Allein unter Teufeln 3

Kronprinzessin

Sannahs Sicht

Vor mir hockte ein kleiner weinender Junge.
Natürlich war mir bereits bewusst warum er her gebracht wurde, denn in letzter Zeit traten sehr oft Phänomene dieser Art auf.
Die Cerberuswachen knurrten und fletschten ihre scharfen Reißzähne bei dem Anblick des Jungens.

Bevor ich aufstand holte ich tief Luft, um mir meine eigentliche Nervosität nicht anmerken zu lassen. Dann stand ich auf und ging langsam zu diesem Kind. Er tat mir furchtbar leid, er war so jung, hilflos und wirkte so unschuldig.

》Sannah pass auf!《 warnte mich Aden streng. Meine Güte ich bin doch kein Kleinkind mehr. Außerdem ist das hier ja nicht das erste Mal.

Ohne ihn weiter zu beachten, kniete ich mich vor den Jungen und umschloss mit beiden Händen sein zartes Gesicht. Sanft hob ich es an und sah ihm in seine orangenen Augen.
Bei diesen Augen müsste seine Familie also in der Stadt leben, die zum Gebiet der Völlerei gehörte.

》Gade komm bitte her!《 sagte ich und drehte mich flüchtig zu ihm.
Sofort eilte er zu mir und ließ sich neben mir vor dem Jungen auf ein Knie nieder. 》Kennst du ihn?《 fragte ich und sah dabei wieder zu dem immernoch schluchzenden Jungen.

Gade zog eine Augenbraue in die Höhe. 》Nö.《 gab er schroff zurück aber schien selbst darüber verwundert zu sein, denn die Teufel kannten selbst aus reiner Intuition ihr gesamtes Volk und ihre Dienerschaft.

Ich nickte nachdenklich.
》Sag uns deinen Namen.《 forderte ich ruhig von dem hilflosen Kind.

》M-mein ... M-mein Name i-ist ...《 die zarte Stimme des Jungen zitterte schrecklich, so als würde er in sich mit etwas kämpfen. 》P-Pu-Pudicitiam.《 den Namen würgte er eher als dass er ihn sprach. Aber dann, ganz plötzlich, wirkte er tatsächlich und krümmte sich vor Schmerzen.

Sofort hatte mich Seth gepackt und auf meinem Hintern zurück gezogen, so dass ich nicht mehr in der Reichweite des Jungens war. Keine Sekunde zu früh, denn er erbrach sich, hustete und würgte sein eigenes Blut aus seiner Kehle.
Die Cerberuswachen wurden unruhig und auch die Jungs waren nicht mehr ganz so gelassen wie vorhin. Seth hatte mich ganz nah an sich gepresst, jederzeit hätte er mich hoch heben und mit mir weg rennen können.

Das Husten des Jungen wandelte sich plötzlich in eine Art Knacken, dann hysterisches Lachen und dann Ruhe. Absolute Stille erfüllte meinen Thronsaal, nur das leise Knurren der Wachen war noch zu hören.
Plötzlich schrie das Kind erneut unter Qualen auf und krümmte sich. Sein kleiner Körper stürzte zu Boden und wandt sich wie eine sterbende Schlange umher. Da ertönte schon wieder dieses grausige Knacken und dann war es wieder soweit. Aus dem Rücken des Kindes brachen blutige Flügel. Nur waren sie nicht so erhaben und schön wie die von Raziel, der Leibwache meiner Mutter, sondern bestanden aus verschimmelten Hautfetzen und Knochen. Sie stinken ekelhaft.

Das Phänomen von dem die Rede war wird in der Unterwelt als 'Mutierter Engel' bezeichnet. Warum es so komisch ist? Hm, abgesehen davon, dass wir in der Hölle sind und hier keine geflügelten Wesen bisauf einige dämonische Unterrassen geben sollten ist es auch so, dass diese Flügel nicht von Geburt an da sind. Irgendwann, durch was auch immer ausgelöst, brechen sie einfach aus den Rücken der Bewohner und bereiten ihnen schreckliche Schmerzen.

Raziel meinte, dass diese Schmerzen ganz normal seien, denn wer würde schon mit neuen Körperteilen klar kommen?
Das Seltsamste an der ganzen Geschichte war nicht mal diese Flügelsache sondern eher die Tatsache, dass sie bisher immer nur sieben Namen genannt haben. Nicht in einer besonderen Reihenfolge, sondern wahllos sieben verschiedene Namen. Der Name Pudicitiam kam bereits um die zwanzig Mal vor.