Am Morgen erreichten sie die Grenze zu Sondra und Christian beschloss eine Pause einzulegen. Die meisten konnten keinen Schritt mehr gehen.
Avina setzte sich gähnend und Nathaniel neben sie.
"Wir sollten die Zeit zum Schlafen nutzen."
Avina nickte und lehnte sich an seine Schulter.
Nathaniel schmunzelte und legte sich mit ihr auf den Waldboden. Ihre Taschen mussten als Kissen herhalten und Avina schlief sofort ein.
Nathaniel schloss ebenfalls erschöpft die Augen. Dieser Tag, beziehungsweise diese Nacht, war nicht gerade Positiv verlaufen. Er war müde. Nicht müde wie Avina, die neben ihn schlief. Er war wegen dieser Sache müde. Das musste beendet werden. Diesen Zwiespalt in sich würde er nicht mehr lange aushalten.
Plötzlich hörte er ein Knurren und drehte sich um. Ein paar Blätter bewegten sich. Er stand auf und lief in diese Richtung, während alle anderen schliefen.
Es kam ihm vor, als wäre er noch keine drei Schritte gegangen, da stand sie plötzlich neben ihn.
Wie konnte sie so schnell, so unbemerkt bei ihm sein?
Er drehte den Kopf und sah in zweifarbige Augen. Eines Silber und das andere Eisblau, doch sie gehörten zu einer Person. Einer Person mit langen weißen Haar.
"Rose, warum bist du hier?"
Sie legte eine Hand auf seine Schulter. "Aber Nathaniel, das weißt du doch. Du hast uns verraten", sie beugte sich zu seinem Ohr und flüsterte:
"... und Veräter müssen sterben."
"Wie kommt es dann, dass ich noch nicht tot bin? Du zögerst doch sonst nicht."
Rose stellte sich vor ihn.
"Aber Nathaniel", ihre Stimme wurde plötzlich anders, "Wie soll ich dich töten? Wir gehören zusammen." Plötzlich stand vor ihm ein kleines Mädchen. Immernoch dieselben Augen und langes weißes Haar, das zu Zöpfen geflochten war und in einen langen weißen Kleid. Es war Rose mit gerade sechs Jahren.
"Ich träume."
Sie kicherte.
"Was ist schon der Unterschied zwischen Traum und Erinnerung? Erinnerungen sind Realität."
Plötzlich veränderte sich auch die Umgebung. Unter seinen Füßen war nun weißer Wüstensand. Die Luft flimmerte vor Hitze und ihre Stimme klang weit entfernt.
"Fang mich Nathaniel!"
Er lief ihr hinterher. Die weißen Stufen hinauf und durch das Tor in den Hof der kleinen weißen Burg. Der Legende nach, war sie geschlagen aus dem Knochen eines Riesen. Und es war der Ort, an dem er seine Kindheit verbracht hatte. Keiner kam dieses Burg zu nahe. Nur sein Vater kam eine Woche lang jeden Monat hier her und die Lehrer natürlich.
Er holte Rose ein und umarmte sie. "Hab dich Rosie!"
"Du bist größer. Deine Beine sind länger, das ist unfair Nathaniel."
Rose wollte noch etwas sagen, als sie eine andere Stimme unterbrach.
"Hier steckt ihr. Habt ihr euch wieder rausgeschlichen? Nathaniel das wird Vivian nicht gefallen."
"Ach Alexander", Rose lächelte ihren Lehrer an.
"Nichts Alexander. Du musst trainieren!"
"Entschuldige", sie lief zu ihm.
"Bis nachher Nathan..""...iel ... Nathaniel! Wach auf!"
Avina schüttelte ihn und er schlug keuchend die Augen auf.
"Wie? Was? Geht's weiter?"
"Nein ich bin aufgewacht, weil du so unruhig warst. Was ist los?"
"Ich will dich nicht beunruhigen."
Avina sah ihn vorwurfsvoll an. "Nathaniel. Wer oder was ist hinter uns her?"
Er seufzte.
"Meine Familie ... sozusagen."
Avina sah ihn fragend an und er stand auf.
"Komm! Das muss nicht jeder hören."
Avina nickte und die beiden gingen etwas von den anderen weg.
"Also, wie hast du das gemeint?", fragte Avina und Nathaniel setzte sich auf einen Baumstamm.
"Als ich gerade sieben wurde, hat mein Vater beschlossen mich zu trainieren. Schon nach etwa einem Jahr hat er dann wohl festgestellt, was für ein Vorteil es ist, ein Kind zu trainieren. Über Jahre hinweg, lernt man keine Fragen zu stellen und all das praktisch lebenslange Training macht einen stärker als jeden Soldaten. Er fand, einer von der Sorte ist nicht genug und brachte mich auf eine Burg in der Wüste. Die meisten Leute in unseren Land glauben, dass es sie verflucht ist und so konnte er dort ganz in Ruhe seine Pläne in die Tat umsetzen."
"Was für Pläne?", fragte Avina und Nathaniel fuhr fort.
"Immer wenn er ein Kind mit besonderen Fähigkeiten entdeckte, brachte er es dort hin. Nunja damals dachte ich, es wären Kinder ohne Familie, doch nach der Sache mit Raphaels Eltern ... Ich vermute er hat dafür gesorgt, dass niemand nach ihnen fragt."
Avina sah ihn geschockt an.
"Wie viele von euch gibt es?"
"Über die Jahre hinweg, wurden wir fünf. Zuerst nur ich und Rose, die Selina im Wald entdeckt hat. Dann noch drei weitere Jungen", er seufzte, "Wir waren fast wie Geschwister und jetzt benutzt Daron sie gegen mich. Wir sind für ihn doch nur Schachfiguren."
Avina umarmte ihn.
"Sie werden uns nicht kriegen. Wir müssen uns nur beeilen."
Nathaniel nickte, obwohl er nicht daran glaubte, sie würden ihn nicht kriegen. Sie waren zu gut, um es nicht zu tun. Er konnte nur versuchen sie, wenn es so weit war, zur Vernunft zu bringen. Davon zu überzeugen, dass Daron sie nur benutzte. Er wollte nicht gegen sie kämpfen, geschweige denn sie töten.
"He ihr zwei, es geht weiter!", rief Selina die die beiden schon gesucht hatte und die beiden liefen zu ihr.
"Sind ja schon da."
"Was habt ihr denn gemacht?"
"Wir konnten nur nicht schlafen.", antwortete Avina. Sie fand, sie musste Selina nicht alles erzählen. Das war Nathaniels Entscheidung. Es erstaunte sie, dass er es ihr überhaupt erzählt hatte.
Die Leute setzten sich wieder in Bewegung und liefen weiter Richtung Nordel. Doch die heutige Nacht müssten sie noch einmal im Wald verbringen. Wenn sie weiterhin in diesem Tempo liefen, konnten sie die Stadt morgen Mittag erreichen.
Avina hoffte, dass auch alle bei ihnen blieben.
Nordel lag direkt am Gebirgspass. Vielleicht würden einige Leute die Gelegenheit nutzen und woanders ein neues Leben beginnen.
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Larwenia 4 - Son Of Fear And Elements
FantasyAvina, Selina, Nathaniel und William machen sich auf den Weg, um mit dem König von Sondra zu verhandeln. Dabei werden sie jedoch von Darons persönlicher Attentätertruppe verfolgt, die eine Vergangenheit mit Nathaniel zu haben scheinen. Aber sie hab...