"Und sowas sagst du mir ins Gesicht!"
Diese schrille Stimme drang in ihre empfindlichen Ohren. Avina verkrampfte sich auf ihrem Rücken.
"Das ... das war das Mädchen, das die Dämonen auf mich gehetzt hat."
"Sie haben sie vor uns gefunden. Wir müssen ihnen helfen!"
"Gut, aber sei leise! Ich will mir erst die Situation anschauen."
Sie preschte los. In die Richtung aus der die Stimme kam. Sie kam hinter einer dicken Tanne zum stehen. Entsetzt sah sie auf die Szene die sich vor ihr abspielte. Will wurde von dem pantherähnlichen Dämonen zu Boden gedrückt, während seine Herrin Nathaniel in Grund und Boden schimpfte. Aber da war noch ein Mann. Er hatte dunkelblondes Haar und ein kantiges Gesicht. Die Spitze seines Schwertes zeigte auf Williams Kopf.
Avina wollte schon hin rennen, aber Selina hielt sie davon ab.
"Bist du wahnsinnig? Du weißt nicht zu was sie imstande sind."
"Fällt dir etwas besseres ein?",fauchte sie.
Selina dachte einen Moment nach. Ihr kam eine Idee.
"Hoffentlich funktioniert es.", murmelte sie leise.
Sie legte den Kopf in den Nacken und heulte. Bald darauf fing noch ein Wolf an zu Heulen. Und noch einer.Rose blickte verwirrt umher. Überall begannen Wölfe zu heulen.
"Verdammt! Kyle! Du sagtest, dass sie allein sind."
"Waren sie auch, als ich vorhin mit Hun geredet hatte. Er sagte, sie seien alleine losgezogen. Dass die Hündin und ihre Freundin noch schliefen."
"Dann hat er sich geirrt, verdammt. Diese Hündin ist hier und bringt sämtliche Wölfe gegen uns auf. Ihre Freundin ist mit Sicherheit bei ihr."
"Also auch seine Freundin...", Kyle begann fies zu lächeln.
"Wie wäre es, wenn wir Jack ein neues Spielzeug mitbringen?"
Nathaniel spürte wie ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wich.
"NEIN! Ihr lasst die Finger von ihr.", brüllte er und sandte eine Druckwelle aus. Diese schleuderte Rose von ihm und den Panther von Will runter.
Schnell rappelte er sich auf und sah sich um. Rose war gegen einen Baum geschleudert worden und nun bewusstlos. Der Panther sprang vor, hob sie vorsichtig auf und flog los. Sämtliche Dämonen setzten zum Flug an, um ihn zu folgen. Kyle sprang auf den Rücken eines Dämonen und sah Nathaniel noch einmal an.
"Das ist noch nicht vorbei, Nathaniel. Wir kommen wieder und sorgen dafür, dass du leidest bis du stirbst."
"Und das werde ich zu verhindern wissen.", rief er ihm nach als er verschwand.Selina verwandelte sich, zog sich schnell etwas an und ging mit Avina zu den beiden Männern.
Ein Zweig knackte hinter ihm und er verspannte sich.
"Wie kommt ihr auf die bescheuerte Idee uns zu folgen?!?", begann er leise und wurde zum Ende hin immer lauter. Er drehte sich wütend um und sah die beiden Mädchen vernichtend an. Selina zog instinktiv den Kopf ein, doch Avina starrte ihn nur an.
"Vielleicht hast du es ja nicht bemerkt, aber wir haben für die dringend benötigte Ablenkung gesorgt, damit du dich und Will befreien konntest!", sagte sie zornig.
"Nein. Selina hat für die Ablenkung gesorgt. Du hast dich unnötigerweise zur Zielscheibe gemacht.", schrie Nathaniel sie an.
"Willst du wissen, was passiert, wenn sie dich in ihre Finger bekommen?! Du wirst zu Jack gebracht! Er hat keine Scheu davor, anderen das Schlimmste anzutun. Er foltert dich, bis dein Geist bricht und dann wirft er dich weg, weil du nur noch eine leere Hülle bist und ihm keinen Spaß mehr bereitest!", er raste vor Wut.Selina trat vor Avina.
"Es reicht, Nathaniel!"
"Und du! Du ermöglichst ihr das alles auch noch. Wenn ich so drüber nachdenke, bist du nicht weniger irre, als die ganzen Gestaltwandler vor dir. Immer auf der Suche nach neuen Konflikten und Prügelleien."
Sie sah ihn entsetzt an. Sie brachte kein Wort heraus. Ihren besten Freund hatte sie wahrlich noch niemals so wütend erlebt. Er wollte gerade wieder anfangen als Will ihm in die Schläfe boxte. Nathaniel sackte zusammen. Avina schluchtzte leise hinter ihr. Auch Selina konnte die Tränen die ihr über die Wange liefen, nicht unterdrücken. Wie konnte er nur?
"Ganz ruhig. Er meint es nicht so."
"Doch. Was mich betrifft, da meinte er es genau so. Avina bekam lediglich seine Sorgen um sie zu spüren."
Will sah zu den beiden auf. Sein Blick hatte vorher auf dem Boden gehaftet.
"Das glaube ich nicht, Selina."
"Glaube was du willst, William. Ich denke, er hat seine Meinung offen und ehrlich preisgegeben."
"Wir sollten hier warten bis er aufwacht.", meinte Will.
"Oder ihn verscharren", knurrte Selina leise und verzog sich hinter einen Baum. Sie verwandelte sich, ohne auf die Kleider zu achten und rannte los.Nach einer Weile blieb sie stehen und hechelte. Sie wusste, dass sie nicht allein war. Jemand beobachtete sie. Sie unterbrach ihr Hecheln und knurrte leise. Eine schnelle Bewegung in ihrem Augenwinkel und sie sah rasch hin. Etwas großes Braunes huschte hinter den nächsten Baum.
"Komm raus! Ich habe dich schon gesehen!", forderte sie.
Ihr Beobachter trat hinter dem Baum hervor und starrte sie an. Ihr blieb die Luft weg.
Es war kein er. Es war eine sie. Eine große braune Wölfin mit goldenen Augen. Sie war etwas kleiner als Selina, und ihr Geruch hatte etwas menschliches.
Sie war, wie sie selbst, ein Gestaltwandler, ein Wolfsgestaltwandler. Sie war noch nicht ausgewachsen und ein paar Jahre jünger als sie.
Selina trat langsam den Rückzug an. Wenn diese Wölfin irre war, wollte sie keine unnötigen Verletzungen riskieren. Die Wölfin hingegen trat vorsichtig und langsam vor. Selina wich immer weiter zurück, doch plötzlich knallte ihr Hintern gegen einen Baum. Verdammt. Die Wölfin nutzte die Ablenkung, um an sie heranzukommen und zu schnüffeln.
"Interessant.", murmelte sie plötzlich.
"Was ist interessant?", fragte Selina vorsichtig.
"Die Tatsache, dass ich nicht allein bin."
"Wie heisst du?"
"Amber und du?"
"Selina.", antwortete sie knapp.
"Was tust du hier, Selina? Ich weiß, dass du nicht hier her gehörst, also wieso bist du hier?"
"Ich muss mit meinen Freunden in die Hauptstadt, um den König zu treffen. Wir benötigen seine Hilfe."
"Das dürfte nicht allzu schwer sein, wenn du ihn bittest."
"Wieso?"
"Er liebt Gestaltwandler. Er würde es nie übers Herz bringen, einen von uns umzubringen, nicht wie in Larwenia, wo die Leute uns zum Spaß jagen."
"Zufällig komme ich von dort und meine Freunde auch."
"Sie hast du es geschafft zu überleben?", fragte Amber erstaunt.
"Indem ich mich nie jemanden anvertraut habe."
"Und trotzdem, wissen deine Freunde was du bist?"
"Sie haben es herausgefunden. Hast du mir vorhin geantwortet?", versuchte Selina vom Thema abzulenken.
"Ja. Ich habe diese Leute gesehen und die Dämonen und dann dich. Ich wusste, dass etwas nicht stimmt und als du angefangen hast zu heulen, habe ich geahnt, dass es zur Ablenkung diente, also habe ich geantwortet."
"Dankeschön.", lächelte Selina, "Dank dir hat es funktioniert."
Sie grinste mit ihrem braunen Wolfsgesicht.
"Das habe ich gerne gemacht."
"Ich weiß, das kommt jetzt etwas plötzlich, aber könntest du uns helfen zum Schloss zu gelangen?"
"Ich kann euch sogar hinbringen, wenn das euch recht ist.", strahlte sie.
"Das musst du nicht machen."
"Aber nun will ich es. Ich komme mit und basta.", sagte Amber knapp.
"Lass uns zurück gehen. Die warten sicher schon."
"Ja, der Schwarzhaarige mit den grünblauen Augen, wollte dir hinterherlaufen, aber du warst zu schnell weg. Er sieht gut aus.", sagte sie etwas verträumt.
Selina knurrte leise.
"Wieso knurrst du?"
"Lass die Finger von ihm!"
"Wieso? Ist er vergeben?"
"Ja, an mich.", sie ließ ihre Stimme ein wenig drohend klingen, damit Amber begriff, dass sie es gar nicht erst probieren sollte.
Amber lachte.
"Na dann, aber ich kann es trotzdem versuchen oder?"
Verspielt zwickte die junge Wölfin in ihre Schulter.
"Wie alt bist du eigentlich?", fragte Selina, die nicht auf das Spiel eingehen wollte.
"Fünfzehn."
"Und da interessierst du dich für Männer?"
"Wie alt bist du denn?"
"Ich bin mittlerweile neunzehn. Und in deinem Alter habe ich die Jungs noch alle ignoriert."
"Willst du mir jetzt einen elterlichen Vortrag halten?"
Selina starrte die freche junge Wölfin an, die wieder versuchte, sie zum Spielen zu überreden, indem sie sie zwickte. Nun zwickte Selina etwas stärker zurück und Amber fiepte kurz, rannte aber dann los.
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Larwenia 4 - Son Of Fear And Elements
FantasyAvina, Selina, Nathaniel und William machen sich auf den Weg, um mit dem König von Sondra zu verhandeln. Dabei werden sie jedoch von Darons persönlicher Attentätertruppe verfolgt, die eine Vergangenheit mit Nathaniel zu haben scheinen. Aber sie hab...