Sannahs Sicht
Schweigend stand ich ruhig vor dem hohen, polierten Spiegel und musterte skeptisch meinen eigenen Körper. Seit der letzten, furchtbar unruhigen Nacht hatten die Tattoos, die eigentlich nur auf meinem Rücken waren, sich wie gierige Ranken erweitert. Wie malerische Blüten zogen sie sich jetzt nach vorne über meine Hüfte bishin zu meinen Oberschenkeln und auch auf meinen Schultern waren sie nun deutlich zu erkennen. Normalerweise sollte ich mir Sorgen darum machen und auch darüber, dass sich dünne Zacken an dem runden Kreis des Pentagramm entstanden waren, das über meinem Herzen lag. Sie hatten sich über Nacht einfach so dramatisch verändert und ließen meinen Körper aussehen wie eine weiße Leinwand, die bereit für ein Kunstwerk war.
Ohne ein Klopfen oder ein Rufen trat Lex ein und schloss hinter sich wieder direkt die dicke Tür des Zimmers. Er trug passend zum Anlass sein Festgewand, das die linke Hälfte seines trainierten Oberkörpers preisgab und damit gleichzeitig das Pentagramm auf seiner Brust. Seine Lippen trugen bei meinem Anblick ein schälmiches Grinsen während er auf mich zu schlenderte und langsam von hinten seine Arme um meinen Körper schlang. 》So viel nackte Haut heute, hast du mich etwa erwartet?《 schnurrte er leise in mein Ohr und strich mit seinen Fingerspitzen meinen Bauch hinab zu meiner Hüfte. Überraschender Weise schien es ihn auch überhaupt nicht zu verwirren, dass sich meine Tattoos so sehr erweitert hatten
》Ach sei doch ruhig ...《 murmelte ich und verdrehte mit gespielt Genervtheit meine Augen. Lex's Blick folgte aufmerksam jeder meiner Bewegungen, während ich mich langsam zu ihm umdrehte und meine Stirn gegen seine Brust stützte. Ich hatte keine Angst, war nicht nervös oder fürchtete um mein Leben, allerdings machte es mir Sorgen gleich gegen meine eigene Tante kämpfen zu müssen.
》Sannah, ist dir etwa kalt?《 fragte Lex und drückte mich noch fester an sich. Doch ich schüttelte bloß meinen Kopf und sah fragend zu ihm auf. 》Aber du zitterst, Prinzessin.《 lachte er und strich mir sanft über mein Haar. Ich wollte mich von seinen warmen, prickelnden Berührungen etwas beruhigen lassen, bevor Casyo kam um mir den Rest meiner Kleidung zu bringen und mich dann zur Arena zu begleiten.
Aber ich drückte ihn schließlich doch von mir weg und sah erneut zu ihm auf und schaute tief in seine violetten Augen. 》Ich werde sie töten müssen, richtig?《 fragte ich und biss mir nervös auf meine Unterlippe. 》Gleich im Kampf, ich muss sie töten ...《 wiederholte und spannte meine Fäuste an.
》Du musst sie nicht töten, allerdings wird sie dich töten, wenn du sie am Leben lässt.《 seufzte er und diesmal war es er, der sich von mir abwandte. 》Unsere Mutter war schon immer so. Wenn sie etwas wollte, dann tat sie alles dafür, um es zu bekommen. Aber diesmal wird es nicht so sein, wenn sie versuchen wird dich zu töten und du dich nicht mehr wehren kannst, dann kommen wir und helfen dir.《 versicherte er mir selbstsicher.
》Lex, das ist kein normaler Kampf!《 widersprach ich ihm und packte ihn an seinem Handgelenk, um ihn zurück zu mir zu drehen. 》Das ist ein Duell um den Thron der Hölle! Wenn ich tatsächlich als Königin Hilfe von euch brauchen sollte um über meine Untertanen zu richten, was wäre ich dann für eine Königin?《 fügte ich hinzu und legte wieder fragend meinen Kopf schief.
Lex Stirn hatte sich in grobe Falten gelegt und sein gesamter Körper war angespannt. Wahrscheinlich stimmte er mir stumm zu, aber wollte es einfach nicht wahr haben. Meine Teufel waren meine Wächter. Sie hielten gemeinsam meinen Geist im Gleichgewicht, schützten mit mir das Volk und mich, aber bei einem Kampf um die Herrschaft konnte und durfte keiner von ihnen mir helfen. Das würde nicht nur meine Ehre infrage stellen, sondern auch noch meinen Stolz verletzen. 》Du wärst dennoch unsere Königin ...《 murmelte Lex als wäre er verletzt und ging langsam in Richtung der Tür. 》Wir werden uns dann gleich in der Arena sehen.《 sagte er zum Abschied und verließ dann ohne weitere Worte den Raum. Er wartete nichtmal darauf, ob ich noch etwas sagen wollte, er ging einfach.
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Allein unter Teufeln 3
FantasyAllein unter Teufeln 3 ~Die falschen Sünden~ Viele Jahre sind vergangen seitdem Sannah in die Hölle gekommen ist, jedoch hat Zeit für sie sowieso keine große Bedeutung mehr. Als Kronprinzessin der Unterwelt hat sie es aber trotzdem nicht besonders...