Kapitel 31

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Partytime. Der Abend näherte sich und wir würden mit diesem Leon in einen Club gehen. Ich hatte mich von einer sehr unruhigen Nacht erholt und bis zum Mittag geschlafen. Der Jetlag hatte sich etwas gelegt und ich hoffte, dass ich den Abend gut durchhalten würde. Ich machte mich entspannt fertig, während Sandrine wie ein Tornado durch die Wohnung fegte. Ein Outfit folgte auf das andere und schon bevor sie das nächste trug war mir klar, auch dieses würde nicht das Richtige sein. „Ich habe einfach nichts zum anziehen." jammerte sie. Natürlich, wie wir Frauen immer nichts zum anziehen haben, wenn es um die Wurst ging. Ich sah sie immer nur in einem Hauch von irgendwas an mir vorbei sausen. Ich warf ihren CD Player an und wippte etwas zur Musik. „Kann ich dir helfen?" fragte ich und erntete nur ein genervtes und völlig überdrehtes „Ahhahahahha." Ich musste lachen. Sandrine verschwand ins Bad und kleisterte sich mit Make up zu. Ich nutze die Chance und durchforstete ihren Kleiderschrank. Im Handumdrehen hatte ich ein Kleid hervor gezaubert. Kombiniert mit halb hohen Schuhe und einem kurzen Jäckchen das perfekte Outfit für ein erstes Date und einen Clubbesuch. Ich hielt es ihr unter die Nase „Anziehen." war mein lapidarer Kommentar dazu. „Was, das alte Ding?" fragte sie und wollte gerade protestieren, als ich ihr klar signalisierte, dass es keine Widerrede gab. Ich schlenderte durch die Wohnung, während ich auf sie wartete und tanzte meine Hüften schon mal warm. Mein Handy machte sich bemerkbar. Eine Nachricht und mir war klar, von wem die kam. Shelly. Ich sah sie mir an. 'Ich liebe dich' stand da geschrieben und es schoss mir sofort Tränen in die Augen. „Ich dich auch." murmelte ich vor mich hin. Sandrine hatte mich wohl gehört. „Was?" schrie sie aus dem Bad. „Nichts, hab nur vor mich hin gesummt. Beeil dich, wir kommen noch zu spät." machte ich sie auf die voran schreitende Zeit aufmerksam.

Fünf Minuten später stand sie fertig vor mir und sah so gut aus, dass ich mir sicher war, sie würde Leon verführen können. Sie war sichtlich nervös. „Du siehst toll aus. Alles okay?" Sie nickte strahlend. „Ja, ich bin so aufgeregt. Er ist echt süß." Ich freute mich für sie und wir machten uns auf den Weg zum Club. Vor dem Eingang stand er bereits und strahlte. Er begrüßte uns herzlich, aber Sandrine deutlich herzlicher. Es war ein typischer Club mit Türstehern, die genau aussortierten, wen sie rein ließen und wen nicht. Wir waren an der Reihe und wurden genau beäugt. Und dann passierte es. Einer der Türsteher hatte mich erkannte, klopfte seinem Kollegen vor uns auf die Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sein sehr strenger Blick lockerte sich und er ließ uns auf der Stelle mit guten Wünschen in den Club. Die Musik dröhnte bereits laut aus dem Inneren. Ich spürte den Bass in meinem Körper vibrieren. Ich ließ mich mitreißen und war bereit, mich den Schwingen der Klänge hin zu geben, alles was in mir war von mir ab zu schütteln. Wir stellten uns an die Bar und die beiden flirteten bereits heftig miteinander. Ich fühlte mich schnell überflüssig und bereute, dass ich mit gegangen war. Ich fühlte mich unfreiwillig wie eine Anstandsdame, die dabei war, um den Richtlinien des guten Benehmens Befriedigung zu verschaffen. Sie waren redlich bemüht, mich in ihr Gespräch mit ein zu binden. Aber das gegenseitige anschreien, was eine Unterhaltung in dieser Umgebung mit sich brachte, strengte mich sehr an und ich fühlte mich zunehmend unangenehmer berührt von den Vibes, die zwischen den beiden hin und her schossen. Ich freute mich sehr, dass sie offensichtlich Gefallen aneinander gefunden hatten und entschied mich, die beiden alleine zu lassen. „Ich geh tanzen." sagte ich zu Sandrine und sie nickte mitleidig. „Bist du okay?" fragte sie. „Ja, alles in Ordnung. Amüsiere dich, ich bin auf der Tanzfläche." erklärte ich ihr noch und schüttelte meine Hüften in die Menge. Ich hatte Lust, mich zu spüren, den Rhythmus der Musik durch meine Fasern gleiten zu lassen. Ich tanzte mich in die Menge. Ich spürte Shelly bei mir, ich schloss immer wieder meine Augen und glaubte sie an meiner Seite. Mein Körper ließ alle Grenzen fallen und schwebte zur Musik.

Nach einer Weile spürte ich einen Körper, einen anderen Menschen sehr nah an mir. Ich wünschte mir nichts mehr, als mich um zu drehen und meine Freundin zu sehen. Aber sie war es nicht. Eine mir völlig fremde Frau hatte sich mir genähert und tanzte mich an. Ihre Hände waren immer wieder kurz vor einer Berührung. Sie war hübsch. Ihre blauen Augen suchten meinen Blick, umspielt von ihren blonden Locken. Ich wollte mich von ihr entfernen, aber sie war gewillt, mich mit ihrer Weiblichkeit zu umzingeln. „Hi." grüßte sie mich als würde sie mich kennen. Aber ich war mir sicher, sie hatte mich nicht erkannt. Sie versuchte sich so sympathisch wie möglich ins Spiel zu bringen. Sie hatte Interesse an mir, als Frau, nicht als Freundin von. „Hallo." grüßte ich sie zurück und wusste überhaupt nicht, was ich sagen sollte oder ob ich überhaupt auf sie eingehen sollte. „Du tanzt sehr gut. Sehr sexy. Hast du das gelernt?" fragte sie mich mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Sie war auf Brautschau ganz eindeutig und ich war sicher Frischfleisch für sie. „Nein." antwortete ich lächelnd und etwas wortkarg. Ich war etwas hilflos und wusste nicht recht mit ihr um zu gehen. „Wie heißt du?" fragte sie mich und rückte mir etwas näher, die laute Musik gab ihr einen Grund dazu. Ich versuchte mich zu lockern und hielt ihr meine Hand hin. „Franzi. Und du?" Sie lächelte und hatte verstanden, dass ich bereit war, mich auf einen Flirt ein zu lassen. „Ich heiße Laura. Ich hab dich hier noch nie gesehen. Kommst du nicht von hier?" fragte sie mich weiter. „Doch eigentlich schon, aber ich lebe inzwischen in Kanada. Ich bin nur bei meiner besten Freundin zu Besuch." erklärte ich und sie riss erstaunt die Augen auf. „In Kanada? Wie bist du denn da hin gekommen?" Jetzt wurde sie erst richtig neugierig und ich war mir sicher, dass sie mich tatsächlich nicht aus den Medien kannte. „Lange Geschichte. Was ist mit dir? Lebst du hier?" Sie nickte und mit dem Beginn eines neuen Songs, zog sie mich in die Mitte der Tanzfläche. „Ich liebe diesen Song, lass uns tanzen." erklärte sie mir unterwegs. Ich fand es merkwürdig, mich einfach so von ihr an der Hand nehmen zu lassen und gezogen zu werden. Im Vorbeigehen nahm ich kurz Sandrine wahr, die immer noch mit ihrem Leon an der Bar stand und mich kritisch beobachtete. Sie war sexy, diese Laura und ließ keinen ihrer Reize aus, um mich an zu flirten. Ich spürte, das etwas in mir in eine Art Trotz verfiel und einfach zurück flirten wollte. Einfach tun, ich hatte einen guten Grund dafür. Wir tanzten sehr anregend miteinander. Sie versuchte immer wieder mich an zu fassen, aber das ließ ich nicht zu. Ich machte mich immer wieder von ihr los, wenn sie mir zu nahe kam. Sie war hartnäckig. Sie ließ nicht nach. Unvermittelt fragte ich mich, ob Andrea wohl genauso verbissen ihr Ziel verfolgt hatte. Sofort schlug meine Stimmung um. Bilder, Fantasien schoben sich in meinen Geist. Wut stieg in mir auf, meine Seele war auf Rache gebürstet. Rache an Shelly und Andrea. Ich verstand mich selbst nicht mehr. So viele Gefühle, die mir in dieser Intensität gänzlich neu waren. Ich hatte nie zu vor so viel Eifersucht, Wut und Schmerz empfunden. Rache war mir ein völlig fremdes Gefühl. Laura, warum nicht, sie sah gut aus. Ich wagte mich vor und legte sachte meine Hand um ihre Hüften. Sie war sichtlich angetan davon und tat es mir nach. Sie ließ ihr Becken kreisen und kam mir dabei immer näher. Keine fünf Augenblicke später packte mich Sandrine am Arm. „Kann ich dich bitte mal sprechen." raunte sie mich an. Sie sah irritiert zu ihr. „Was ist los?" fragte ich, wenngleich ich mir die Antwort, weiß Gott, hätte selber geben können. „Was zum Geier tust du da?" Sandrine war wirklich sauer. „Nichts. Ich flirte nur ein wenig. Das wird ja wohl noch erlaubt sein." grummelte ich zurück. „Franzi, mach keinen scheiß. Wenn du unbedingt flirten musst, dann mach, aber sei dir klar darüber, was du damit anrichtest, wenn du weiter gehst." Jetzt gerieten wir ordentlich in Streit. „Ach so, wenn Shelly das tut, dann ist das verständlich, weil ich den Mund nicht auf kriege. Aber wenn ich das tue, ist es nicht in Ordnung oder was?" schimpfte ich und fühlte mich unangenehm ertappt. „Franzi, nein, es ist nicht in Ordnung, weil du es aus einer Verletzung, aus deiner gekränkten Seele tust. Erwarte kein Verständnis, wenn du es Morgen bereust." fauchte sie mich an und ließ mich dann stehen. Sie ging wieder zu Leon und kehrte mir den Rücken zu. Ich musste schlucken über das, was sie gesagt hatte. Es verletzte mich und doch musste ich mir eingestehen, dass sie ins schwarze getroffen hatte, mit dem, was sie gesagt hatte. Ich musste mich entscheiden, sollte ich dem Schmerz nachgeben und mich an Shelly rächen oder nicht? Würde ich es überhaupt aushalten, wenn ich es tun würde? „Hey, alles okay bei dir?" fragte mich Laura mitten rein in meine Gedanken. „Ja, Ja, alles okay. Ich muss zur Toilette." antwortete ich hastig und verschwand genau da hin.

