Kapitel 20

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Ich wache auf.
In meinem Kleid vom Vorabend.
Und der Jacke.
Komplett angezogen also, bis auf die Schuhe.
Wenigstens bin ich in meinem Bett.
Aber wie bin ich hier hingekommen?

Ich kann mich noch dran erinnern, mit Leon auf einer Liege gesessen zu haben.
Bin ich da eingeschlafen?
Gut möglich, weil an mehr habe ich keine Erinnerung.

Das Bett links neben mir ist leer, Laura hat sich mit den Jungs schon um acht morgens zum Surfen getroffen.
Rechts neben mir am Boden liegen meine Krücken und ich begebe mich ins Bad, um zu duschen und mich umzuziehen.

In der Küche frühstücke ich gemütlich und danach packe ich langsam meine Tasche.

Bis ich am Strand ankomme ist es bereits halb zwölf und ich sehe die anderen auf dem Meer windsurfen.
Das sieht so lustig aus, dass ich mir einen Hocker nehme und ihn an den Strand stelle, sodass mein eines Bein vom Wasser umspült wird und das andere auf einem zweiten Hocker hochgelegt ist.

Nach einer Stunde, die ich da sitze und den anderen zusehe, lege ich mich wieder auf meine Liege und lese.

Schließlich kommt Laura, strahlend und mit einem knallroten Sonnenbrand am Rücken.
Als ich sie darauf hinweise lässt sie sich nicht ihre gute Laune verderben sondern sagt nur: "Ach, das war mir schon klar, dass es passiert. Ich habe noch nie einen Urlaub verbracht ohne einen Sonnenbrand zu bekommen, das bin ich also gewohnt."

Sie entspannt sich auch und um halb drei machen wir uns auf den Weg zu den Jungs und anschließend zu dieser Anlegestelle für Tretboote.

Mit Krücken durch den Sand ist es garnicht so einfach und ich bin schon zweimal weggeruscht.
"Elena, bleib mal stehen, Laura... Hier und... Genau. Besser?".
Leon hat Laura die Krücken in die Hand gedrückt und mich mal wieder hochgenommen.

"Machst du das etwa gerne?", frage ich ihn also.
"Was?"
Ich muss mich echt anstrengen, zu denken und nicht seinem Grinsen zu verfallen.
"Mich zu tragen", erwidere ich und bin stolz, die drei Worte so selbstbewusst gesagt zu haben.
Naja, so selbstbewusst man eben etwas sagen kann, während man wie ein Baby getragen wird.
"Ja, so leicht wie du bist. Und ich habe dich in meiner Nähe", antwortetet er mit einem frechen Grinsen.
So leicht bin ich zwar nicht, aber was solls.
Wenn er meint.

Nachdem Luca und Laura bezahlt, ein Tretboot ausgesucht und meine Krücken abgegeben haben, schieben wir das Boot ins Wasser und Leon trägt mich durch das Wasser.
Meine Krücken lasse ich am Strand, weil ich eh nichts mit ihnen anfangen kann, solange wir fahren und sie sonst nur ins Meer rutschen und dann hätten wir ein echtes Problem.

Nach ziemlichem Rumgewackele sitzen wir alle auf dem Boot, Ben und Luca treten, Leon und ich sitzen hinten nebeneinander und Laura mit Alex uns gegenüber.

Es ist echt schön und es wundert mich, dass mir das Gewackele aufgrund der Wellen so wenig ausmacht.
Vielleicht liegt es daran, dass ich mich so sicher fühle.
Leon hat seinen Arm um mich gelegt und ich habe mich wieder an ihn gekuschelt.
Laura wirft mir immer vielsagende peinliche Blicke zu, deswegen schaue ich mittlerweile garnicht mehr zu ihr hin.
Luca und Ben bewegen das Boot gleichmäßig und langsam, bis wir an einer Boje angekommen sind, an der wir das Boot befestigen.

Alex zieht sich sofort das Tshirt über den Kopf und rutscht von der kleinen Rutsche ins Meer.
Luca und Ben springen hinterher und auch Laura rutscht runter.

Jetzt sind es nur noch Leon und ich.
Er steht auf, ohne seine Augen von mir zu nehmen.
Dann zieht er sein Oberteil aus.

Wenn es das erste Mal gewesen wäre, dass ich seinen Sixpack sehe, wäre ich noch beeindruckter, aber ich schaffe es einigermaßen, meinen Blick mit einem gelassenen Lächeln bei seinen Augen zu lassen.
Innerlich flippe ich gerade komplett aus, aber das muss er ja nicht wissen.
Nicht, dass er sich was darauf einbildet.
Sein Körper ist echt zum Dahinschmelzen...

Er grinst mich so an, als würde er denken 'Prinzessin, irgendwann wirst du schwach bei diesem Anblick', doch ich werde ihm diesen Gefallen ganz sicher nicht tun.
Stur wie ich bin grinse ich einfach weiter, bis er sich zu mir herunterbeugt.

"Wenn du wüsstest, wie gerne ich dich jetzt da hinein werfen würde...", flüstert er mir mit seiner tiefen Stimme ins Ohr und bereitet mir so eine Gänsehaut.
Er gibt mir noch einen Kuss auf die Wange, bevor er mit einem eleganten Hecht ins Meer springt.

Dieser Junge bringt mich noch um meinen Verstand, das ist nicht zu glauben.

Ich sitze hier, beobachte die anderen und mache hin und wieder auch Fotos mit meinem Handy, als Erinnerung.
Es sind ein paar echt schöne Schnappschüsse dabei.

Laura, wir sie die Treppe hochklettert.
Ben, Luca und Alex, die sich im Meer eine Wasserschlacht liefern.
Leon, wie er mir zugrinst.
Leon, wie er ins Wasser springt.
Leon, wie er ins Wasser rutscht.
Leon, wie er wieder auftaucht.
Leon, wie er...

Ich habe sehr oft Leon fotografiert, als Erinnerung.
Ich werde ihn eine Woche lang nicht sehen, da brauche ich wenigstens Bilder, die ich anschauen kann.

Nach einiger Zeit kommen die anderen auch wieder aufs Boot und wir fahren weiter.
Ich bin wieder an Leon gekuschelt und habe meine Augen geschlossen.

Der Moment ist perfekt, bis er von lautem Gelächter unterbrochen wird.

Ein Sommer ohne ErwartungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt