9.Kapitel.Bruder

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Er setzte sich an einen Tisch und kurz darauf kamen Will und Avina die Treppe hinunter. Diesmal kam der Wirt und sie bestellten schon mal Frühstück für alle. Dann kamen auch Selina und Amber herrein. Beide in Menschengestalt und gefolgt von der Wirtin. Sie lächelte.
"Wie ich sehe, hat mein Bruder euch schon bedient."
Avina nickte lächelnd und Will stellte fest.
"Ach deshalb hat er auch diese Augen."
"Ja in meiner Familie sind alle Geparden. Wir konnten nicht in Kastilien bleiben, unsere Augen sind zu auffallend. Meine Familie lebt bereits seit ein paar Generation in Sondra."
"Ja, aber ich bin nur ein normaler Gepard. Kein Schwarzer.", bestätigte der Wirt der eben zurückkam, um auch noch die Getränke auf den Tisch zu stellen.
Amber und Selina setzen sich und begannen zu essen. Es herrschte Stille, bis Amber fragte:
"Können wir nicht etwas bleiben?"
"Nein wir haben es eilig.", antwortete Nathaniel bissig und ergänzte:"Aber niemand zwingt dich mitzukommen."
Amber stopfte ihr restliches Frühstück in sich hinein.
"Schon gut. Ich will aber mit euch gehen."
Dann standen die fünf auf und gingen ins Zimmer um ihre Sachen zu packen. Sie verabschiedeten sich von Sora und ihren Bruder und machten sich gleich auf den Weg.
Zu ihrem Glück war die Stadt nicht mehr weit und sie suchten sich eine Fähre, sodass sie bereits am Mittag das andere Ufer und damit die Hauptstadt erreichten. Nahezu endlos viele Stufen führten sie zum Schloss hinauf, in dessen Hintergrund das glitzernde Meer lag, und Amber fragte:
"Denkt ihr, die lassen uns einfach rein? Der König mag zwar Gestaltwandler, aber naja ..."
William grinste.
"Überlass das mir."
Sie hatten Amber ihre Herkunft noch nicht verraten und er freute sich auf ihre Reaktion.
Als sie dann das Tor erreichten, standen ihnen sofort Wachen im Weg und eine fragte:
"Stopp! Wer seit ihr und was wollt ihr?"
"Ich bin Prinz William von Larwenia und ich muss mit eurem König sprechen."
Zum Beweis hielt er ihnen den Siegelring entgegen und die Wachen traten zur Seite. Amber starrte sie ungläubig mit offenem Mund an, traute sich jedoch nichts zu sagen und eine der Wachen führte sie zum König.

Das Schloss war ziemlich prunkvoll eingerichtet. Mit vielen Gemälden von einstigen Königen und Gestaltwandlern in der Natur. Die Böden waren mit weißen Mamorfliesen ausgestattet und die Wände mit goldenen Mustern verziert.
Es sah hier so anders aus als zuhause. William und die anderen folgten der Wache, die nun vor einer Tür stehen blieb.
"Ich bitte euch, hier zu warten, während der König mit Prinz William spricht.", sagte der Mann zu seinen Weggefährten. Diese wollten protestieren, doch William schüttelte den Kopf. Die Wache öffnete einen Flügel der Tür, trat herein und kündigte ihn an.
"Prinz William von Larwenia bittet um eine Audienz, Euer Hoheit."
"Lasst ihn rein", drang eine interessierte Stimme in sein Ohr.
Die Wache nickte Will zu und er trat hinein. Die Wache schloss die Tür hinter ihm.
Er sah zum Thron und seine Miene erstarrte. Dieser Mann ... dieser König ... oh scheiße.
"Guten Tag Prinz William. Welchen Anlass gibt es, dass Ihr zu mir kommt?"
"Ich ... äh ... nun."
"Gibt es ein Problem?", fragte der Mann mit Selinas Augen.
"Nein, Euer Hoheit. Ich bin nur etwas über Euer Aussehen überrascht. Darf ich Euch eine Frage stellen?"
Der junge König runzelte die Stirn. Nach Wills Schätzung konnte er nicht älter als dreißig sein.
"Warum nicht?", fragte er nach einer Weile auch wenn er ihn skeptisch ansah.
"Habt ihr eine Schwester?"
"Früher in meiner alten Heimat hatte ich eine kleine Schwester."
"Woher stammt ihr?"
"Aus Hagenfels." Es war wie ein Schlag in die Magengegend. Das konnte nicht sein! Sie war doch Einzelkind!
"Wisst Ihr wie Eure Schwester heißt?"
"Ich weiß zwar nicht was euch das angeht aber ich glaube, ihr Name war Selina. Ich bin mir nicht mehr so sicher. Ich hab sie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Mit zehn bin ich von Zuhause abgehauen."
Das musste William erst einmal verdauen.
"Aber nun sagt! Wieso fragt Ihr mich aus? Wie gesagt, ich glaube nicht, dass Euch das angeht, aber ich habe die Vermutung, dass Ihr mich das eben nicht grundlos gefragt habt."
"Ich habe tatsächlich einen Grund dafür" gab William zu "Ich glaube ich kenne Eure Schwester."
Der König wurde blass und sah ihn ungläubig an.
"Ihr kennt sie? Wie geht es ihr? Wie sieht sie aus?"
Will schmunzelte.
"Am besten macht ihr euch selbst einen Überblick.", sagte er und ging zur Tür.

Selina rutschte unruhig auf einer Sitzbank am Fenster hin und her. Sehr zu Nathaniels Leidwesen.
"Könntest du bitte still sitzen?", zischte er.
"Nein, kann ich nicht und wenn du mich noch einmal anzischst ist der Teufel los.", knurrte sie wütend.
Die Tür ging auf und alle sprangen auf. Wills Kopf erschien im Spalt.
"Selina würdest du bitte reinkommen?"
Verwirrt trat sie herein. Ihr fiel alles aus dem Gesicht, als sie den Mann auf dem Thron sah. Er war ihre ältere, männliche und dickere Version.
"Oh Scheiße.", brach es aus ihr heraus.
Will trat neben sie. "Euer Majestät, darf ich euch Eure Schwester vorstellen? Das ist Selina."
Sie blickte unsicher von dem König zu Will.
Das Gesicht ihres dicken Bruders verwandelte sich in etwas, das Selina an ein Schwein erinnerte, ein glückliches Schwein. Er lächelte sie an.

"Schön dich endlich kennen zu lernen, kleine Schwester. Ich bin Luke."
"Ich wusste nicht einmal, dass du existierst. Ich weiß nicht, ob ich dich da Bruder nennen kann.", antwortete sie. Der Typ war ihr nicht geheuer. Irgendetwas sagte ihr, dass sie schnellstens die Flucht ergreifen sollte.
Das Gesicht, das ihrem ähnlich war, entgleiste, aber kurze Zeit später fasste er sich wieder.
Will beugte sich zu ihr. "Selina, es ist keine gute Idee den König zu beleidigen, wenn wir etwas von ihm wollen.", murmelte er.
"Ich beleidige ihn nicht."
"Nein kleine Schwester, du beleidigst mich nicht. Du wusstest bis jetzt nichts von mir, weil ich weggelaufen bin, als du gerade mal drei Wochen alt warst."
"Wieso bist du weg?"
"Weil sich unsere Eltern nur noch um dich gekümmert haben und du angefangen hast zu schreien, sobald du mich sahst." Seine Stimme klang eifersüchtig und hatte neben dem Ganzen einen bitteren Nachklang.
Jetzt begriff sie auch warum sie das Gefühl hatte, dass sie die Flucht ergreifen musste und Will überlegte ob es so gut war sie herein zu bitten, nun wo er das wusste.
"Und wie bist du auf den Thron gekommen?"
"Kurz nachdem ich weggelaufen war, bin ich nach Sidian. Dort traf ich einen Mann der mich aufnahm, als ich ihm sagte, dass meine Eltern tot seien. Der reiste mit mir hierher und erst ab dem Zeitpunkt ab dem er sich auf den Thron setzte, wusste ich, dass ich zu der richtigen Familie gekommen bin.
Er zog mich auf und machte mich zu seinem Erben, da er keine eigenen Nachkommen hatte. Als er dann gestorben ist, habe ich das alles übernommen. So jetzt ruft eure Freunde herein, wir wollen zusammen speisen."
Selina rannte praktisch zur Tür und öffnete sie.
Ihre Freunde sahen sie fragend an.
"Ihr werdet es sehen, wenn ihr reinkommt.", murmelte sie leise und immernoch stand sie unter Schock.
Nathaniel stürzte hinein und entdeckte den König.
Erschrocken sah er von ihm zu Selina.
Auch Avina sah etwas bleich um die Nase herum aus.
Nur Amber starrte verwirrt auf die Szene, die sich vor ihr ereignete.
"Willkommen meine Freunde.
Oh, Prinzessin Avina. Es freut mich euch wiederzusehen. Ist Euer Bruder mit Euch hier, um mit mir über das Bündnis zu sprechen?"
"Ja ich bin hier, um mit euch ein Bündnis auszuhandeln. Aber meine Schwester steht Euch nun nicht mehr als Ehegattin zur Verfügung."
"Wieso nicht? Das Bündnis wurde bereits ausgehandelt und darin stand, dass mir Prinzessin Avina zur Frau versprochen wurde."
Selina beobachtete, wie Avinas Blick immer finsterer wurde.
Nathaniel stellte sich vor sie um ihren Blick zu verbergen und um sie gleichzeitig zu schützen.

Larwenia 4 - Son Of Fear And ElementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt