Kapitel 54

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Es wird mit diesem Kapitel nur noch insgesamt 5 geben! Dann ist mein erstes Buch auch schon beendet... Viel Spaß!

"Laura? Kannst du vorbeikommen?"

Meine Stimme ist ein Flüstern, so anstrengend ist sogar das Reden für mich.

Ich habe jeglichen Mut, jegliche Kraft oder Stärke aus mir rausgeweint, sodass ich jetzt nur noch einem Häufchen Elend gleiche.

Das hört mir meine beste Freundin natürlich sofort an, weswegen sie nur "Bin sofort da" antwortet und auflegt.

Keine fünf Minuten später klingelt es und eins meiner Familienmitglieder schickt Laura zu mir rauf.

Sie sieht mich und gibt mir zuallererst eine feste Umarmung.

Ich muss aussehen wie die Trauer in Person wie ich zusammengesackt zwischen gebrauchten Taschentücher auf dem Bett sitze mit verlaufener Wimperntusche und verheulten Augen.

Ein ganz klassischer Liebeskummer also.

Ich hätte echt nie gedacht, dass es mich so plötzlich und stark treffen würde.

Doch das Schicksal wollte es anscheinend so.

"Was ist passiert?", flüstert Laura jetzt einfühlsam über meine Schulter.

Unter Tränen antworte ich: "Ich hab Leon erreicht."

"Aber das ist doch gut! Habt ihr euch ausgesprochen?", fragt sie weiter und ich höre einen Hauch Verzweiflung in ihrer Stimme, aber noch viel mehr Hoffnung.

Die Schluchzer erschüttern meinen Körper und ich muss mich erst beruhigen, bevor ich ihr antworten kann.

"Er hat gesagt, ich soll ihn nicht mehr anrufen und in Ruhe lassen. Dann hat er aufgelegt."

Das laute Schluchzen erfüllt den ganzen Raum und hört sich durch den leichten Hall fast schon gespenstisch an.

"Hast du ihm davor alles erzählt?"

"Ich hab gesagt, dass ich betrunken war und Finn das ausgenutzt hat, weil wir euch nicht erreicht hatten wegen Hausarrest, weil ich mich gegen ihn gewehrt habe."

"Er war bestimmt nur überfordert mit der Situation."

"Und er hat mich als untreu bezeichnet."

"Och Süße, das musst du sogar zugeben, deine Stärke ist Treue jetzt nicht wirklich."

Ich nicke nur wehmütig und weine mich weiter an Lauras Schulter aus.

-

Den Rest der Woche ist nichts wirklich Interessantes passiert.

Ich bin jeden Tag in die Schule gefahren.

Zum Glück ist es diese Woche wieder etwas sonniger, deswegen hat sich keiner gewundert, wenn ich wie so viele andere auch mit Sonnenbrille gekommen bin, um meine verheulten Augen zu verstecken.

In der Schule musste ich sie zwar abnehmen, aber auch dann hat man nicht viel gesehen, weil ich mit der Zeit eine gewisse Technik des Überschminkens von roten Augen und Nasen entwickelt habe.

Ich glaube, ich hab noch nie so wenig geredet wie in dieser Woche.

Den Lehren musste ich leider antworten, aber meine Freundinnen haben mich geschickt nicht in das Gespräch eingebunden, ohne dass ich mich ausgeschlossen gefühlt habe.

Am Nachmittag habe ich mich die meiste Zeit mit Lernen und Hausaufgaben beschäftigt, das war ausnahmsweise eine willkommene Ablenkung.

Meine Eltern haben nach mehreren Versuchen, mich zu irgendetwas zu motivieren, aufgegeben und schauen mich nur hin und wieder mitleidig an.

So wie alle anderen auch, die mich in diesem Zustand sehen.

Mittlerweile bin ich dagegen immun.

Bei Leon habe ich es nicht nochmal probiert, seine Abfuhr war eindeutig.

Heute ist schon wieder Wochenende, genauer gesagt Samstag Nachmittag.

Ich schleiche immernoch wie abwesend durch die Welt, nichts interessiert mich mehr.

Meine Freunde haben oft versucht, mich zu überreden mit ihnen etwas zu machen, doch ich habe mich immer stur geweigert.

Irgendwann haben sie es auch aufgegeben.

Jetzt sitze ich mal wieder auf meinem Bett, das in der letzten Woche ein noch besserer Freund geworden ist, als es eh schon immer war.

Ich starre an die gegenüberliegende Wand und höre der Uhr beim Ticken zu.

Bis die Stille von dem Vibrationsalarm meines Handys unterbrochen wird.

Laura.

"Ja?"

"Hey, willst du heute für einen Mädelsabend zu mir kommen? Nina und Marie kommen auch. Das wird echt super, wir haben Filme, Knabberzeugs und können auch Pizza bestellen, bist du dabei?"

"Muss ich?"

Ja, auch Pizza zieht bei mir nicht mehr.

So schlimm ist es schon.

"Ja du musst. Du kannst dich nicht komplett gehen lassen, du musst wieder einen Sinn im Leben finden. Deswegen fangen wir jetzt langsam und klein an und steigern uns soweit, bis du wieder die Elena von früher bist. Verstanden?"

"Wenn es sein muss."

"Ja muss es. Du bist um sechs bei mir."

"Ach, bin ich das?", grummele ich noch, aber Laura hat schon aufgelegt und es deswegen nicht mehr gehört.

Ich packe ein paar Sachen in ein Täschchen und warte, bis es Zeit wird loszufahren.

-

Pünktlich um sechs bin ich bei Laura, die Fenster im Haus sind hell erleuchtet und aus Lauras geöffnetem Fenster, das zur Straße liegt, hört man Mädchenlachen.

Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht und wenn ich nicht immer Leon im Hinterkopf hätte, würde ich mich sogar freuen.

Ich klingele und Lauras Bruder macht mir die Tür auf.

"Hi Elena, ich hab gehört du bist wieder single. Das letzte Mal war es doch auch schon so, aber hast du in der Zwischenzeit nicht schon einen Freund gehabt? Hat ja nicht lange gehalten", beginnt er auch schon mich zuzuschwafeln, als Laura hinter ihm die Treppe runter kommt und sagt "Ach Jonas, zisch ab" und mich in die Arme schließt.

Es ist seit Längerem keine 'es tut mir so Leid, dass dein Freund dich verlassen hat' - Umarmung mehr, sondern eine 'hi, lass uns heute Abend Spaß haben' - Umarmung.

Jonas zwinkert mir noch einmal zu und verschwindet im Wohnzimmer.

Die ganze Zeit habe ich ihn nur genervt angeschaut, doch das ist er mittlerweile gewohnt.

Wir gehen rauf in Lauras Zimmer und dort begrüße ich auch Nina und Marie.

Ich merke, wie ein Teil der Anspannung von mir abfällt und ich beginne, mich zu entspannen.

Auch das Lächeln fällt mir immer leichter, es ist natürlicher und nicht mehr so aufgesetzt.

Wir essen Pizza, schminken uns gegenseitig wie vor ein paar Jahren, machen uns Frisuren, schauen nebenbei Filme und haben einfach nur Spaß.

In einigen lichten Momenten vergesse ich meine Probleme, doch dann kommen sie mit voller Wucht zurück und ich muss mich so sehr beherrschen, um nicht in mein altes Muster zurückzufallen und zu heulen.

Doch ich schaffe es immer.

-

Nach einigen Stunden sind wir alle müde und ich mache mich wieder auf den Weg nach Hause.

"Danke für alles", murmele ich über Lauras Schulter und drücke sie fest.

Auch Nina und Marie umarme ich zum Abschied und fahre mit dem Auto zurück zu meinem geliebten Bett.

Ein Sommer ohne ErwartungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt