Es vergehen Minuten in denen ich mich nicht Bewege. Minuten in denen ich nur Harry ansehe und hoffe, dass er gleich wieder aufwacht. Die beiden Sanitäter die Harry auf die Trage legen, bemerke ich nur am Rande, bin zu fokussiert auf den Jungen, der Bewegungslos in den Armen der Männer hängt.
Ich habe aufgehört zu weinen und habe aufgehört zu denken, dass einzige was ich tue ist da sitzen. Sitze und warten. Warten darauf, dass Harry aufsteht und zu mir kommt. Dass er mich in seine Arme zieht und mir sagt, dass alles in Ordnung ist und alles nur ein böser Traum ist.
Doch er steht nicht auf.
Er wird auch nicht aufstehen.
Er wird nicht zu mir kommen und es ist auch kein Traum. Es ist die Realität.
Ich folge Dr. Marten und den anderen beiden stumm aber immer so, dass ich Harry sehen kann. Sie haben ihn festgeschnallt und er hat eine Art Sauerstoffmaske auf dem Gesicht. Seine Augen sind geschlossen und sein Mund leicht geöffnet. Es sieht fast aus als würde er nur schlafen.
„Seine Atmung ist zu schwach.", sagt der älteste der Männer und schon wird die Trage schneller geschoben. Ich habe Mühe, hinterher zu kommen aber ich werde Harry nicht alleine lassen. Ich habe ihm versprochen, dass ich bei ihm bleiben werde und das werde ich auch. Ich werde an seiner Seite sein bis er aufwacht. Ich werde ihm erzählen wer ich bin und was passiert ist. Ich werde hoffen, dass er mich nicht abstößt und mich an sich ran lässt.
„Sie können hier nicht mit rein.", Dr. Marten bleibt vor einer Glastür mit der Aufschrift „Intensivstation" stehen.
„Wir müssen erst ein paar Tests mit ihm durchführen. Sie können derweil hier warten und es wird ihnen dann Bescheid gegeben.", er lächelt mich aufmunternd zu und die Verzweiflung in mir wird größer.
„Ich kann ihn nicht alleine lassen. Ich habe es versprochen.", meine Stimme bricht am Ende und neue Tränen bilden sich in meinen ohnehin schon angeschwollenen Augen.
„Sie können nachher zu ihm aber im Moment geht das nicht. Sie können bei ihm sein wenn er aufwacht. Es ist immer beruhigend für Patienten, wenn sie ein bekanntes Gesicht nach einem Komatösen Zustand sehen.", erklärt der Arzt und verschwindet dieses Mal wirklich durch die Tür.
Ich lasse mich an der Wand hinunter gleiten und winkle die Beine an. Harry wird nicht wissen wer ich bin. Ich werde ihn nicht beruhigen können wenn etwas ist. Ich werde ihm nicht helfen können. Immer wieder laufen Ärzte hektisch durch den Raum der Notaufnahme. Patienten werden in Rollstühlen gefahren und Angehörige sitzen auf den Stühlen und warten auf Neuigkeiten.
Frauen, deren Ehemänner Operiert werden, Kinder, die beim Spielen gefallen sind und sich ein Bein gebrochen haben, junge Paare die ihr erstes Kind bekommen. Menschen in verschiedensten Notlagen laufen durch den Raum und ich bin mitten drin.
Ich gehöre hier nicht her.
Harry und ich sind nicht verwandt, sie werden mir nichts sagen dürfen. Ich werde nicht wissen, was mit ihm passiert, niemand wird es wissen.
Ich weiß nichts über seine Familie, ob er überhaupt noch eine hat.
Hat er Freunde? Hat er irgendwen, der ihm wichtig ist, der wissen sollte wenn etwas mit Harry ist?
Ich werde von einer jungen Krankenschwester aus meinen Gedanken geholt. Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stehe auf. Ich habe die Hoffnung, dass sie mir trotz allem etwas über Harry sagen kann aber als sie mir nur ein paar Papiere in die Hand drückt, mit der Bitte, diese doch auszufüllen, stirbt auch diese Hoffnung.
Nachdem ich alle Wichtigen Daten ausgefüllt habe, die Harry betreffen gebe ich die Zettel der Frau zurück. Harrys Geldbeutel, der mir vorher zusammen mit seinem Schlüssel und seinem Lederbuch gegeben wurde, liegt in meiner Tasche, schwer wie Blei.
Ich werde leicht an der Schulter gerüttelt und öffne müde meine Augen. Ich sitze noch immer auf dem harten Boden des Krankenhauses und brauche ein paar Sekunden bis ich Dr. Marten vor mir erkenne. Er bitte mich, ihm zu folgen und kurze Zeit später sitzen wir in seinem Büro. Sein Gesichtsausdruck ist ernst und ich habe Angst, dass etwas schlimmeres mit Harry passiert ist.
„Ich werde gar nicht lange herumreden, die Narben am Kopf ihres Freundes, woher stammen die?", Dr. Marten spielt mit dem Kugelschreiber in seiner Hand und macht mich damit noch nervöser als ich eh schon bin.
„Ich weiß es nicht.", ich will nur zu Harry, nicht hier sitzen und Antworten geben. Ich will bei Harry sein und seine Hand halten wenn er aufwacht.
„Wir hatten vor ein paar Monaten einen ähnlichen Fall. Ein junges Mädchen, etwa in dem Alter von Mr. Styles. Ich darf keine Patientendaten preisgeben aber diese Frau konnte sich kaum an etwas erinnern und hatte des öfteren Schmerzen , ist das bei ihrem Freund genauso?", es schockiert mich im ersten Moment, dass Harry nicht alleine damit ist und ich würde am liebsten jetzt genau erfahren, was mit ihm passiert ist.
„Ja, er vergisst jeden Morgen was er am Tag davor getan hat.", sage ich leise, da die Tatsache, dass er nicht weiß wer ich bin und was wir erlebt haben, weh tut. Sehr wehtut. Es fühlt sich jedes Mal wieder an als würde mir jemand mein Herz aus der Brust reißen und vor meinen Augen darauf rumspringen. Dr. Marten schreibt einige Dinge auf und sieht mich dann wieder an.
„Was ist mit Harry?", frage ich leise und meine Sicht verschwimmt erneut.
„Er hatte starke Schmerzen und sein Körper konnte damit nicht mehr umgehen. Er liegt derzeit im natürlichen Koma.", ich schluchze auf und presse meine Hände vor mein Gesicht.
„Es kann sein, dass er in den nächsten Stunden aufwacht aber auch, dass er noch ein paar Tage schlafen wird. Wir wissen es nicht. Er wird 24 Stunden am Tag beobachtet, sodass wir jederzeit eingreifen können. Machen sie sich keine Sorgen, es wird alles wieder gut werden.", wieder einmal lächelt er mich an aber ich kann es nicht erwidern. Ich sitze einfach nur starr in dem harten Ledersessel und versuche zu verarbeiten, dass der Harry den ich vor ein paar Stunden noch geküsst habe, mit dem ich beim Essen war und eine schöne Zeit hatte, im Koma liegt und nichts machen kann, was ihm hilft.
„Wir können sie mit der Patientin, die ich erwähnt hatte, in Kontakt treten lassen. Sie wird ihnen Antworten und Hilfe geben können.", wir stehen mitten im Raum, bevor Dr. Marten mir die Tür öffnet. Ich nicke abwesend, verabschiede mich und verlasse das Büro und in diesem Moment interessiert es mich nicht, ob ich unhöflich wirke.
Ich sehe Harry durch eines Glasfenster. Er ist an irgendwelche Geräte angeschlossen, eine Maske auf seinem Gesicht, eine Nadel in seiner Hand. Auch von hier draußen kann ich erkennen wie blass er ist.
„Möchten sie zu ihm?", eine ältere, etwas rundlichere Krankenschwester kommt aus der ebenfalls gläsernen Tür und richtet ihren Umhang. Ich nicke schnell und folge ihr in das weiße Zimmer.
Sofort kommt mir der beißende Geruch von Desinfektionsmitteln entgegen und halte erst einmal den Atem an. Ein stetiges Piepen erfüllt den Raum und man kann Harrys Atem hören. In dem Kittel, der mir gegeben wurde, fühle ich mich albern und beginne zu lachen.
Ich lache, weil mir in diesem Moment alles zu viel wird und nicht mehr weiß was ich tun soll. Ich habe keine Ahnung was ich hier mache und im nächsten Moment weine ich breche vor Harrys Bett zusammen. Ich kralle mich in die Bettdecke und schreie gegen die Matratze. Mir wird bewusst, dass ich ohne Harry nicht mehr kann und dass ich ihn brauche.
Ich brauche Harry in meinem Leben.
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Paranormal | H.S.
FanfictionA story where Harry is one big secret and Megan is a girl who tries to crumble down his walls.