Kapitel 34

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"Wo geht's hin und wieso bist du überhaupt hier? Du hattest doch auch Schule und es dauert eine halbe Stunde von dir zu mir, das ist doch viel zu lange, um einfach mal hierher zu kommen, außerdem ist mein Auto noch am Schulhof, Mist, das muss ich später entweder holen oder ich muss morgen mit dem Bus in die Schule fahren oder Laura nimmt mich mit, vielleicht auch Nina oder Marie, was machst du eigentlich hier?!", sprudelt es ohne Vorwarnung aus mir heraus, sobald wir beide im Auto sitzen und Leon losfährt.

Ich sehe sein Grinsen im Augenwinkel und mit einer belustigten Stimme sagt er: "Ganz ruhig, bei uns hatte die Oberstufe eine Stunde eher aus als bei euch und weil ich eh nichts zu tun hatte, fand ich es eine gute Idee, dich mal zu besuchen. Die Reaktionen deiner Mitschüler waren übrigens von Anfang an sehr lustig. Jeder, der mich gesehen hat, hat sich seinem Nachbarn zugewandt und geflüstert, wahrscheinlich, wer ich bin und was ich hier verloren habe. Wie sie dann reagiert haben, als du gekommen bist, hast du ja mitbekommen. Ich hätte nie gedacht, dass da eiskalt so aufgetakelte Tussis an mir vorbeigehen und mir zuzwinkern, von einer hab ich sogar die Nummer bekommen, vielleicht sollte ich sie heute Abend mal anrufen..."

Sofort kommt bei mir die pure Eifersucht hoch und ich zische ihm zu: "Untersteh dich!"

Er grinst mich intensiv an, bis ihm einfällt, dass er autofährt und sich wieder der Straße zuwendet.

"War ein Scherz, süß, wie du dich aufregst. Aber zugezwinkert haben sie mir schon, sehe ich etwa so gut aus?"

Er kann mich echt mal, also schaue ich mit den Armen vor der Brust verschränkt aus dem Fenster und ignoriere ihn.

Erst verarscht er mich und dann will er, dass ich ihm sage wie gut er doch aussieht?

Natürlich tut er das, aber das weiß er eh.

Nach nicht allzu langer Zeit halten wir an, doch ich bleibe weiterhin stur sitzen, bis er auf meine Seite kommt und die Tür öffnet.

Ich drehe mich rein aus Prinzip auf die andere Seite, bis er mich abschnallt und aus dem Auto hebt.

Ich versuche mich zu wehren, bin jedoch zu schwach und muss daher auf verbale Verteidigung, also Beleidigungen, ausweichen.

Doch auch das erfüllt nicht den von mir gewünschten Zweck, denn er freut sich nur, dass ich wieder mit ihm rede und weist mich darauf hin, dass wir in das vor uns liegende italienische Restaurant essen gehen und ich mich wieder normal benehmen soll.

Danke auch.

Drinnen ist meine Wut bereits verraucht und wir unterhalten uns ganz normal, auf seiner Schule scheint es ähnlich zuzugehen wie auf meiner, Zicken und Badboys gibt es anscheinend überall.

Nach dem sehr köstlichen Essen machen wir einen langen Spaziergang, bis die Sonne leider wieder sehr früh untergeht, man merkt einfach, dass es schon fast Herbst ist, vor allem hier in Deutschland.

Uns unter der Woche zu treffen geht nur die ersten paar Wochen, dann nur noch vereinzelt, da die wichtigen Klausuren anstehen, dafür wollen wir uns jedes Wochenende treffen, so gut es geht.

Als Leon mich abends bei mir zuhause absetzt, sich verabschiedet und wegfährt, vermisse ich ihn bereits.

*

Der nächste Morgen verläuft wie der vorherige, nur dass ich nicht selbst zur Schule fahre, sondern von Laura abgeholt werde.

"Hey, Elena, du warst gestern ja das Gespräch des ganzen Schulhofs, nachdem ihr gefahren seid."

"Guten Morgen, warum das?!"

"Naja, eine eher unscheinbare Elftklässlerin wird von einem heißen Typen mit einem Cabriot vor der Schule erwartet und ihr Exfreund steht mit Krücken daneben und sieht zu, wie sie sich küssen? Nicht nur Finn hat es gesehen, sondern der gesamte Schulhof, die Tussis waren neidisch auf dich wie sonst noch was!"

"Oh, gleich so schlimm?"

"In dem Moment schon, aber es wurde gleich über was anderes geredet. Der Oberbadboy Luis ist nämlich mit einem Mädchen auf jeder Seite über den Hof geschlendert und als sie sich ins Auto setzen wollten, eskalierte ein Zickenkrieg darüber, wer neben ihm vorne sitzen darf und wer den undankbaren Platz auf der Rückbank belegen muss. Ich glaube, die ganze Schule hat sich während der Ferien nach den skandalösen Themen an unserer Schule gesehnt, doch dank Luis haben die meisten das mit Leon bestimmt schon wieder vergessen."

Weil wir mittlerweile an der Schule angekommmen sind, steigen wir aus und steuern auf unsere Ecke zu, in der wir seit der fünften Klassse jeden Morgen auf den Unterrichtsbeginn warten.

Doch auch heute verstummen viele Gespräche in dem Moment, in dem Laura und ich an ihnen vorbeigehen und lauter junge Mädchen oder auch welche in unserem Alter, schielen aufmerksam zu uns.

Zuerst schaue ich mich in alle Richtungen um, ob nicht in unserer Nähe Luis den Schulhof überquert, aber als mich auch Nina und Marie seltam anschauen, als wir auf sie zugehen, ist es echt zu viel.

"Was ist denn los, warum starren mich alle so an?!"

Ein Sommer ohne ErwartungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt