Ich wusste nicht mehr weiter. Franzi hatte sich in das Gästezimmer verkrochen und kam nicht wieder raus. Sie blockte alles ab und ich schmorte und konnte mich selbst nicht mehr leiden. Was hatte ich nur angerichtet. Ich war so ein verdammter Idiot. Wie konnte ich meine Freundin belügen. Egal, was ich getan oder nicht getan hatte. Sie hatte recht, ich hatte sie hintergangen. Und es war so verdammt weit gegangen. Ich prügelte mich innerlich aus, geißelte und peitschte meine Seele. Ich hatte alles kaputt gemacht. Ich wollte das alles nicht mehr. Ich war nie sicher vor der Presse und hatte an diesem Tag noch nicht einmal wirklich darauf geachtet. Ich hasste mein Leben in der Öffentlichkeit mehr denn je. Aber es spielte auch keine Rolle. Hätte ich Franzi gesagt, was in mir vor ging, die Presse hätte uns nichts anhaben können. Ich wollte mit ihr teilen, was dieses Drama mit Kelly mit mir gemacht hatte, wie viel unerträgliche Angst das in mir frei gesetzt hatte. Angst um Franzi. Kelly hatte versucht, uns zu zerstören. Jetzt war ich es, die es getan hatte. Gewollt hatte ich es nicht. Ich reflektierte immer und immer wieder. Wie konnte es passieren, dass Andrea mir hatte so nah kommen können. Sie war da. Sie war bereit zu teilen. Aber war das ein Grund sich um ein Haar auf einen Kuss, geschweige denn sich auf noch mehr ein zu lassen? Nein, und ich hatte mich entschieden. Ich war mir sicher, ich hätte es nicht dazu kommen lassen. Ich hatte es auch nicht dazu kommen lassen. Ich hatte mich entschieden, im letzten Moment, in allem Bewusstsein, dass ich besaß. Aber Franzi wollte es nicht hören und ich konnte sie sogar verstehen. Ich hatte bei aller Rücksichtnahme auf sie, meine Feigheit übersehen, ihr die Wahrheit zu sagen. Andrea hatte eine verfluchte Anziehung und ich war offen dafür, mich anziehen zu lassen. Ich hatte meine Not und meinen Wunsch nach Austausch, meine Sehnsucht, mir Erleichterung zu verschaffen, vermischt mit erotischer Anziehung. Eine Mischung, die nie und nimmer gut gehen konnte. Ich hatte zu schnell aufgegeben, mit Franzi darüber zu sprechen. Oder ich hätte mir verdammt noch mal irgendwen anderes suchen müssen, um darüber reden zu können. Wie konnte ich so bescheuert sein, ausgerechnet Andrea. So etwas durfte nie wieder geschehen. Dessen war ich mir sicher. Aber hatte es noch einen Sinn? Hatte Franzi bereits abgeschlossen mit mir? Nein, nein, dass durfte einfach nicht sein. Ich war nicht bereit dazu und ich würde kämpfen wie eine Löwin.
Ich machte mich sofort wieder auf den Weg nach oben. Ich war gewillt, ihr alles zu sagen, alles auf zu räumen. Ich konnte nicht in die Nacht gehen, ohne mich mit ihr aus zu söhnen. Ich durfte sie nicht verlieren. Allein der Gedanke zerriss mir das Herz. Ein unwillkürlicher Schmerz, der sich sofort frei setzte, sobald es auch nur im Ansatz darum ging, dass ich sie verscheucht haben könnte. Meine Freundin vertrieben. Ich war Schuld an alle dem. Ich konnte und wollte nicht mehr ohne meine Franzi leben. Das durfte nicht sein. Ich spürte all meine Liebe zu ihr und war zugleich erschrocken, wie sehr Liebe weh tun konnte.
Ich klopfte an die verschlossene Tür. Sachte. „Franzi." rief ich vorsichtig. „Franzi?" rief ich erneut. Sie antwortete nicht. Ich spürte, wie meine Hilflosigkeit mir erneut die Kehle zu schnürte. „Franzi, bitte. Lass uns reden. Das ist nicht fair. Schließ mich nicht aus. Bitte." flehte ich und spürte, wie jedes Wort an der Tür abprallte und mir postwendend ins Gesicht schlug. „Verdammt Franzi." brüllte ich voller Verzweiflung, ertrunken in meinem Schmerz und den Tränen. Sie reagierte nicht. Ich stürzte die Treppe runter. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Ich wusste nicht wohin mit mir. Weg, abhauen. Bleiben, geduldig sein, weg rennen. Weg vor mir selbst. Mein Handy klingelte. Es war Madlin. Ohne den Anruf an zu nehmen schleuderte ich das Telefon quer durch das Wohnzimmer. Nur jetzt nicht Madlin. Ich konnte jetzt keine Sprüche oder ein 'wir müssen uns auf die Presse vorbereiten' ertragen. Alles nur das jetzt nicht. Ich tigerte vor, zurück, durch den Garten, kreuz und quer. Ihr verdammtes Schweigen. Sie ließ mich so sehr abblitzen. Ich konnte nicht ertragen, dass sie nicht sprach. Die Wut packte mich bei den Schultern und ich fluchte, glaubte sie zu hassen, weil sie einfach nicht reden wollte. Ich verteilte innerlich alle Schuld auf ihrer Seele. Wäre sie nicht so verdammt schweigsam, so kalt, Andrea wäre niemals auch nur annähernd interessant für mich gewesen. Mit diesem Gedanken machten sich unversehens die Bilder in mir breit. Ihre Wärme. Ihre Hände an meinem Körper, ihr Hauch an meinem Hals, ihre Worte 'ich bin da'. Sie war da. Wo war Franzi? Meine Franzi, wo war sie geblieben? Irgendwo an irgendeiner Gabelung waren wir von einander ab gekommen. Ich war plötzlich und unkontrolliert voller Wut. Ich rannte die Treppe rauf, pochte an ihre Tür und schrie: „Genau das scheiß Verhalten ist es, warum ich hätte mit Andrea schlafen können. Sie war da, als ich dich brauchte." Was zur Hölle redete ich da? Fragte ich mich und ohrfeigte mich im selben Moment dafür. Ich war versucht meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen, als sie plötzlich die Tür öffnete. Sie schrie so laut, dass es alles in mir zusammen fahren ließ. „Dann geh doch. Geh doch zu ihr. Tu was du nicht lassen kannst." Im selben Moment brach sie in Tränen aus. Ich hatte den Eindruck, dass dies der erste Moment an diesem Tag war, wo sich Tränen ihren Weg suchten, während sie bei mir ruckartig im nichts verschwanden. Sie hatte mich erschrocken. Ich hatte gegen eine Wand gekämpft und als ich nicht mehr geglaubt hatte, dass ich eine Chance hätte, fiel sie unerwartet zusammen. Für einen Moment war ich überfordert mit der Situation. „Ich will das doch gar nicht." sagte ich kleinlaut. „Was willst du von mir? Wenn ich dir nicht reiche, dann lass es uns beenden." jammerte sie und weinte bitterlich. „Ich will nichts beenden. Franzi, bitte." ich flehte sie erneut an. Ich fasste sie bei den Schultern und zu meiner Überraschung wehrte sie sich nicht. Nichts tat sie mehr außer weinen. Ich nahm sie in meine Arme und ich wusste, jetzt musste ich stark sein. „Schatz, bitte glaub mir. Ich will ehrlich sein. Ja, sie ist mir nah gekommen und sie wollte mehr, aber ich wollte nicht. Ich will nur dich und ich will dich mit allem was du bist. Wenn du nicht reden willst über diese Pressekonferenz, dann akzeptiere ich das. Aber bitte glaub mir doch, ich will dich nicht verlieren." erklärte ich und hielt sie so fest ich konnte. „Hat sie dich angefasst?" fragte sie und ich verstand nicht warum sie sich selbst so sehr verletzten musste. Wollte sie das wirklich wissen. Wollte ich darauf antworten, konnte ich es überhaupt? Ich brachte es nicht heraus. Ein witziges Wort, ein einfaches 'ja', dass Welten zerstören konnte. Ich schwieg und Franzi hatte wortlos verstanden. Ich versuchte sie zu umarmen, um Verzeihung zu bitten. Sie machte sich von mir los und versuchte erneut ins Gästezimmer zu flüchten. Ich war schneller. Ich versperrte ihr den Weg. Ich würde auf keinen Fall zulassen, dass sie mich wieder aussperrt. Das konnte und wollte ich nicht noch einmal ertragen. Mein Verhalten irritierte sie so sehr, dass sie innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde überschäumte vor Wut. Ich spürte schon, die Hand, die zuckte, bereit war, die Wut zu entladen. Es war mir egal. Es ging mir um den Menschen, den ich über alles liebte, nichts würde mich von meinem Kampf um sie abbringen können. Jetzt war ich es, die nicht locker ließ. Und es war paradoxerweise genau das, was Andrea mit mir gemacht hatte. Auch bei Franzi zeigte es Wirkung. Ich hielt sie in meiner Umarmung fest. Ich küsste ihre Wange. Sie strampelte in meiner Umarmung, versuchte sich zu lösen. Sie wehrte sich und ich hatte Mühe sie zu halten. Ich hätte sie jederzeit los gelassen, hätte ich in mir nicht diese unglaubliche Sicherheit gehabt, genau das Richtige zu tun. Immer wieder küsste ich ihre Wange, ihre Tränen ohne Unterlass. Immer wieder sagte ich ihr, wie sehr ich sie liebte. Sie tobte und befahl mir, sie los zu lassen, sie nicht an zu fassen. Aber ich ließ nicht nach, ich war getrieben, um meine Beziehung zu kämpfen. Wie aus einem Urschmerz schrie sie plötzlich: „Nein, nein, nein...." Es war so sehr gefüllt mit Verzweiflung, dass sie mein Herz zu Brei erweichte. Ich spürte, wie sich meine Tränen wieder zu meinen Lidrändern vor arbeiteten. Aber ich wollte jetzt stark sein, ich musste. Etwas war aufgebrochen und alles angestaute entlud sich schlagartig. Sie weinte und jammerte: „Sie wollte dich mir nehmen. Ich konnte nichts tun. Ich wollte auf sie zu stürmen, sie erschlagen. Ich konnte dich nicht beschützen. Ich konnte nichts tun. Dieser Lauf der Pistole vor meinem Gesicht. Ich sehe ihn immer und immer wieder vor mir und ich kann nichts tun. Ich kann einfach nichts tun. Ich kann dich nicht retten, ich sehe dem Tod entgegen. Ich will mich verabschieden. Aber ich kann nicht. Ich sehe dem Tod in die Augen. Ich will dich noch einmal ansehen, dich retten. Aber ich bin gleich tot. So darf es nicht enden. Ich bin gleich tot." Immer wieder wiederholte sie die Sätze. Sie war voll und ganz in dieser Situation, in der Pressekonferenz. Sie war nicht mehr im hier und jetzt, aber sie redete. Endlich redete sie und ich ließ sie und ließ die Tränen aus mir heraus kullern. Mich überfiel die Angst, so nah war das alles wieder. Aber ich war stark, stark für Franzi. „So darf es nicht enden. Ich will bei dir sein. Es darf nicht so enden." jammert sie beinahe unverständlich immer wieder. Ich hielt sie. Ihr versagten die Beine. Ich fing sie ab und versuchte einigermaßen sachte mit ihr zu Boden zu kommen.
Erst als sie leer war, wurde sie ruhig. Sie lag in meinen Armen, schlaff und schwieg. Eine friedliche Stille legte sich über uns. Ich richtete mich auf und zog sie hoch. Sie ließ alles mit sich geschehen. Ich führte sie ins Schlafzimmer und legte sie ins Bett. Sie starrte schweigend vor sich hin. Alle Worte und Emotionen waren ihr aus gegangen. Ich fragte mich kurz, ob ich einen Arzt rufen müsse. Sie lag apathisch da. Ich entschied mich, ihr Zeit zum Erholen zu lassen. Wenn Andreas Auftauchen auch einen Schatten über uns geworfen hatte, so hatte sie mir unterbewusst genau den richtigen Zugang zu Franzi gezeigt. Wenn es das war, was ich aus dieser unsäglichen Situation lernen sollte, dann hatte ich es verstanden.
Ich bettet sie weich und half ihr aus ihrem Pulli und ihrer Hose. Sie ließ es sich gefallen, sie sprach kein Wort. Als ich die Decke über sie legte, spüre ich ihre Hand in meinem Gesicht. Sie küsste mich, ganz sachte, mit geschlossenen Augen, als sei es der erste Kuss, den wir uns gaben. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und zwang sie, mich an zu sehen. „Schatz, es ist vorbei und ich lebe und du lebst. Ich liebe dich und ich bin für dich da, hörst du? Du musst das nicht alleine durch machen." Sie reagierte unmerklich, aber ich wusste, dass sie mich gehört hatte. „Ich hol dir was zu trinken. Ich bin gleich wieder da." Im raus gehen, erblickte ich den Schlüssel an der Schlafzimmertür. Ich zog in ab und steckte ihn mir in die Hosentasche. Bevor ich Wasser holte nahm ich bei allen Türen die Schlüssel ab. Ich durfte nicht riskieren, dass sie sich in diesem Zustand noch einmal einschließen konnte.
Als ich in der Küche war, musst ich einen Moment durch atmen. Ich spürte, wie viel Kraft mich das gekostet hatte. Ich strich mir mit den Fingern durch die Haare, massierte kurz meinen Nacken. Ich wusste nicht, was das ausgelöst hatte oder vielleicht erlöst. Aber ich war unendlich dankbar, dass sie endlich gesprochen hatte. Das ich endlich verstehen konnte, was sie fühlte und was sie so sehr verschwieg. Franzi, war gefangen von Hilflosigkeit und Ohnmacht und das Gefühl das ich heute hatte, als sie mir jeden Zugang zu sich versagt hatte, ließ mich ihr Inneres noch besser nachfühlen. Mein Handy klingelte. Ich suchte es und fand es hinter dem Blumentopf in der Ecke, wo ich es hin gepfeffert hatte. Es hatte zum Glück keinen Schaden davon getragen. Madlin stand auf dem Display und ich war mir sicher, ihr Anruf galt ganz der Sorge um mich und nicht irgendein Presseblödsinn. Ich entschied mich, ihr ein kurzes Lebenszeichen zu geben und hob ab. „Hey Madlin." Ich hörte ein deutliches Ausatmen am anderen Ende. „Herrgott Shelly, wenn du jetzt nicht abgehoben hättest, hätte ich einen Suchtrupp los geschickt. Alles okay bei euch?" fragte sie voller Sorge. „Es ist okay. Wir sind beide zu Hause und müssen uns jetzt erst Mal miteinander auseinander setzten. Ich melde mich Morgen bei dir." Madlin hatte Verständnis und war vor allem erleichtert, dass sie wusste was los war. Ich verabschiedete mich und griff dann Wasser und ein Glas.
Als ich wieder im Schlafzimmer angekommen war, war Franzi bereits eingeschlafen. Ich stellte ihr das Wasser hin und legte mich zu ihr. Ich nahm sie in meine Arme und im Tiefschlaf versunken, vergrub sie sich in meinen Armen. Ich war ruhig geworden. Bei allem drumherum und dem scheiß, den ich gebaut hatte, war ich doch auch sehr erleichtert, dass sie mich mit genommen hatte. Unsere Wege hatten sich wieder gekreuzt und wir waren wieder beieinander. Sie hatte mich mitgenommen auf eine Reise in ihre Seele, in ihre Gefühle, in ihre Trauer. Ich wusste, jetzt würden wir auch alles andere schaffen können. „Ich liebe dich." flüsterte ich und küsste sie. Ich hielt und wog sie, bis mich irgendwann selbst der Schlaf übermannte.
©lialight
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Meet and love 2 (gxg)
RomanceMett and Greet mit Folgen... Franzi lernt auf einem Treffen ihren großen Star, Shelly, kennen und das Unerwartete geschieht. Die beiden verlieben sich ineinander und erleben einen kompletten Neubeginnn. Dies ist der zweite Band zu meiner Story "Meet...