Ich stand am Waschbecken und sah mich selbst im Spiegel an. Meine Gesicht drückte unglaubliche Sehnsucht aus. Sehnsucht nach der Frau, die ich wirklich liebte. Ich konnte nicht einmal den Gedanken ertragen, ihr das Herz zu zerreißen. Ich wollte zurück zu ihr und doch war ich mir nicht klar, wie es weiter gehen sollte. Wie sollte ich die Gedanken an Andrea los werden? Wie die Angst, dass wieder jemand auftauchen könnte, der attraktiv sein könnte für Shelly? Die Tür öffnete sich und Laura trat herein. Sie lehnte sich neben mich an die Armaturen. „Du lebst nicht alleine in Kanada, stimmt?" fragte sie mich sehr direkt. Ich blickte wieder in mein Spiegelbild. „Nein, ich habe eine Freundin. Und ich liebe sie." sagte ich und sah die Überzeugung und Tiefe, die sich in meinen Augen ausdrückte. „Ist sie auch hier?" fragte Laura immer noch zielsicher. „Nein." gab ich ihr ehrlich zur Antwort. Sie zuckte mit den Schultern und lächelte kess. „Also, von mir wird sie es nicht erfahren. Warum sollten wir nicht einfach Spaß miteinander haben?" Ich war erschüttert, was ich hörte. Sie machte einen Ansatz, ihre Hände auf meinen Körper zu legen. „Lass das." sagte ich ruhig aber klar. „Nun komm, eine Nacht und keiner wird es erfahren." argumentierte sie. Jetzt fasste ich ihre Hand, die wieder versuchte, sich zu nähern. „Ich will nicht. Ich liebe meine Frau und ich werde sie nicht betrügen." Das war wohl eine ungewohnte Erfahrung für Laura. Sie regierte total genervt. „Ist ja gut. Zick nicht rum." meckerte sie und verschwand. Ich hatte mich entschieden und endlich gewann ein anderer Gedanke die Oberhand. Auch ich würde jeder Zeit in die Situation kommen können, dass eine Frau attraktiv für mich war. Ich hatte mich an diesem Abend entschieden. Shelly hatte sich entschieden. Sie hatte sich nicht auf Andrea eingelassen, sie hatte sich für mich entschieden, klar und deutlich. Ich spürte, wie sich mein Selbstbewusstsein wieder aufrichtete und bereit war, für diese Beziehung zu kämpfen.

Ich ging zurück zu Sandrine und Leon. Sie strahlten beide, es war so herzerwärmend. „Hey, du hast Recht. Ich will so was idiotisches nicht tun. Ich geh nach Hause." sagte ich ihr und sie sah mich fragend an. Sie lächelte und war sich gewiss, dass ihre Worte bei mir angekommen waren. „Was willst du denn zu Hause? Wollen wir nicht noch etwas tanzen?" fragte sie mich. Ich zwinkerte ihr zu. „Ich muss einen Flug buchen." Sie nickte lächelnd und nahm mich in ihre Arme. „Fliegst du heute noch?" fragte sie mich in dem Wissen, ich würde es tun, wenn ich einen kurzfristig Flug bekommen würde. „Ich fürchte, das haut nicht mehr hin. Viel Spaß euch noch und mach all die Dummheiten nach denen dir ist." sagte ich, gab ihr einen Kuss auf die Wange und einen Klaps auf ihr Hinterteil. Sandrine lachte und nahm mich fest in ihre Arme. „Er ist so süß." flüsterte sie mir ins Ohr. Etwas schöneres hätte sie nicht sagen können. Ich hoffte so sehr, dass sie sich wieder in einen Mann verlieben würde, der es ernst mit ihr meinte. Ich verließ den Club und zückte auf der Stelle mein Handy und schrieb Shelly: „Ich liebe dich auch." Was auch immer diese Begegnung mit Laura mir klar gemacht hatte, sie hatte meinen Geist geklärt. Shelly hatte einen Fehler gemacht, sie hatte mich belogen. Aber sie hatte mich nicht betrogen. Das war der viel wichtigere Punkt. Ich würde den Gedanken an Andrea verlieren lernen. Sie hatte nicht das Recht sich in unsere Seelen zu pflanzen und ich hatte es in der Hand, das zu zu lassen oder nicht. Ich würde um Shelly kämpfen.

©lialight

Meet and love 2 (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt