Kapitel 2

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Nachdem Chris wieder von dem schrillen Ton seines Weckers geweckt wurde, stand er auf und folgte seiner morgenliche Routine. Das Frühstück ließ er diesmal aus, dafür ließ er sich mehr Zeit, um in irgendwelchen Magazinen herumzublättern. Als es dann an der Zeit war loszufahren, hiefte er sich langsam vom Sofa hoch und trottete lustlos zu der Gaderobe im Flur. Dort blieb er ein paar Minuten stehen, da er sich nicht sicher war, welche Jacke er tragen sollte. Die Entscheidung fiel auf den weißen Mantel, der perfekt zu seiner schwarzen Hose passte. Und zu dem lilanen Hemd natürlich auch. Chris schlüpfte noch schnell in einer seiner Designer-Schuhe und verließ das Haus, diesmal aber ohne sich zu verabschieden. Auf dem Weg zur Schule bereitete er sich mental schon auf den Wurf in den Müllcontainer vor, doch als eines seiner lieblingslieder Lieder im Radio lief, sang er so laut mit, dass er schon wieder vergaß, dass er gleich bei der Schule ankommen würde. Gerade als er auf dem Parkplatz zum stehen kam, war das Lied vorbei. Chris sah schon Mike, der übertrieben freundlich grinste und ihm zuwank. Seufzend stieg er aus dem Wagen und war schonmal dabei seinen teuren Mantel aufzuknöpfen, was Mike noch mehr Freude zu bereiten schien. Als Chris bei den Müllcontainern ankam, drückte er Mike wieder seine Jacke und seine Tasche entgegen. Dadurch, dass er ein kurzärmliges Hemd trug, konnte man seine Muskeln an den Armen sehen und er war sich ziemlich sicher in Mikes Augen noch etwas wie Bewunderung gesehen zu haben, bevor er auch schon in dem Müllcontainer landete. Diesmal war er der Einzige, der darin lag. Zum Glück war er wiedernmal auf einem Haufen Pappe gelandet. Er stemmte sich wieder hoch und kletterte heraus, wo Mike ihm auch schon seine Sachen entgegen hielt. Chris packte sie und zog sich seinen Mantel wieder über.

,,Habt ihr schon das neue Mädel gesehen?" fragte Mike, während er wieder eine Zigarette austrat.

,,Ja, die sieht richtig scharf aus. Die soll anscheinend bei diesen Chorleuten mitmachen, hat wohl so'ne mega Stimme." erzähle John. Chris verkniff sich den Kommentar, dass sie ein Gesangskurs sind und keine Chorleute. Er schwang sich seine Tasche wieder über die Schulter und stolzierte ins Schulgebäude. Zu seiner Überraschung rief ihm niemand etwas hinterher. In der Schule lief er die Flure entlang bis zu seinem Schließfach. Überall in den Gängen konnte er Getuschel auffangen. Alle schienen sich über die neue Schülerin zu unterhalten. Chris fragte sich, was an dieser Schülerin wohl so anders war, dass alle über sie redeten. Und als er sie dann sah, verstand er es. Sie stand an dem Schließfach neben seinem -es wurde ihr wahrscheinlich zugeteilt, weil es niemandem gehörte- und stelle gerade ein paar Büche hinein. Sie trug eine enge schwarze Hose mit Bändern an den Seiten, die es so aussehen ließen, als sei die Hose geschnürt. Ihr Oberteil war ebenfalls schwarz und schulterfrei. Die Ärmel, die bis zum Ellenbogen reichten, waren aus Spitzenstoff, genau wie die Kette, die sich eng um ihren Hals schlang. Auf der Kette war ein Stein von dem kleine Bänder hinunter hingen. Was Chris jedoch am meisten auffiel, waren die Schuhe:

Sie waren auch schwarz, mit einer kleinen Schleife an der Seite und einem hohen Absatz. Es musste sich mindestens um acht Zentimeter handeln.

Er nahm all seinen Mut zusammen und stellte sich neben sie und schloss sein Schließfach auf.

,,Du bist also die neue Schülerin?" fragte er vorsichtig. Sie knallte ihre Spinttür zu und drehte sich zu ihm. In diesem Moment war Chris wie erstarrt. Er blickte geradewegs in zwei grüne Augen. Ihre Augen waren richtig grasgrün, wie die einer Katze. Sie musterte ihn abschätzig und sagte nicht einen Ton. Da ihm die Situation unangenehm wurde, wandte er den Blick von ihr ab und wollte eigentlich auf den Boden sehen, doch sein Blick blieb bei ihren ringenbesezten Fingern hängen. Und da erkannte er wie teuer die Sachen waren, die sie trug. Er runzelte leicht die Stirn. Wieso ging jemand, der solche Kleidung und solchen Schmuck tragen konnte, auf so eine Schule? Klar, das hier war eine der besten Schulen in London, aber auf diese Schule gingen wohlhabende, keine reichen. Er sah wieder auf und erschrak innerlich, als sie ihm direkt in die Augen sah. Sie verzog nicht eine Miene, drehte sich um und ging. Ja, genau damit hatte er gerechnet. Sie würde keinen Ton mit ihm reden. Während sie den Flur hinunter ging, betrachtete er sie noch. Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihre Haare ihr fast bis zur Taille reichten. Sie waren so zugeschnitten, dass sie von vorne nach hinten hin länger wurden.
Vielleicht wirkten ihre Augen auch durch den Farbton ihrer Haare noch grüner, überlegter er, als er sie um die Ecke verschwinden sah. Es war irgendwie ein Farbton zwischen Vollmilchschokolade und Zartbitter. Eigentlich hatte er nie sonderlich über die Kombinationen von Haar- und Augenfarbe nachgedacht, aber dieses fremde Mädchen veranlasste ihn dazu.

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