Kapitel 12

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Die Sonne scheint, das Meer rauscht.
Vögel kreisen über unserem Schiff und keine einzige noch so kleine Wolke ist zu sehen.
Hinter mir steht Leon, seine Arme um meine Taille geschlungen, ich lege meinen Kopf an seine Brust und döse vor mich hin.
Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf, wie aus dem Nichts braut sich über unseren Köpfen ein Gewitter zusammen.
Die ersten Blitze sieht man am Horizont und ein stürmischer Wind bringt hohe Wellen mit sich und das Schiff beginnt wild zu schaukeln.
Leon zieht mich unter das Deck unseres riesengroßen Schiffes und versucht mich vor dem Unwetter zu schützen.
Doch mitten auf der Treppe begegnet uns eine dunkle Gestalt, von lauten Donnerschlägen begleitet.
Finn.
Als er Leon sieht, der mich an seiner Hand hinter sich herzieht, verdunkeln sich seine Augen und ein grimmiger Gesichtsausdruck verdrängt sein Lächeln.
"Was. Machst. Du. Mit. Meiner. Freundin", zischt er und betont jedes einzelne Wort.
"Sie ist jetzt meine Freundin!", zischt Leon zurück, nun in derselben Kampfhaltung wie Finn.
"Nein!", schreit Finn und kommt auf uns zu.
Ich bin wie gelähmt.
Kann mich nicht rühren, geschweige denn etwas sagen.
Finn kommt immer näher zu uns und Leon weicht zurück, mich Richtung Bug drängend.
Sie brechen in einen wilden Streit aus, mittlerweile stehen wir bereits an der Reling.
Als Finn beginnt, Leon zu schlagen, kommt endlich wieder Leben in mich und ich versuche, mich zwischen sie zu drängen.
Doch sie lassen sich nicht beirren und machen weiter, wie wenn ich nicht da wäre.
Plötzlich artet es so weit aus, dass ich einen Schubser bekomme und über die Reling falle, in die eiskalten, hohen Wellen.
Mein letzter Schrei wird von dem lautesten Donnerschlag übertönt und dann höre ich nichts mehr, alles es ruhig, fast friedlich...

Schweißgebadet fahre ich hoch und wische mir meine nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
Mein Herz pocht und mein Atem geht unregelmäßig und viel zu schnell.
Ich versuche mich zu beruhigen, atme tief durch, versuche meinen Herzschlag auf Normalgeschwindigkeit zu bringen.
Lasse mir den Traum nochmal durch den Kopf gehen.
Ich bin ertrunken.
Wegen meinem Freund und meinem Urlaubsverehrer.
Natürlich weiß ich, dass es nicht passiert ist, doch es schien so real, so echt.
Sollte mir dieser Traum was sagen?
Nein, Schwachsinn!
Das bilde ich mir jetzt auf den Schock nur ein.
Es ist erst drei Uhr, doch ich kann ewig nicht mehr einschlafen.
Immer, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich Leon und Finn kämpfen, sehe mich in das Wasser fallen, sehe die Wellen, die Wolken, die Blitze.
Ich wälze mich unruhig hin und her, bis ich in einen traumlosen Tiefschlaf falle...

Als ich aufwache, bin ich völlig fertig, ich fühle mich, wie wenn ich keine Minute geschlafen hätte.
Mein Kopf und der Rest meines Körpers schmerzt höllisch, ich kann fast nicht aufstehen.
Nach vergeblichen Versuchen, wieder einzuschlafen, quäle ich mich ins Bad und versuche meine Verspannungen mit einer heißen Dusche aufzulösen.
Dort schlafe ich dann fast wieder ein, doch mein Körper tut immernoch weh, als ich mich anziehe und mich sofort auf das Sofa lege.
Dort versinke ich dann wieder in einen Tiefschlaf, der durch ein Klingeln unterbrochen wird.
Verwirrt strecke ich mich und schaue, wo ich bin.
Laura geht gerade zur Tür und ich höre ein leises Gemurmel aus dieser Richtung.
Mein Handy liegt aus irgendeinem Grund auf dem Tisch und so setze ich mich auf und schaue auf die Uhr, schon nach zwei!
Laura kommt mit Lisa in die Wohnung.
Sie lächeln mich beide an, doch ich verziehe nur das Gesicht, weil ich immernoch so Kopfschmerzen habe.
"Wie geht es dir?", fragt mich Lisa mitfühlend und Laura sagt, "Ich bin heute nicht an den Strand gegangen, weil ich dich nicht alleine lassen wollte und du sahst so fertig aus und deiner Temperatur nach könntest du Fieber haben."
Ich sehe beide dankbar an und antworte: "Ich weiß auch nicht, ich hatte einen Albtraum und dann hatte ich diese Schmerzen im ganzen Körper, Kopfweh, Fieber... Ganz toll jetzt im Urlaub."
Lisa schlägt vor, mit Tami und Nicki in eine Apotheke zu fahren und Medikamente zu holen und Laura sollte bei mir bleiben.
Außerdem erzählt sie, dass Leon bereits nach mir gefragt hat, doch dabei entweicht mir nur ein Stöhnen und ich verziehe wieder mein Gesicht, Leon kann ich in meinen Gedanken im Moment garnicht brauchen.
Also verabschiedet sich Lisa wieder und Laura und ich machen es uns auf dem Sofa gemütlich mit Decken und Süßem und sehen uns einen Film auf Lauras Laptop an.
Als dieser dann aus ist, entschuldigt sie sich, um Duschen zu gehen.
Ich frage mich, wo die anderen bleiben und in dem Moment klingelt es an der Tür.
Na endlich.
Ich schaue durch den Spion und mir bleibt mein Herz fast stehen.

Leon...

Ein Sommer ohne ErwartungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt