Eine neue Kraft

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Sannahs Sicht

Iyes Signal hallte noch mehrere Male in meinem Kopf wieder, als sich mein Körper auch schon wie von selbst über den staubtrockenen Boden bewegte. Meine Beine rannten mit voller Geschwindigkeit los und der Wind rauschte lärmend an meinen Ohren vorbei, es war so unfassbar laut und das Adrenalin ließ alles noch lauter erscheinen. Bloß die Rufe und Schreie der Zuschauer waren für mich bloß noch dumpfe Nebengeräusche, die zwar da waren, aber für mich bedeutungslos waren. Als Lysera und ich aufeinander trafen kam es mir so vor als würde die Erde unter unseren Füßen wackeln, brechen und beben. Ein lauter Donner entstand, doch ich sah bloß wie meine Tante lachte und mich herablassend betrachtete. 》Du kannst jetzt schon aufgeben, Prinzesschen.《 keuchte sie schwer atmend unter den Druck meiner Kräfte. Mit Leichtigkeit hielt ich ihre glühenden Hände davon ab mir das Gesicht zu zerkratzen, allerdings hörte ich vereinzelt das Knacken ihrer Handgelenke, die von meinen Händen umklammert waren. Sicherlich tat es ihr weh, aber sie verzog keine Miene und versuchte nur noch krampfhafter an mich heran zu kommen.

》Hast du nicht eine bessere Idee, als zu versuchen mich mit deinen überlangen Fingernägeln zu zerkratzen?《 lachte ich rau, verlagerte mein Gewicht und wirbelte herum. Mit meiner Umdrehung flog meine Tante auch direkt leicht wie eine Feder durch die halbe Arena und landete ächzend gegen eine der Wände. Immernoch glühten ihre Hände, doch weitere Schmerzen schien sie nicht zu haben. Nur die Rufe und Schreie der Zuschauer wurden immer lauter und versuchten sich in den Vordergrund meiner Gedanken zu drängeln.

Ihr grüner Blick glitt langsam über die vielen Zuschauer und sie grinste. Paranoid und wahnsinnig, genau wie Beelzebub oder Leviathan es oft taten. 》Besser.《  schnurrte sie und löste sich wieder von der Steinwand hinter sich. Dann sah sie zu ihrer Schwester, meiner Mutter, hinauf, die uns misstrauisch beobachtete. Vielmehr lag ihr Blick auf Lysera und sah sie ziemlich unzufrieden an. 》Ich werde meiner Schwester jetzt den wichtigsten Schatz nehmen, den sie besitzt. Wichtiger als ihre sieben Teufel, als ihre Hölle oder ihr unverdient erreichter Thron.《 erklärte sie gerade so laut, dass ausschließlich ich es hören konnte. Ich wusste ganz genau, dass niemand ausser ich es gehört haben konnte, denn sonst hätte irgendjemand etwas dagegen gesagt.

》Unverdient?《 keifte ich und stapfte mit geballten Fäusten auf sie zu. Allein ihr Anblick und ihre Stimme machten mich schon furchtbar aggressiv. Seit vielen Jahren kehrte zum ersten Mal wieder ein Gefühl in meinen Körper zurück, das ich glaubte inzwischen gut zu kennen, aber mich anscheinend immer wieder irrte, doch diesmal war es tatsächlich dieses Gefühl. Das letzte Mal fühlte ich es tatsächlich, als wir gegen die Erzengel gekämpft haben - wahre Mordlust. 》Meine Mutter ist die Königin der Hölle, erste Sacris und auch erste Herrscherin über die sieben Todsünden! Du hattest bloß Glück zufällig mit ihr verwandt zu sein und dann von den Teufeln gefickt zu werden!《 ich spuckte ihr diese Worte bloß noch ins Gesicht, denn das Brennen und das Feuer in meinem Blut übermannte allmählich meine Sinne. Ich konnte nicht mal mehr sagen wo oben und wo unten war, ich konnte bloß noch sagen, dass ich ihr Blut fließen sehen wollte. Als ich bei ihr angekommen war und mich so nah vor sie gestellt hatte, dass ich ihren heißen Atem auf meinen Wangen spüren konnte, wollte ich ihr gerade meine zu Krallen gewordenen Hände in den Hals rammen, als mich plötzlich ein Schmerz übermannte, den ich mit Worten nicht mehr beschreiben konnte.

Adens Sicht

Der Kampf lief noch überhaupt nicht lange und Lysera hatte Sannah bereits bis zum Äußersten provoziert. Auch wenn man nicht hörte was Lysera zu ihr sagte, bekam man doch sehr wohl mit, wie Sannah darauf reagierte. 》Meine Mutter ist die Königin der Hölle, erste Sacris und auch erste Herrscherin über die sieben Todsünden! Du hattest bloß Glück zufällig mit ihr verwandt zu sein und dann von den Teufeln gefickt zu werden!《 rief sie voller Entschlossenheit und trat unserer Mutter entgegen.

Zwischen mir und meinen Brüdern entstand belustigtes Gelächter und Lex stand sogar lachend auf. 》Ach, ich verliebe mich immer wieder aufs Neue, wenn sie so drauf ist.《 stimmte Gade lachend mit ein, bevor er seine Zähne in einem dampfenden Stück Fleisch vergrub.

Gespannt und weit grinsend beobachtete ich Sannah dabei wie sich ihre Hand während sie ging langsam verformte und zu einer rötlich schuppigen Klaue wurde, die mit rasiermesserscharfen Krallen versehen war. Aber kaum war sie bei unserer Mutter angekommen und holte zum Schlag aus erhellte auch schon ein schriller Schrei die gesamte Arena. Jeder war stumm und völlig fassungslos, doch mir blieb sogar kurzzeitig mein Herz stehen. Lachend wie eine Hexe hatte Lysera, unsere Mutter, Sannah jeweils zwei Finger in beide ihrer Schläfen hinein gerammt. Sofort quoll dickes, dunkles Blut aus ihrem Kopf hinaus und zudem schrie sie wie am Spieß. Außerdem versuchte sie verzweifelt sich von unserer Mutter zu befreien, indem sie ihre Hände aus ihrem Schädel zerren wollte. 》Zeira, unterbinde das. Sofort!《 befahl ich panisch und stand bereits auf, um ebenfalls in die Arena hinunter zu springen, jedoch wurdd die Königin selbst auch schon von hinten von Raziel umklammert, der sie versuchte davon abzuhalten in die Grube zu springen.

》Bitte Raziel, sie ist immernoch meine Tochter! Sie zerfleischt meine Tochter von innen!《 schluchzte die Königin unter Tränen und zappelte wild umher.

Mein Atem beschleunigte sich innerhalb weniger Augenblicke schlagartig und ich rannte los, gefolgt von Iye, dessen rote Augen wie ein in Blut getränkter Himmel leuchteten. Gemeinsam mit ihm rannte ich so schnell es ging auf Sannahs Schreie zu und beschwor mit einem schwarzen Pentagramm bereits meinen dunklen Nebel. Doch bevor ich sie erreichen konnte bemerkte ich, dass Iye mir nicht mehr folgte und stattdessen C mir dicht auf den Fersen lag. Aber anstatt mir helfen zu wollen warf er sich auf mich und hielt mich mühevoll am dreckigen Boden. 》Lass mich los du Bastard, ich muss ihr helfen!《 brüllte ich und versuchte mich vergebens von ihm zu befreien.

》Sieh doch genau hin du blinder Idiot, schau sie dir an und sag mir genau wer von den beiden tatsächlich unterlegen ist!《 Entgnete er in derselben Lautstärke, packte mich an meinem Haar und zwang mich weiter hin zu schauen. Zuerst sah es genau nachdem aus, wie es nunmal aussah. Sannah hing bloß noch an den Fingern meiner Mutter und schrie sich krampfhaft die Seele aus dem Leib, aber wahrscheinlich weniger weil sie gerade furchtbare Schmerzen erleiden musste, sondern eher wegen der Macht, die sie in diesem Moment durchströmte. Jedes einzelne Tattoo, die wir Blumenranken um ihren Körper lagen glühte silberblau und auch auch auf dem Boden unter ihr leuchtete ein gigantisches Pentagramm in derselben Farbe.

Zu Sannahs Füßen entstand außerdem ein kleiner Wirbelsturm aus Sand, der aber dennoch die Sicht auf meine Mutter und sie zuließ. 》Was zum ...《 fing ich an, doch wurde von C wieder auf meine Beine gezerrt und zum Rennen animiert.

》Wir müssen wieder auf unsere Plätze!《 rief er durch den Wind und hielt mit seiner freien Hand seine Kapuze auf dem Kopf fest, mit der anderen Hand hielt er meinen Arm fest im Griff. 》Sannah setzt unbewusst die volle Kraft der Sacris frei!《

Allein unter Teufeln 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt