Kapitel 19

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"Ähm, was?"
Laura ist zu Recht verwundert, ich habe im Moment extreme Stimmungsschwankungen.

Obwohl Finn mit mir Schluss gemacht hat, bin ich nicht traurig, sondern spüre nur Wut.
Obwohl mein Fußgelenk eigentlich durchgehend wehtut, ist es mir egal und ich will etwas unternehmen.
Obwohl mein Leben gerade alles andere als einfach ist, bin ich gut drauf.
Manchmal verstehe ich mich selbst nicht.

"Ja, was machen wir jetzt? Ich will was unternehmen, können wir zum Strand gehen?"

Das machen wir dann auch und am späten Nachmittag kommen die Jungs auch.
Leon und ich verabreden uns zum Essen, wo wir dann reden wollen.

Komplett fertiggemacht warte ich um 19:00 auf Leon, der kurz darauf auch kommt, und wir fahren zum Essen.
Danach machen wir wie beim letzten Mal einen Spaziergang und ich beginne zu reden.

"Ich hoffe es ist vorerst das letzte Mal, dass wir reden müssen, ich mag das nämlich garnicht. Also ich will nur, dass du weißt, dass du kein Lückenfüller oder so für mich bist, kein Trost wegen Finn. Das hat damit nichts zu tun. Ich mag dich wirklich sehr, doch ich muss in Deutschland auch noch mit Finn reden, ich will einfach einen richtigen Abschluss. Danach werde ich mit dir reden und alles klären, versprochen."

Ich sehe ihn traurig an, am liebsten würde ich jetzt alles besprechen.

Leon sieht mich auch an.
Mal wieder tief in meine Augen, das macht er oft und gerne.
Sein Blick ist warm und liebevoll, seine Augen glitzern und seine Finger streicheln über meine Wange.
Er kommt näher und legt ganz sanft seine Lippen auf meine.
Kurz darauf löst er sich wieder von mir und flüstert: "Lass uns in der Gegenwart leben und die restlichen Tage hier genießen..."
Sein Atem am meinem Ohr verleiht mir eine Gänsehaut, seine Wirkung auf mich verblüfft mich immer wieder.

Wir verbringen einen schönen Abend zusammen und reden die meiste Zeit über uns und unsere Kindheitserlebnisse.

*

Der nächste Tag ist der Donnerstag.
Noch vier ganze Tage, bis wir am Montag Vormittag heimfahren.
Die Jungs überraschen uns, als sie mit Frühstück kommen und jetzt sitzen wir hier und essen.

"Haben wir die nächsten Tage noch was besonderes vor?", nuschelt Luca zwischen zwei Bissen.
Gute Frage, was könnte man noch machen?
Partys, aber den Tag über?
"Gibt es irgendwelche Programme, die Elena machen kann?", fragt Laura.
Ebenfalls eine gute Frage, diese Verletzung schränkt mich ziemlich ein, was die Freizeitaktivitäten betrifft.
"Ne, das passt schon, einigt ihr euch auf was, ich finde schon etwas anderes, echt kein Problem", erwidere ich, sie sollten alles ausprobieren, lange sind wir nicht mehr hier.
"Ne, wir finden etwas gemeinsames", entgegnet jedoch Leon.

Nach einer hitzigen Diskussion lassen sie sich doch überzeugen, anscheinend bin ich noch sturer als die anderen.
Gut zu wissen.

Sie wollen sich also heute an der Rezeption erkundigen, welche Angebote es gibt und es unabhängig von mir auswählen.

"Kanu fahren!"
"Ach nee, surfen ist doch viel cooler!"
"Nicht so viel Action, bei Tretboot kann Elena auch mit..."
"Mann, sie hat doch gesagt, wir sollen es ohne sie entscheiden!"
"Trotzdem!"

Oh Mann, sie streiten sich jetzt schon seit einer Viertelstunde und können sich einfach nicht einigen.
Ich sitze im hinteren Teil der Rezeption und schreibe mit einer Freundin von mir, doch ich höre die anderen trotz der Entfernung ganz genau.

Meine Freundin Emma ist auch gut mit Finn befreundet und so erfahre ich interessante Neuigkeiten.
Seit gestern sei er total niedergeschlagen, habe rote Augen mit Schatten darunter und lasse sich total gehen.
Der Grund dafür?
Ich.
Emma schreibt, er bereut es mit mir Schluss gemacht zu haben.

Was soll denn das jetzt wieder?!

Ich werde aus diesem Menschen nicht schlau.

Aber eins weiß ich: er wird mich nicht zurückbekommen.

Endlich haben sich die anderen geeinigt.
Surfen am Vormittag und Tretbootfahren am Nachmittag.
Bei zweiterem kann ich auch mitmachen.

Den bereits angebrochenen Tag verbringen wir ganz normal am Strand, weil uns nichts besseres einfällt.
Trotzdem ist es super schön.

Wir beschließen wieder, am Abend auf eine Party zu gehen.

Dort treffen wir uns, manche tanzen, der Rest sitzt nur rum und trinkt alkoholische Getränke.
Alex ist heute total zurückhaltend und wir machen uns immer über ihn lustig.
Der Arme.

Nach einer Weile steht Leon auf und gibt mir einen Kuss auf den Kopf.
Er bedeutet mir mitzukommen und ich hüpfe ihm hinterher.
Wie ich diese Krücken doch hasse!
In Deutschland werde ich zum Arzt gehen und der soll dann entscheiden wie es weitergeht.

Leon geht mir immernoch voran, ah, es geht zum Meer.
Die Liegen stehen zusammengeklappt an die geschlossenen Schirme gelehnt und Leon steuert auf eine Liege zu.
Diese klappt er wieder auf und setzt sich hin.
Ich lasse mich neben ihn fallen und lege meine Krücken in den Sand.
Man hört die Wellen rauschen und spürt den Wind, der meine Haare zerzaust.

Leon zieht mich an sich, einen Arm um meine Taille gelegt.
Ich kuschele mich an ihn, lege meinen Kopf an seine Schulter.
So sitzen wir einfach nur da, lauschen den Geräuschen der Nacht und genießen die Nähe des anderen.

Es fühlt sich an wie Stunden, bis ich meine Augen schließe und schließlich in Leons Armen einschlafe.

Ein Sommer ohne ErwartungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt