Der letzte Krieg

1.8K 164 45
                                    

Sannahs Sicht

Alle hatten sich im großen Ratssaal versammelt. Aber mit 'Alle' meinte ich nicht nur die Mitglieder des großen Rates sondern wirklich alle wichtigen Dämonen. Offiziere, Generäle, Leibgarden und sogar einzelne Leibwächter. Während ich meinen Blick über die ungehalten Menge schweifen ließ entdeckte ich sogar einige Elementardämonen, die die natürlichen Elemente kontrollieren konnten. Also Wasser, Erde und Wind. Feuer gehörte nicht dazu, denn der einzige Mann, der mit Feuer umgehen konnte war Kalzifer.
J

eder im Raum wusste um was es in der Versammlung gehen würde. Sie alle wussten, dass es sich um einen weiteren Krieg mit unserem größten Gegner gehen wird. Außerdem wussten sie, dass dieser Krieg viel brutaler werden würde als der Letzte vor sechzig Jahren.

Die Jungs, meine Mutter, Lysera, Kalzifer und ich saßen distanziert von den anderen Dämonen auf einer Tribüne auf unseren Tröhnen. Auf diese Weise konnten wir auf die Menge hinab sehen und sie und ihre Reaktionen im Auge behalten.


》Sind dann alle soweit?《 ertönte lautstark Iyes tiefe Stimme. Bei dem Wiederhall, den seine Worte erzeugten erschraken alle und sahen gespannt zu uns hinauf.

Mit einem hörbaren Knacken verschloss sich das große, schwere Eisentor, damit niemand mehr hinein oder hinaus konnte.

》Hiermit eröffne ich, Zeira rechtmäßige Herrscherin der Unterwelt, diese Ratsversammlung und heiße alle Anwesenden herzlich willkommen.《 der selbstbewusste Blick meiner Mutter flog über die Menge hinweg und ließ sie mächtig und einflussreich wirken. 》Ihr alle wisst, was vor nun mehr als sechzig Jahren geschehen ist. Wir wurden gedemütigt, verwundet und haben einige Freunde vor unseren eigenen Augen sterben sehen.《 ihre Stimme klang so zornig, auch sehr rachsüchtig und zugleich traurig. Sie wollte diesen Krieg, meine Mutter wollte ganz offensichtlich etwas Privates zu ende bringen. 》Meine Tochter, eure Kronprinzessin wird euch nun etwas erzählen, was sie bereits uns zuvor vorgeschlagen hat.《 rief sie damit auch alle im Saal es hörten und schwang mit ihrem Arm in meine Richtung, viel anmutiger als das ich es jemals könnte.

Ihren Worten folgend erhob ich mich von meinem Platz, strich mir eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht und holte tief Luft. 》Hallo, ihr alle.《 einige nickten mir zur Begrüßung knapp zu und zeigten mir somit, dass sie gespannt auf meine nächsten Worte warteten. 》Wie meine Mutter bereits gesagt hat wisst ihr alle was vor so langer Zeit geschehen ist. Der Krieg war schlimm und wir alle haben gemeinsam gegen die Engel gekämpft und selbst ihre Erzengel erfolgreich bezwungen. Jedoch ist es diesmal ein stärkerer Gegner als bloß die Erzengel. Es sind die Gegenstücke eurer Landsherren, unserer sieben Todsünden.《 einige riefen empört durch die Gegend und schürten ihren Zorn wie eine aufkeimende Glut. 》Es sind genau wie sie Teufel, einer stärker als der andere und alle haben sie enorme magische Fähigkeiten. Ich weiss es, denn ich war dort und habe sie alle gesehen oder zumindest gehört. Aber, wir werden nicht in der Hölle mit ihnen kämpfen!《 erklärte ich lautstark, was für allgemeine Verwirrung, Verunsicherung und sogar Empörung sorgte.

》Wie könnt Ihr es wagen uns dazu zwingen zu wollen, dabei zuzusehen wie wir alle vernichtet werden.《 kreischte ein Dämon, der mehr Vogel als Mensch war. Seine runden, schwarzen Augen starrten mich verächtlich an und machten mir unmissverständlich klar, dass er an meinem Verstand zweifelte.

》Schweig.《 unterbrach Seth ihn streng und sah ihn warnend an.
Der Vogeldämon zog seinen deformierten Schnabel ein und verkroch sich wie eine Schlange zischend in seinem Gefieder.

》Ich sagte, dass wir nicht in der Hölle kämpfen werden.《 wiederholte ich deutlich. 》Aber es gibt einen weiteren Ort an dem wir kämpfen können.《 unsicher, ob ich die nächsten Worte tatsächlich aussprechen wollte sah ich zu Gade hinüber, der mit einem Stück rohen Fleisch neben mir saß und es aß. Gade nickte mir mit vollem Mund nur ermutigend zu und streckte seinen Daumen in die Höhe. Erneut atmete ich tief durch und fasste den Mut, den ich hierfür benötigte. 》Unser Schlachtfeld wird die Menschenwelt sein.《

Stille, absolute Stille der Fassungslosigkeit füllte den Saal beinahe bis zum bersten.

》Das ist doch wohl ein schlechter Scherz!《 fauchte eine halbnackte Frau mit schuppigen Flügeln und Hörnern auf ihrem Kopf. 》Dann werden die Menschen doch auch unser Feind!《

》Das sind sie längst.《 brachte Isell mit ein und tippte sich nachdenklich an sein schmales Kinn. 》Wann wart ihr, Dämonen der Hölle, zuletzt auf der Erde? Wann habt ihr zuletzt einen von ihnen unberührt am leben gelassen?《 Isells grüne Augen glühten interessiert auf. 》Ihr die sich hier in der Hölle verstecken, ihr wisst doch gar nicht welche innerlichen Qualen es bringt einem ohne Hintergedanken nahe zu sein. Wir hingegen schon und wir wissen alle mit absoluter Sicherheit, dass die Menschen uns fürchten, bekämpfen oder respektieren werden. Aber falls es zu einem Kampf mit den Menschen kommt brauchen wir nunmal euch.《 selbst wenn Isell momentan in seiner kleinen Gestalt war fürchtete jeder Anwesende seinen Zorn. Zu oft hatte man Geschichten über seinen Vater und über Isell selbst gehört, der als Nachfolger perfekt war.

Ich nickte zustimmend. 》Es liegt an euch. Ich als Prinzessin werde niemanden zwingen die Menschen zu bekämpfen, um uns ein geeignetes Schlachtfeld zu errichten. Wie es bei den Anderen aussieht weiss ich nicht. Aber, wenn ihr uns die Menschen vom Leib haltet, dann werden wir, die Ratsmitglieder, jeden dieser gefälschten Sünden auslöschen und oder gefangen nehmen!《 wieder schwiegen alle. Keiner sagte etwas und langsam fingen meine Knie an vor Nervosität zu zittern.

Von hinten wurde ich von Aden zurück auf meinen Platz gezerrt. Wahrscheinlich, weil er das Zittern auch schon bemerkt hatte. Dankbar lächelte ich ihm zu, doch meine Nervosität blieb. Es spürte innerlich ihre Zweifel, ihr Zweifel an mir ... ihrer zukünftigen Herrscherin.
Die Gedanken, die im Raum umher flogen, waren beinahe greifbar. Man konnte an ihren Gesichtern ablesen welche Entscheidungen sie trafen. Manche würden zustimmen, während andere uns für dumm erklären würden.

Ungeduldig tippte Kalzifer, der drei Plätze links von mir saß, mit seinem Fuß ungeduldig auf den Boden. Aber sein Blick war wie immer ruhig, unbekümmert und kühl. Irgendwann spannte sich sein gesamter Kiefer an und er sprang auf. Sein linker Arm streckte sich in Richtung der massiven Tür und sein Blick wurde plötzlich immer finsterer, trotz des Glühen seiner Bernsteinaugen. Erst geschah gar nichts, doch dann öffnete sich ein recht großes Loch mitten in der Tür.

Er hatte sie einfach zum schmelzen gebracht, aus dieser Entfernung! Einfach so! 》Jeder der jetzt schon weiss, der nicht mitmachen wird verzieht sich jetzt.《 er zeigte mit seinem Finger in Richtung des entstandenen Lochs. 》Die, die hier bleiben, wissen worauf sie sich einlassen.《 schnaubte er und ließ sich zurück auf seinem Thron fallen. Aus seiner Nase schoss mit jedem Ausatmen kochendheißer Dampf, der offensichtlich nicht nur mir einen Schauer über den Rücken jagte.

Kalzifer war immer ruhig und kontrolliert. Noch nie hatte man ihn derart zornig gesehen, dass er sogar wahllos etwas zerstörte wie das Tor vorhin. Selbst beim Töten war er stets Herr seiner Sinne, deshalb passte ein solchen Verhalten überhaupt nicht zu ihm.

Es verließen einige den Raum. Nicht viele aber immerhin mindestens dreißig. Die Anderen hingegen sahen uns weiterhin gespannt zu und grinsten sogar teilweise. Sie spürten es sicherlich. Die Mordlust, der Blutdurst und ihren Kampfeswillen.

Allein unter Teufeln 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt