Kapitel 26

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Der unangenehm schrille Ton des Weckers riss Chris aus seinem festen Schlaf. Erst versuchte er das unerwünschte Geräusch auszublenden, sah aber schnell ein, dass das wohl nichts werden würde. Stöhnend drehte er sich um und machte den Wecker aus. Dann ließ er sich wieder auf den Rücken fallen und starrte einige Minuten an die markellose Decke. Schule war schon eine anstrengende Angelegenheit. Wie vom Blitz getroffen schwang er sich aus dem Bett, packte im Vorbeigehen die zurechtgelegte Kleidung von seinem Schreibtischstuhl und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. Dort genehmigte er sich erst einmal eine angenehme Dusche zum Wachwerden, ehe er sich anzog und noch eine ganze Weile seine Haare zurechtzupfte. Nach ungefähr einer Stunde und fünfzehn Minuten verließ Chris das Badezimmer, schmiss seinen Pyjama unachtsam auf sein Bett und lief die Treppe nach unten in die Küche, wo seine Mutter bereits das Frühstück vorbereitete.

,,Guten Morgen, Mum."

,,Morgen, Liebling." erwiederte seine Mutter gut gelaunt. ,,Du solltest einen Regenschirm mitnehmen, wenn du losgehst. Es sieht nach sehr starkem Regen aus." riet Maisie, während sie ihrem Sohn eine Kaffeetasse reichte.

,,Ich habe immer einen Regenschirm in meinem Auto." erwiederte Chris und trank vorsichtig einen Schluck von seinem Kaffe, um sich nicht die Zunge zu verbrennen. Die entspannende Ruhe wurde gestört, als Finn herunter gerannt kam, sich schnell ein Toast schnappte und einfach weiterging.

,,Finn Evans! Du wirst auf der Stelle hierher kommen und wie ein zivilisierter junger Mann am Tisch mit uns frühstücken!" fuhr seine Mutter ihn an, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihr bitterer Ton veranlasste Finn dazu sofort umzudrehen und sich an den Tisch zu setzten während Chris einfach so tat, als wäre der Zuckerwürfel in seinem Kaffee das interessanteste, das er je gesehen hatte.

,,Entschuldige, Mum, aber ich suche mein Handy." erklärte Finn leise. Maisie zog ihre Augenbraue hoch.

,,Hast du dein Handy etwa schon wieder verloren?" fragte sie vorwurfsvoll. Finn zuckte demütig mit den Schultern und kaute an seinem Toast herum.

,,Ich bin mir sicher, dass er es nur verlegt hat." mischte Chris sich ein, um seinem Bruder zu helfen. Seine Mutter konnte sehr unangenehm werden, wenn etwas nicht so lief wie es sein sollte und Chris hatte nicht übel Lust auf Streit am Morgen.

,,Wenn du es bis heute Abend nicht gefunden hast, Freundchen, kriegen wir beide ein Problem." warnte Maisie ihren jüngesten Sohn, wobei sie mit dem Finger auf ihn zeigte. Mit großen Augen sah Finn seinen Bruder an, der ein wenig panisch zurückblickte. Nachdem Chris fertig gefrühstückt und seine letzten Sachen zusammengesucht hatte, stieg er in sein Auto und fruh zu dem Cafe. Seine Mutter hatte nicht übertrieben, als sie sagte, es sehe nach starkem Regen aus. Der Himmel war eine einzige graue Wolkendecke und der Wind fegte durch die Luft, sodass Chris überlegte, ob er nicht einfach im Auto sitzen bleiben sollte. Er konnte Isabelle am Fenster sitzen sehen, in ein Buch vertieft und neben sich eine dampfende Tasse Tee in der sie mit einem kleinen Löffel herumrührte. Letztlich entschied er sich auszusteigen, dabei vergrub er sein Gesicht so weit es ging in dem Kragen seines Mantels. Hoffentlich wurde seine Frisur nicht von dem Wind zerstört. Als er das Cafe betrat, umhüllte ihn eine wohlige Wärme und die Frau hinter dem Tresen lächelte ihn freundlich an, was Chris nur allzu willig erwiederte.

,,Guten Morgen." sagte Chris, als er gegenüber von Isabelle Platz nahm.

,,Hmm." war alles, was er als Antwort erhielt. Obwohl es sehr warm in dem Cafe war, ließ Chris seinen Mantel an. Isabelle hingegen hatte wie immer ihren Mantel über die Stuhllehne gehängt. Sie trug einen grauen Rollkragenpullover, der selbstverständlich figurbetont war, dazu passend graue High Heels und eine schwarze Hose. Ihre Haare fielen über ihren Rücken und umramten ihr blasses Gesicht. Er beobachtete wie die Ringe an ihren Fingern funkelten, wobei er feststellte, dass drei Ringe immer dieselben waren. Ob sie eine besondere Bedeutung für sie hatten? Chris traute sich nicht zu fragen. Als die Bedienung eine Tasse vor ihm abstellte, sah er auf und lächelte der Frau dankend zu. Isabelle las immer noch in ihrem Buch, so als würde sie ohne jegliche Gesellschaft sein. Chris fühlte sich einige Monate zurückversetzt, als er nur Selbstgespräche geführt hatte und schon froh war, wenn sie mit der Braue gezuckt hatte. Doch mittlerweile war es anders. Wenn sie sich so vor ihm verhielt, fühlte er sich vor den Kopf gestoßen, doch er wusste nicht, ob er das Recht dazu hatte. Er selbst glaubte zwar, ihr einziger richtiger  Freund zu sein, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie es genauso sah. Beziehungsweise, dass sie es einsah. Da Chris ausnahmsweise mal nichts mitzuteilen hatte, trank er schweigend seinen Tee, darauf wartend, dass Isabelle irgendwelche Anstalten machte, ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Was sie nicht tat, bis sie einen Blick auf die Uhr warf und ihm sagte, dass sie los mussten. Auch die Fahrt zur Schule war still, was Chris langsam unwohl werden ließ.

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