natürlich.", zieht er mich auf und dir Schmetterlinge in meinem Bauch fangen wieder an zu fliegen, als er mich Baby nennt. Auch ich lege meine Arme jetzt um ihn, halte mich an ihm fest und atme seinen Geruch ein.

"Kannst du mich bitte küssen?", fragt er dann, nachdem wir einfach nur da standen. Ich lehne mich etwas zurück, lege meine Hand an seinen Kiefer und streiche mit meinem Daumen über seine Wange. Vorsichtig streife ich mit meinen Lippen seine, spüre wie er ausatmet und dein atem an mein Gesicht prallt. Seine Hände streichen über meine Hüften und bleiben an einer Stelle liegen, als ich ihn küsse. Es ist ein Kuss ohne viel Bewegung. Es ist Kuss, der voller Gefühle ist. Unsere Lippen liegen einfach aufeinander. Wir lösen uns kurz, bevor ich ihm nocheinmal einen kleinen Kuss aufdrücke.

"Ich liebe dich Harry.", sage ich dann, einfach weil ich weiß, dass ich es tue. Ich weiß, dass er es nicht zurücksagen wird, ich weiß auch, dass es schwierig werden wird und doch sage ich es. Kurz stoppt er in seinen Bewegungen, starrt mich einfach nur an. "Ich liebe was du mit mir machst.", sagt er und ich bin zufrieden damit. Er hatte mir gesagt, dass er es nicht sagen kann. Es ist in Ordnung.

-

"Wollen wir heute zusammen etwas unternehmen?", ich habe meinen Kopf auf Harrys Schoß gebettet, als wir auf dem Sofa sitzen.

"An was denkst du dabei?", Frage ich, der Gedanke daran einen Tag mit ihm zu verbringen und das nicht nur zu Hause, bringt mich zum lächeln.

"Ich weiß nicht. Vielleicht in den Park und danach was essen?", er streicht durch meine Haare und sieht aus dem Fenster.

Auf seinem Kinn zeigen sich Bartstoppeln und kleine Muttermale sind an seinem Hals und Armen zu erkennen.

"Hört sich gut an.", Stimme ich ihm zu und greife nach seiner Hand, die auf meinem Bauch liegt.

Kurz darauf stehen wir auch schon auf der Straße. Obwohl ich Harry gesagt habe, dass es nicht nötig ist eine Mütze aufzusetzen, hat er es getan. Ich verstehe, dass er sich wohler fühlt wenn er seine Narben versteckt und ich möchte nicht diejenige sein, die ihn dazu zwingt sich so zu zeigen.

Zu meiner Überraschung greift er nach meiner Hand als wir durch die Straßen gehen. Hin und wieder wird er mit einem 'Hallo Harry.' angesprochen, hauptsächlich von älteren Anwohnern. Das zeigt mir, dass Harry wohl doch nicht so zurückgezogen lebt, wie ich anfangs vermutet habe.

"Harry, was eine Überraschung.", eine freundliche, helle Stimme ertönt hinter uns. "Mary.", auf Harrys Lippen zeigt sich ein breites Lächeln, als er von meiner Hand ablässt und auf die braunhaarige zu geht. Er schließt sie in eine enge, herzliche Umarmung, die sie gleich erwidert.

"Du hast eine neue Haarfarbe. Sieht sehr schön aus.", sagt er als sie sich voneinander lösen. Ich sehe mir die Frau jetzt genauer an. Ihre kurzen braunen Haare um spielen ihr rundliches Gesicht das von Falten geprägt ist. Sie ist fast zwei Köpfe kleiner als Harry und doch scheint sie so groß.

"Wen hast du denn da dabei?", sie geht einen Schritt auf mich zu, steht zwischen Harry und mir. "Das ist Megan, meine Freundin.", sagt er stolz und bringt mich damit selbst zum lächeln. "Hallo kleines, ich bin Mary. Es freut mich sehr zu sehen, dass mein kleiner Harry endlich jemanden gefunden hat.", sie zieht auch mich in eine Umarmung, die ich ohne zu zögern erwidere.

"Lass dich bald mal wieder sehen Harry und bring Megan gerne auch mit.", sagt Mary als wir uns von ihr verabschieden. "Mach ich Mary. Bis bald.", Harry winkt ihr noch kurz zu, bevor sie wieder in ihren Garten verschwindet.

"Das war Mary. Sie hat mich aufgenommen als ich hier hergekommen bin.", erzählt Harry mir dann und greift erneut nach meiner Hand. Ich sage nichts, weil ich merke dass Harry noch nicht fertig ist aber nicht weiß ob und wie er es mir sagen soll.

"Ich war 13 als sie mich von meinen Eltern weggeholt haben. Ich war zuerst im Heim aber dort wollte ich nicht bleiben. Ich bin oft abgehauen, sehr oft.", er lacht kurz an diese Erinnerung bevor er wieder ernst wird. "Mary hat beim Jugendamt gearbeitet. Sie war die, die das alles in die Wege geleitet hat und sie war die einzige, der ich damals vertraut habe.", erzählt er weiter und ich drücke leicht seine Hand um ihm zu zeigen, dass ich da bin. "Irgendwie hat sie es dann hin bekommen, dass ich zu ihr kann. Die Wohnung in der ich jetzt wohne hat ihrem Sohn gehört aber der ist vor zwei Jahren ausgewandert und dann hat sie mir angeboten, dort einzuziehen. Sie hat mich nie als ihr Pflegekind behandelt, sie war immer Oma Mary.", beendet er seine Erzählung, gerade als wir im Park ankommen.

Ich bin glücklich darüber, dass er mir so viel aus seinem Leben erzählt hat. Ich kann sehen, dass es ihm nicht leicht gefallen ist, aber er sagte er vertraut mir und das weis ich zu schätzen.

"Sie ist die einzige, die mich damals normal behandelte.", fängt er erneut an, Traurigkeit ist in seiner Stimme zu hören.

"Die mitarbeiter haben mich wie Dreck behandelt, die anderen Kinder auch. Sie haben mich beleidigt, ich würde geschlagen und in Schränke gesperrt. Sie haben mir meine Kleidung genommen und mir klargemacht, dass ich nicht willkommen bin.", seine Augen sind glasig und ich kann nicht verhindern, dass auch mir Tränen über die Wangen laufen.

"Nicht weinen Meggie, sonst kann ich nicht verhindern dass ich zu weinen Anfange.", er lacht leise und piekt mich in die Seite um die Stimmung aufzulockern.

Paranormal | H.S. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt